Ruinen schaffen ohne Waffen - Historische Bauwerke und ganze Altstädte waren in der DDR dem Verfall überlassen, andere erfreuten sich staatlicher Förderung



Zentrale der staatlichen Denkmalpflege in der DDR war das Nicolaihaus in der Brüderstraße 13 in Berlin-Mitte. Das Haus war nach 1990 Museum und steht derzeit zum Verkauf. (Foto: Caspar)

„Frieden schaffen ohne Waffen“ war ein Slogan der inoffiziellen Friedensbewegung in der DDR. Er richtete sich gegen die Militarisierung des öffentlichen Lebens und benannte Alternativen für beide Militärlager zur Friedenssicherung ohne Aufrüstung und atomare Bedrohung. Angesichts der vielen desolaten Altstädte und der flächenhaften Abrisse von historischer Bausubstanz haben mutige DDR-Bewohner die Parole in den Slogan „Ruinen schaffen ohne Waffen“ umgewandelt. Damit wurde die traurige Erfahrung auf den Punkt gebracht, dass man auch in Friedenszeiten durch Desinteresse und Verweigerung von Geld und Material ein verheerendes Zerstörungswerk anrichten kann und manche Städte aussehen, als hätten sie gerade einen Bombenangriff hinter sich. Der Spruch war gleichzeitig als Warnung gebraucht, dass die systematische Zerstörung von Heimat und ihren baulichen Werten einer Kulturnation unwürdig ist und nicht tatenlos hingenommen wird. Die Montagsdemonstrationen im Herbst 1989 und weitere Protestaktionen richteten sich nicht zuletzt gegen die Verwahrlosung und die von den höchsten Stellen verantworteten Aufgabe von unwiederbringlichem Kulturgut.

Die Zentrale Denkmalliste der DDR war ein wichtiges Instrument, ja ein verbindlicher Kompass für alle, die mit Denkmalschutz, Denkmalpflege sowie Stadt- und Landschaftsplanung zu tun hatten. Im Jahre 1975 anlässlich des Internationalen Jahrs der Denkmalpflege veröffentlicht, enthielt die Liste die wichtigsten unter Denkmalschutz stehenden Erinnerungsstätten, Einzelbauten und Ensembles quer durch die Republik, ferner Angaben über Zeugnisse der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung sowie der Kunst-, Kultur- und Technikgeschichte. Auf der Liste standen ferner historische Gärten und Parkanlagen, die als besonders wichtig und erhaltenswert erachtet wurden.

Objekten der Zentralen Denkmalliste wurden mehr und weniger umständlich Baukapazitäten und Arbeitskräfte sowie finanzielle Hilfen zugewiesen als solchen, die „nur“ auf den Bezirks- oder gar Kreisdenkmallisten standen, von denen abgesehen, die nirgendwo vermerkt waren, aber ebenfalls Schutz und Zuwendung benötigten, weil auch sie einen wichtigen Teil des kulturellen Erbes darstellen und es nicht verdient haben, dass sie so einfach von der Bildfläche verschwinden. Wo es politisch oder wirtschaftlich opportun war, konnten Bauwerke und ganze Ensembles von der Zentralen Denkmalliste und den anderen Listen gestrichen werden, auf der anderen Seite wurden Objekte auf diese genommen oder höher gestuft. Es gab mit anderen Worten ein ständiges Kommen und Gehen, und das machte die Arbeit nicht einfach, wie der Verfasser dieser Zeilen aus eigener Anschauung weiß. Die bloße Aufnahme von Bauwerken oder Gärten auf Denkmallisten war noch lange kein Grund, für ihren Erhalt und eine angemessene Nutzung zu sorgen, eine Erscheinung, die man auch heute leider beobachten muss.

Die dem Ministerium für Kultur unterstehende staatliche Denkmalpflege mit fünf Arbeitsstellen quer durch die DDR und der Zentrale in der Ostberliner Brüderstraße 13 wurde zwar, wenn es den führenden Genossen gefiel, hofiert. Aber wenn es darauf ankam, zusammenbrechende Altstädte beziehungsweise einzelne gefährdete Bauwerke, Parks, Werkhallen und ähnliche Hinterlassenschaften zu retten, konnte auch dieses Institut nichts ausrichten und musste der Vernichtung wertvoller baulicher Hinterlassenschaften untätig zuschauen. Das ansehen zu müssen, hat die Bürger vor Ort sehr erbost. Um zu retten, was zu retten ist, schlossen sich zahlreiche Menschen in Gruppen des Kulturbundes zusammen und legten Hand an. Gegen vielfachen Widerstand der Behörden gelang es, da und dort zum Tod verurteilte Bauten zu retten.

Erst die politische Wende 1989/90, in der auch nach der Rettung der häufig mit einem weiß-blauen Schild gezeichneten historischen Bauten gerufen wurde, gab vielen von ihnen eine neue Lebenschance. Mit einem gigantischen Investitionsprogramm aus Bundesmitteln sowie Aufwendungen durch unzählige Privatpersonen und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und weiteren Stiftungen und Vereinen wurden zahlreiche gefährdete Bauwerke unter „Dach und Fach“ gebracht, so der Name eines dieser Programme in den neunziger Jahren, von Grund auf saniert und in vielen Fällen einer neuen Nutzung zugeführt.

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