Mit Pauk’ und Trompetenschall / der Tod sich anmeldt ueberall - Bilder in der Wolgaster Petrkirche weisen auf das Jüngste Gericht




Ob Jung oder Alt – der Tod holt alle in sein Reich. Tafel aus dem um 1700 gemalten Bilderzyklus in der Wolgaster Petrikirche.



Sehenswert sind die restaurierten Sarkophage der pommerschen Herzogsfamilie in Sankt Petri zu Wolgast. (Fotos: Caspar)

Viele Touristen, die die Sonneninsel Usedom besuchen, nehmen den Weg über Wolgast. Es lohnt sich, in der Stadt am Peenestrom eine Pause einzulegen und sich dort umzusehen. Im Heimatmuseum unweit des Marktplatzes, genannt Kaffeemühle, wird über die Geschichte der Stadt und der Region von den Anfängen bis heute berichtet. Die Ausstellung umfasst Zeugnisse der Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, berichtet aber auch aus dem Alltag und über die Rolle, die Wolgast über Jahrhunderte als pommersche Herzogsresidenz gespielt hat. Ein stummer Zeuge für das von Kriegen und Katastrophen geprägte Auf und Ab in der Geschichte der heutigen Werftstadt ist auch die Petrikirche. Dort wurden erst vor ein paar Jahren die prächtig mit Wappenschildern und Ornamenten geschmückten Särge von Mitgliedern der pommerschen Herzogsfamilie restauriert. In der Gruft vor dem Altar und in einem Raum an der Seite des mächtigen Kirchenschiffs sind sie aufgestellt.

In Sankt Petri ist zu erfahren, dass das zwischen 1370 und 1415 erbaute Gotteshaus Opfer von Bränden wurde, bei denen Teile der kostbaren Ausstattung verloren gingen. Nachdem 1920 ein Feuer infolge eines Blitzeinschlags die Kirche heimgesucht hatte, hat man sie mit Unterstützung aus dem damaligen Deutschen Reich in der alten Form aufgebaut, wobei im Chorumgang und im Gewölbe mittelalterliche Ausmalungen entdeckt wurden – Maria als Himmelskönigin, Heiligenfiguren sowie Adels- und Zunftwappen und Ornamente. Kenner stellen Parallelen zu Ausmalungen in der Stralsunder Marienkirche her.

Zu den besonderen Sehenswürdigkeiten der Petrikirche gehört der so genannte Wolgaster Totentanz, eine Folge von volkstümlichen Gemälden, die in das Gestühl der Seitenschiffe eingelassen sind. Geschaffen wurden die bunten Bilder, die von der Macht des Todes über die Menschen erzählen, vor über 300 Jahren von einem Laien, dem Wolgaster Schiffsreeder Caspar Sigmund Köppe. Schaut man sich die mit etwas holprigen Sprüchen versehenen Malereien genauer an, sind Anklänge zu einer berühmten Holzschnittfolge des Malers und Grafikers Hans Holbein des Jüngeren aus der Zeit um 1530 zu erkennen. Aus den Annalen geht hervor, dass Köppe die Bilder gemalt hat, um über den Tod seiner Frau und Kinder hinwegzukommen. Ganz gleich, ob hoch oder niedrig, reich oder arm, schön oder hässlich – im Tod sind alle Menschen gleich, niemand kann ihm entrinnen, lautet die Botschaft des Zyklus, auf dem weiße Gerippe Fürsten und Ritter, Geistliche und Gelehrte, Bürger und Bauern, Alte und Junge aus der Welt der Lebenden in das Reich der Toten holen. Erst beim Jüngsten Gericht wird jeder seinen Lohn bekommen, und da wird auch entschieden, ob jemand in den Himmel kommt oder in ewiger Höllenglut für seine irdischen Untaten schmoren muss.

Wie man in der Petrikirche erfährt, hingen die Bilder mit Sprüchen wie „Mit Pauk’ und Trompetenschall / der Tod sich anmeldt ueberall“, „Der Weisen Kunst, des Narren Spiel / Nichts hilft es, es gilt dem Toten gleich viel“, „Kein Weibsbild ist so hoch geboren / Es muss dran, taet’s ihr gleich zorn’“ oder „Der Kaiser und das Roemisch Reich / Und wer mehr drin, muß sterben gleich“ ursprünglich an einem anderen Ort. Da Sankt Petri so viel von seinem ursprünglichen Schmuck verloren hatte, hat man die Bilder von der außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer gelegenen und als Begräbniskapelle eines Hospitals genutzten Gertrudenkapelle in die Petrikirche gebracht und ihnen damit größere Aufmerksamkeit verschafft. Zwar wurden die Bilder um 1700 gemalt, doch schildern sie nicht die Gegenwart des Reeders Köppe, sondern zeigen Motive aus einer vergangenen Epoche. Die Männer, Frauen und Kinder tragen Kostüme der Renaissancezeit und leben in einem Umfeld, in dem auch Wolgast und sein herzoglicher Hof eine glänzende Rolle spielte. Vergangene Zeiten – in Sankt Petri werden sie trotz der grusligen Zutaten noch einmal lebendig. Wer für solche Botschaften empfänglich ist, sollte dort einen Besuch unbedingt einplanen.

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