Neue Herausforderungen -
Verband der deutschen Münzenhändler traf sich am Schwielowsee bei Potsdam



Die Besichtigung des 60 Meter langen Tresors des Münzkabinetts war ein besonderer Höhepunkt der Jahrestagung 2010 des Verbands der deutschen Münzenhändler. (Foto: Caspar)

Die diesjährige Jahrestagung des Verbands der deutschen Münzenhändler (VddM) fand nicht wie sonst üblich in einer Stadt mit numismatischer Vergangenheit statt, sondern in einer preußischen Residenz, in der viel Geld für Soldaten und Kunst ausgegeben wurde und die nur auf wenigen Medaillen sowie auf einigen DDR-Münzen Spuren hinterlassen hat. Bei der Zusammenkunft am 19. Juni 2010 in einem schönen Hotel mit Blick auf den malerischen Schwielowsee am Rand von Potsdam ging es erneut um die unseligen Folgen des Kulturgüterschutzgesetzes auf den deutschen Münzenhandel und die polizeiliche Verfolgung von Sammlern und Käufern antiker Münzen, die beim besten Willen dafür keinen Herkunftsnachweis erbringen können. Gegen den Versuch, das Sammeln von Münzen zu kriminalisieren, haben sich der Verband der deutschen Münzenhändler, sein Präsident Stefan Sonntag sowie mit der Angelegenheit befasste Juristen entschieden gewehrt und werden dies auch künftig tun. Die Behauptung, antike Stücke ohne Herkunftsnachweis würden aus Raubgrabungen stammen, sei absurd; ebenso entbehre deren Beschlagnahme jeder Rechtsstaatlichkeit, stellte Sonntag fest. Herkunftsnachweise seien nicht nötig, und wenn besonders eifrigen Polizisten meinen, antike Münze ohne diese würden „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ aus einer Raubgrabung stammen, dann sei das völlig aus der Luft gegriffen. Der Verband werde gemeinsam mit der Deutschen Numismatischen Gesellschaft (DNG), der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte (GIG) und der Numismatischen Kommission der Länder (NK) alles unternehmen, dass auf diesem Gebiet wieder das geltende Recht beachtet wird. In bereits abgeschlossenen Prozessen seien Angeklagte vom Vorwurf der Hehlerei und des Handels mit Münzen angeblich aus Schatzfunden frei gesprochen worden. Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass es weitere Verfahren dieser Art geben wird, werde Betroffenen empfohlen, sich mit dem VddM in Verbindung zu setzten und dort juristischen Sachverstand und Beistand in Anspruch zu nehmen.

In anderen Tagesordnungspunkten ging es unter anderem um die Frage, ob Münzen und Medaillen auf die Liste des nationalen Kulturgutes gehören, was vom VddM verneint wird, sowie über die Modalitäten beim Export und Import von numismatischen Objekten. Die Praxis zeigt große Unsicherheiten bei den Behörden, und es muss ein immenser zeitlicher und verwaltungsmäßiger Aufwand getrieben werden, um Ausfuhrgenehmigungen zu bekommen. Tagungsteilnehmer stellten fest, dass Anträge vielfach sehr lange liegen gelassen werden, was den Handel mit Münzen, Medaillen und anderen Objekten über Grenzen hinweg außerordentlich verkompliziert und dem deutschen Münzhandel einen erheblichen Wettbewerbsnachteil verschafft.

Als erster Gast der Verbandstagung berichtete Helmut Schubert, der Präsident der Deutschen Numismatischen Gesellschaft, über die gute Zusammenarbeit der Dachorganisation der Sammlervereine mit dem VddM insbesondere bei der Gewinnung von jungen Leuten für die Numismatik. Lobenswert seien die Gewährung von Reisestipendien sowie von Druckkostenzuschüssen und die Stellung von Gratisabonnements für das Numismatische Nachrichtenblatt an Schüler, Studenten und Auszubildende. Reiner Cunz bedankte sich im Namen der Numismatischen Kommission der Länder für finanzielle und sachliche Hilfe durch den VddM, aber auch für die juristische Unterstützung bei der Klärung von Streitfragen im Zusammenhang mit dem Kulturgutschutzgesetz. Die Rettung des Niedersächsischen Münzkabinetts vor dem Verkauf an eine Privatfirma und dem dann befürchteten Auseinanderreißen der einzigartigen Sammlung von Münzen und Medaillen der braunschweigischen Herzöge und der Könige von Hannover sowie von norddeutschen und niedersächsischen Geprägen sei gelungen. Am Ankauf durch das Land Niedersachsen hätten der VddM, die DNG, die NK und die von ihnen mobilisierte Öffentlichkeit großen Anteil, erklärte Cunz. Für den Ausbau der Kooperation zwischen dem VddM und dem Berufsverband des deutschen Münzenfachhandels sprach sich dessen Präsident Michael Becker aus.

Zur Tagung am Schwielowsee gehörte ein umfangreiches Rahmenprogramm. Die seit 60 Jahren bestehende Numismatische Kommission der Länder kam zeitgleich mit dem VddM im Paulikloster zu Brandenburg an der Havel, dem neuen Archäologischen Museum des Landes Brandenburg, zusammen. VddM-Präsident Sonntag nahm das Treffen dort zum Anlass, um über die Arbeit seines Verbandes zu berichten. Auch künftig würden die Münzenhändler die wissenschaftliche Arbeit der Numismatischen Kommission unterstützen. Dass sich VddM und NK öfter treffen, sei wünschenswert. Zum Veranstaltungsprogramm gehörte ein Besuch des Münzkabinetts der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz im Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel. Der Direktor des Münzkabinetts, Bernd Kluge, und seine Mitarbeiter führten durch die Schausammlung und den 60 Meter langen Tresor im Souterrain des Bode-Museums. Die Besichtigung des Allerheiligsten war eine besondere Auszeichnung, denn kaum einer der Tagungsteilnehmer kannte den über hundert Jahre alten Tresor. Indem sich Stefan Sonntag für dieses großartige Erlebnis bedankte, überreichte er Bernd Kluge die Patrize und Matrize einer Medaille mit dem Bildnis Kaiser Wilhelms II. aus der Zeit nach 1900. Die Werkzeuge werden in die Stempelsammlung des Münzkabinetts eingefügt. Ulrich Künker vom Auktionshaus F. R. Künker in Osnabrück sowie Christian Stoess vom Auktionshaus Dr. Busso Peus Nachf. in Frankfurt am Main schenkten dem Berliner Münzkabinett ein Fünf-Kreuzer-Stück Kurfürst Joachims II. von Brandenburg aus dem Jahre 1559, das eine wichtige Ergänzung der Brandenburg-Sammlung des Berliner Münzkabinetts darstellt. Dazu erklärte Bernd Kluge, das Stück sei bisher unbekannt und vervollständige die Reihe der im Zusammenhang mit der Reichsmünzreform des 16. Jahrhunderts in Brandenburg ausgegebenen Münzen in Kreuzerwährung. Bisher waren ein, drei und zwölf im Original bekannt, während fünf und zwei Kreuzer lediglich literarisch in Visitationsberichten des Obersächsischen Kreises erwähnt sind. Nachdem nun das Original des Fünf-Kreuzer-Stücks zum Vorschein gekommen ist, muss das Münzkabinett nur noch auf das Zwei-Kreuzer-Stück warten - vielleicht bringen ihn die Münzhändler beim nächsten Besuch mit.

Eine Führung durch Potsdam sowie Abstecher in die Schlösser- und Seenlandschaft rundeten die von Ulrich Künker und Christian Stoess perfekt vorbereiteten Tagung, bei der der aus Stefan Sonntag (1. Vorsitzender), Udo Gans (2. Vorsitzender), Christoph Stadler (Schriftführer) und Helmut Stapf (Kassierer) bestehende Vorstand wieder gewählt wurde. Aufgenommen in den Verband wurden Udo Helmig in Dissen, Ulrich Künker in Osnabrück sowie Christoph Raab in Frankfurt am Main als ordentliche Mitglieder sowie Pavel Niemczyk in Warschau als korrespondierendes Mitglied. Die nächste Jahrestagung des VddM wird im Juni 2011 in Detmold stattfinden.

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