Zwischen Euphorie und Depression - Ausstellung im Berliner Ephraimpalais würdigt Heinrich von Kleist und seine Wirkung bis heute



Eine Galerie preußischer Persönlichkeiten empfängt die Besucher der Kleist-Ausstellung im Berliner Ephraimpalais.



Zahlreiche Kleist-Ausgaben unterstreichen die Zuneigung, die der Dichter nach seinem Tod vor 200 Jahren erfuhr.



Dass Heinrich von Kleist in einer hochexplosiven Zeit lebte, in der es rebellische Geister nicht leicht hatten, unterstreicht die Installation mit Kriegsbildern und Säbeln. (Fotos: Caspar)

Als Angehörigem einer angesehenen märkischen Adelsfamilie war Heinrich von Kleist (1777-1811) die Karriere als preußischer Offizier vorbestimmt. Doch er quittierte den Dienst und wählte das unsichere Dasein eines Dichters. Die Stiftung Stadtmuseum Berlin widmet im Ephraimpalais eine eindrucksvolle Ausstellung seinem zwischen Euphorie und Depression schwankenden Leben und seiner Wirkung bis heute. Zeitgleich findet im Kleistmuseum zu Frankfurt an der Oder, der Geburtsstadt des Dichters, eine weitere Dokumentation statt.

Anlass ist Kleists Freitod gemeinsam mit seiner Geliebten Henriette Vogel vor 200 Jahren, am 21. November 1811 am Kleinen Wannsee im heutigen Bezirk Zehlendorf. Die Ausstellung an zwei Orten vermittelt Einsichten in das geistige und kulturelle Klima und die durch Kriege überschattete Zeit vor und nach 1800. In ihr geriet der altpreußische Staat in einer existenzielle Krise, aus der sich das Land nur durch beherzte Reformen und Kriegsglück rettete. Der alles andere als mittelmäßige und angepasste Kleist versuchte, aus der ihm aufgezwungenen Enge auszubrechen. Als er sah, dass der Dienst in der von Generalen noch aus der Zeit Friedrichs des Großen kommandierten Armee ihm keine Luft zum Atmen lässt, eignete er sich als einfacher Student an der Viadrina, der Universität zu Frankfurt an der Oder, das notwendige Wissen für eine bürgerliche Laufbahn als Gelehrter oder Beamter an – und erlitt dabei Schiffbruch. Bei dem Versuch, ein einfaches bäuerliches Leben in der Schweiz zu führen, scheiterte sein Verlöbnis mit einer adligen Offizierstochter.

Es gehörte zur Tragik des überaus produktiven, dabei aber in ständigen Geldnöten befindlichen und von Existenzängsten gequälten Dichters, dass sein Werk erst nach seinem Tod gebührend gewürdigt wurde. Eine Bücherwand in der Ausstellung zeigt zahlreiche Ausgaben des zu Lebzeiten verkannten Künstlers. Die mit vielen historischen Objekten ausgestattete Schau im Ephraimpalais gewährt Einsichten in Kleists Denkweise und Schaffen, und sie macht auch mit seiner Arbeit als Berliner Stadtreporter und Herausgeber der „Berliner Abendblätter“ bekannt. Mit Kleist-Zitaten im Ohr, kann man beim Rundgang auch Bezüge zwischen den politischen Umbrüchen und kulturellen Herausforderungen vor 200 Jahren und ähnlich gelagerten Situationen von heute erleben.

Die Dokumentation auf drei Etagen ruft neues Interesse an einem ganz und garnicht verstaubten Dichter und politischen Rebellen wach, der nach Worten der Veranstalter auch als Werbeträger für Berlin und Brandenburg gute Dienste tut und daher einen ehrenvollen Platz neben Theodor Fontane, dem viel erfolgreicheren Romancier und „Wanderers durch die Mark Brandenburg“, einnimmt.

Die Ausstellungen im Ephraimpalais und im Kleistmuseum Frankfurt an der Oder laufen, begleitet von einem interessanten Vortrags-, Theater- und Musikprogramm unter dem Titel „Kleist: Krise und Experiment“ bis zum 29. Januar 2012. Das Ephraimpalais ist Dienstag, Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr und am Mittwoch von 12 bis 18 Uhr geöffnet; hingegen lädt das Kleist-Museum in Frankfurt an der Oder Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr zum Besuch ein.

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