Parochialkirche ruft nach ihrem Turm - Eine Spende von 100 000 Euro hilft beim Wiederaufbau einer „bekannten Unbekannten“ in der historischen Mitte von Berlin



Die barocke Parochialkirche in der Klosterstraße soll bis 2016 ihren 30 Meter hohen Turm samt Glockenspiel zurückbekommen



Elisabeth Ziemer vom Verein Denk mal an Berlin e. V., Kulturstaatssekretär André Schmitz, der Sponsor Hans Wall und Pfarrer Johannes Krug (von l. n. r.) freuen sich, dass der Turmbau beginnen kann.



Pfarrer Johannes Krug schlägt die Glocken im Turmmodell an. Im Gottesdienstraum der Parochialkirche ist es ausgestellt. (Fotos: Caspar)

Seit dem Zweiten Weltkrieg fehlt der barocken Parochialkirche in der Klosterstraße der spitze Turm. Bis zur Dreihundertjahrfeier des Gotteshauses 2015 sollen er und sein berühmtes Glockenspiel wiederhergestellt sein. Mit einer Spende von 100 000 Euro wird das 2,5 Millionen Euro teure Projekt unterstützt, doch werden weitere Spenden gebraucht.

Obwohl nur ein paar hundert Meter von den S-Bahnhöfen Jannowitzbrücke beziehungsweise Alexanderplatz entfernt, ist das monumentale Gotteshaus den meisten Berlinern und Besuchern der Hauptstadt unbekannt. Hingegen wissen viele etwas mit dem Altberliner Restaurant „Zur letzten Instanz“ anzufangen. Wenn sie von dort wenige Schritte weiter gehen, stehen sie vor der aus der Barockzeit stammenden Parochialkirche mit einem kleinen Friedhof darum.

Der Berliner Unternehmer Hans Wall spendiert für den Turmbau 90 000 Euro, und der Verein Denkmal an Berlin e. V. gibt noch 10 000 Euro dazu. Bei der Unterzeichnung des Schecks erklärte Wall, ein Herzenswunsch gehe in Erfüllung. Die Kirche rufe geradezu nach ihrem Turm, endlich sei Schluss mit „oben ohne“. Berlin erhalte mit ihm ein berühmtes Wahrzeichen zurück, und wenn erst einmal das Glockenspiel erklinge, würden viele Menschen kommen und das Klosterviertel mit seinen stadt- und architekturgeschichtlichen Kostbarkeiten für sich entdecken.

Die von dem Architekten Jochen Langeheinecke geleitete originalgetreue Rekonstruktion des 30 Meter hohen Kirchturms sei der Startschuss für die Wiedergewinnung von Berlins historischer Mitte. Das Klosterviertel habe es nicht verdient, weiterhin eine stadtgeschichtliche Wüste zu sein, hob Kulturstaatssekretär André Schmitz in der Feierstunde hervor. Bei der Entgegennahme des Schecks teile Pfarrer Johannes Krug von der Evangelischen Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien mit, dass der riesige Kirchenraum demnächst eine feste Decke bekommt und wieder beheizbar gemacht wird. Außer für Gottesdienste stehe die Parochialkirche auch für Konzerte und Ausstellungen zur Verfügung, was ihr viele Besucher und Freunde verschafft. Klaus von Krosigk wies als Vertreter des Landesdenkmalamtes darauf hin, die von 1695 bis 1715 erbaute Parochialkirche gehöre zu den „bekannten Unbekannten“ in der Stadt. Der brandenburgische Kurfürst und ab 1701 erste preußische König Friedrich I. habe den Bau veranlasst, für den die Architekten Johann Arnold Nering, Martin Grünberg und Andreas Schlüter die Pläne zeichneten. Bedeutsam sei das wegen des Glockenspiels „Singekirche“ genannte Gotteshaus neben dem Palais Podewil und gegenüber dem Neuen Stadthaus nicht nur wegen seiner stadträumlichen Wirkung. Die mit 120 historischen Särgen belegte Gruft stelle eine Besonderheit dar. Hier habe die Crème des alten Berlin seine letzte Ruhe gefunden. Die Wiederherstellung der Parochialkirche sei auch eine Hommage an bedeutende Politiker, Künstler und Gelehrte, die zu ihrer Gemeinde gehört haben.

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