Hilfe für Verfolgte und Ratsuchende - Samariterkirche hatte als Versammlungsort der Opposition in der DDR einen besonderen Ruf




Eine Stele vor der Samariterkirche erinnert neuerdings daran, dass sich hier Widerstand gegen das SED-Regime formierte.



Eine Gedenktafel würdigt den Pfarrer Wilhelm Harnisch, der als Mitglied der Bekennenden Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus Verfolgten half. (Fotos: Caspar)

Die friedliche Revolution in der DDR 1989/90 wäre nicht erfolgreich gewesen, hätte es nicht die Kirchen gegeben, in denen Menschen unterschiedlicher Bekenntnisse ihre Stimme für die Herstellung wahrhaft demokratischer Verhältnisse im zweiten deutschen Staat erhoben. Die Samariterkirche an der Samariterstraße im Berliner Bezirk Friedrichshain war ein solcher Versammlungsort der Opposition. Eine Stele vor dem Gotteshaus aus der Kaiserzeit erinnert an die dramatischen Ereignisse.

In den achtziger Jahren gehörte der Friedenskreis der Samariterkirche zu den bekanntesten Oppositionsgruppen in der DDR. Dutzende von Agenten der Staatssicherheit waren auf sie angesetzt, doch konnten sie gegen die „Feinde“ nichts ausrichten. Überregional bekannt wurde die in der Samariterkirche versammelte Gruppe durch Aufdeckung der Fälschungen bei den Kommunalwahlen im Mai 1989 und durch ihre Proteste gegen das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. Indem die DDR-Führung die Tötung tausender Oppositioneller als rechtmäßig begrüßte, warnte sie gleichzeitig die DDR-Bewohner, die sich gegen das herrschende Regime und die Dominanz der Staatspartei SED protestierten und freie Wahlen, Reisefreiheit sowie wirkliche Mitbestimmung der Bevölkerung an den öffentlichen Dingen forderten. Eine Inschrift auf der Stele vor der Samariterkirche hebt insbesondere die Tätigkeit von Pfarrer Rainer Eppelmann hervor, der durch seinen Einsatz für bedrängte und verfolgte Menschen und seine Kritik an der offiziellen Politik zu einem besonderen Hassobjekt der Staatssicherheit wurde. „Mit den von ihm initiierten Bluesmessen setzte er Akzente in der sozialdiakonisch ausgerichteten Jugendarbeit. Die kommunistische Staatspartei SED sah sich durch die dort geäußerte Gesellschaftskritik herausgefordert“, wird auf der Stele betont. Die erste Bluesmesse habe am 1. Juni 1979 stattgefunden. Ihr Anklang sei so groß gewesen, dass zu den folgenden Veranstaltungen Hunderte Jugendliche aus der gesamten DDR anreisten.

Dass die Samariterkirche nicht erst in der DDR, sondern auch schon während der Zeit des Nationalsozialismus ein Ort des Widerstandes und der Hilfe für Verfolgte und Ratsuchende war, betont eine Porzellantafel neben ihrem Eingang. Die blaue Schrift erinnert an den sozial und politisch engagierten Pfarrer Wilhelm Harnisch (1887-1960). Die Nazis hatten das Gründungsmitglied der Bekennenden Kirche vom Dienst suspendiert, doch ließ sich der Geistliche durch Repressalien nicht davon abhalten, bekennenden Christen in der Samaritergemeinde zu Hilfe zu kommen. Außerdem leitete Harnisch die Reichspressestelle des Pfarrernotbundes, der entschieden gegen Ausgrenzung und Verfolgung von Juden und die die Verbrechen des Naziregimes eintrat. Der streitbare Pfarrer wurde wiederholt von der Gestapo verhört. Dies und seine Haft im Konzentrationslager hielten Harnisch nicht davon ab, nach der Freilassung seinen Kampf fortzuführen. Eine ähnlich gestaltete Tafel erinnert vor der Dorfkirche in Biesdorf an Pfarrer Heinrich Grüber (1891-1975), der, seine Freiheit und sein Leben nicht achtend, bedrängten und verfolgten Juden und anderen Menschen half und ihre Flucht aus Nazideutschland organisierte.

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