Senkrecht und waagerecht -
Festlegungen von 1955 über die Europaflagge hatten Konsequenzen für die Euro-Münzen



Griechische Euro-Münzen mit der mythischen Europa auf dem Stier, der legendären Eulenmünze von Athen sowie einem antiken Diskuswerfer neben den olympischen Ringen auf einer Ausgabe zu den XXVII. Olympischen Sommerspielen 2004 in Athen.



Die mit den „drehenden“ Sternen geschmückten Euro-Münzen wurden bis auf Reste vernichtet, gelegentlich tauchen welche im Umlauf und auch in Sammlerhänden auf. (Fotos: Caspar)

Zwölf Sterne schmücken unsere Europafahne und Euromünzen. Dass es nicht mehr und nicht weniger sind, geht auf Regeln zurück, die am 25. Oktober 1955 von der Beratenden Versammlung des Europarates einstimmig beschlossen wurden. Das Emblem des Europarat sollte aus einem Kreis aus zwölf goldenen fünfstrahligen Sternen auf blauem Grund bestehen, deren Spitzen sich nicht berühren. „Alle Sterne sind vertikal angeordnet, das heißt, ein Strahl zeigt nach oben, und zwei Strahlen liegen auf einer unsichtbaren waagerechten Linie. Die Sterne sind wie die Stunden auf einem Ziffernblatt angeordnet, ihre Zahl ist unveränderlich.“ An dieser Richtlinie ist nie gerüttelt worden, sie besteht bis heute und hat daher auch Konsequenzen für die Gestaltung unserer Euro- und Centmünzen. Als 1999 die in der Staatlichen Münze Berlin probeweise die ersten Euromünzen geprägt wurden, geschah das mit Sternen, die sich „drehen“ und daher falsch ausgerichtet sind. Dieses Abweichen von der Norm bemerkte ein aufmerksamer Beamter in Brüssel, was zur Folge hatte, dass diese erste Auflage bis auf einen bescheidenen Rest vernichtet wurde. Der damalige Berliner Münzstättendirektor Reinhard Knieriemen sah darin einen normalen Vorgang, bedauerte aber die Veränderungen auf den „nationalen Seiten“ der deutschen Euro-Geldstücke, weil die auf den Proben dargestellten Sterne eigentlich eleganter aussehen als diejenigen, die stets mit der Spitze nach oben zeigen. Die Bundesregierung beugte sich der Kritik aus Brüssel und ließ neue Stempel herstellen, deren Sternenschmuck dem der Europafahne entspricht.

Aus nicht näher bekannten Gründen gelangten einige mit der Jahreszahl 2002 versehene Versuchsstücke von 1999 mit den „drehenden Sternen“ in den Umlauf und damit auch in Sammler- und Händlerhände. Ab und zu wird in der numismatischen Fachpresse und in Tageszeitungen über das Auftauchen solcher Stücke berichtet und empfohlen, die eigene Geldbörse nach solchen Varianten durchzusehen. Im Übrigen ist aus der Vergangenheit bekannt, dass Münzproben oder auch verprägte, also missratene Geldstücke, die eine Prägeanstalt eigentlich nicht hätten verlassen dürfen, dies doch getan haben. Die Zahl dieser Exemplare ist nicht gering, und daher konnte sich ein spezielles Sammelgebiet etablieren, das vom Münzhandel regelmäßig mit interessanten Angeboten bedient wird. Die meisten Stücke stammen aus der deutschen Kaiserzeit nach 1871, aber auch aus der Periode nach Abschaffung der Monarchie 1918.

Hinsichtlich der Zahl der Sterne hatte sich der Europarat am 21. September 1953 in einem Rapport so geäußert: „Wie zwölf Tierkreiszeichen das ganze Universum darstellen, so können zwölf Sterne ganz Europa darstellen. Europa diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs, diesseits und jenseits der Pyrenäen. Und außerdem hat der Tag zwölf Stunden, das Jahr zwölf Monate, [und es gibt] zwölf Apostel. Zwölf ist die Vollendung der Fülle“. Es dauerte noch etliche Jahre, bis sich der Europarat eine eigene Hymne zulegte. Dazu wurde 1971 Friedrich Schillers „Ode an die Freude“, die Ludwig van Beethoven als Schlusssatz seiner 9. Sinfonie vertont hat. Zum erstenmal erklang die Europahymne in Brüssel am 9. Mai 1986; am gleichen Tag wurden über allen europäischen Institutionen in Brüssel, Luxemburg und Straßburg die Europafahne gehisst. Sie flattert jetzt in allen Mitgliedstaaten der EU neben den jeweiligen Staatsflaggen.

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