Berliner Ortsteil Buch mit seinen Licht- und Schattenseiten -
Topographie beschreibt Bau- und Geschichts- und Gartendenkmale im Bezirk Pankow



An die Opfer des nationalsozialistischen Krankenmordes in Buch erinnert ein im Jahr 2000 enthülltes Denkmal.



Ob die barocke Dorfkirche in Buch ihren eindrucksvollen Turm zurück bekommt, hängt von der nicht geklärten Finanzierung ab. (Fotos: Caspar)

Der Pankower Ortsteil Buch war vor hundert Jahren ein beschaulicher Ort. Doch als hier auf weiter Flur damals noch vor den Toren Berlins ein riesiger Krankenhaus- und Sozialkomplex entstand, war es mit der Ruhe vorbei. Ein neues Buch klärt über die Licht-, aber auch die Schattenseiten in der Geschichte des zum Bezirk Pankow gehörenden Areals auf. Herausgegeben vom Landesdenkmalamt Berlin und verfasst von Haila Ochs, Michael Hofmann und Carolina Rolka, listet der Band aus der Schriftenreihe „Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland“ die Bau-, Geschichts- und Gartendenkmale in Buch auf und macht mit der bis weit in die Ur- und Frühgeschichte zurück reichenden Historie des international bewunderten Gesundheitsstandorts Buch bekannt. Vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) und in der Zeit der Weimarer Republik entstanden auf der Bucher Feldflur nach Plänen des Berliner Stadtbaurats Ludwig Hoffmann und weiterer prominenter Architekten großzügig im Villenstil angelegte städtische Krankenhäuser, Altenheime und Fürsorgeeinrichtungen. Unter ihnen befanden sich zwei Sanatorien für Lungenkranke, eine Heimstatt für alte und gebrechliche Menschen, das man Alte-Leute-Haus nannte, aber auch zwei Irrenanstalten, wie man damals sagte, und weitere insgesamt 200 Gebäude. Fast alle stehen noch, viele von ihnen wurden in den vergangenen 20 Jahren saniert und restauriert und vermitteln sehr anschaulich den fortschrittlichen Geist, aus dem heraus damals diese dem Geist der Moderne, der Schönheit und der menschenfreundlichen Funktionalität verpflichteten Zeugnisse der Sozialgeschichte.

Ausführlich behandelt das Buch in Bild und Schrift die epochalen Leistungen von Ludwig Hoffmann, der sich mit dem über mehrere Standorte in Buch verteilten Ensemble ein bleibendes Denkmal geschaffen hat. Auch wenn man kein Mediziner ist und auch nicht als Patient mit den hundert Jahre alten Gesundheitseinrichtungen zu tun hat – ein Besuch lohnt sich dort in jedem Fall. Und dazu regt das im Michael Imhof Verlag erschienene Buch über Buch an. Es hat 136 Seiten, 180 Abbildungen und zwei Karten und kostet 29,80 Euro (ISBN 978-3-86568-543-8).

Von Anfang an wurde in Buch geforscht, doch war das, was sich dabei abspielte, nicht immer ruhm- und ehrenvoll. Im Gegenteil: in der Zeit des Nationalsozialismus geschahen hier grauenvolle Verbrechen unter dem Deckmantel der Wahrung der Volksgesundheit. Ein von Anna Franziska Schwarzbach im Bereich der Robert-Rössle-Klinik nahe der Mensa geschaffenes Denkmal mit dem Titel „Wenn ich groß bin“ erinnert daran, dass auch in Buch Versuche an Menschen mit tödlichem Ausgang vorgenommen und angebliche Erbkranke von hier aus in die Gaskammern geschickt wurden. In den Krankenanstalten und Forschungseinrichtungen beschäftigte Mediziner hätten sehr wohl von der Herkunft ihrer Untersuchungs-„Materialien“ gewusst und seien aktiv an der Ermordung von Menschen beteiligt gewesen, die von den Nazis als lebensunwert, so genannte Ballastexistenzen und als rassisch minderwertig eingestuft und damit zum Tode verurteilt wurden. „Zur Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Euthanasieverbrechen. Von 1939 bis 1944 haben Wissenschaftler des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Hirnforschung Gehirne von Opfern der Mordtaten für Forschungszwecke benutzt. Als Verpflichtung und Mahnung für Wissenschaftler und Ärzte zu ethischem Handeln, zur Achtung der unveräußerlichen Rechte aller Menschen und zur Wahrnehmung gesellschaftlicher Mitverantwortung“, lautet die Inschrift des im Jahr 2000 eingeweihten Denkmal. Es stellt eines jener behinderten Kinder dar, die im Rahmen der so genannten T-4-Aktion, benannt nach einer Villa mit der Adresse Tiergartenstraße 4, in Brandenburg an der Havel und weiteren Tötungsanstalten ermordet wurden.

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