Süße Leckereien in kostbaren Dosen - Zucker-Museum erzählt Geschichte eines bedeutenden Wirtschaftszweiges



Bernhard Nickl hält Zwiesprache mit Franz Carl Achard, dem Vater der Zuckerrübengewinnung.



Kostbare Silberdosen unterstreichen in der Ausstellung die Bedeutung, die man dem Zucker vor 200 Jahren als Luxusgut und Statussymbol beimaß. (Fotos: Caspar)

Zucker war bis in das 19. Jahrhundert hinein eine teure Angelegenheit. Wie die süßen Kristalle gewonnen und zu einem Volksnahrungsmittel wurden, erzählt das zur Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin gehörende Zucker-Museum in der Amrumer Straße 32 im Bezirk Wedding. Die Ausstellung schildert anhand von Dokumenten, Bildern und Geräten, dass die Gewinnung des begehrten Stoffes durch Anbau und die Verarbeitung von Zuckerrohr auf afrikanischen, karibischen und lateinamerikanischen Plantagen ausgesprochen mühsam und kräftezehrend war. Zucker entwickelte sich seit der frühen Neuzeit zu einem der wichtigsten Welthandelsgüter, doch seine Produktion kostete unzähligen Sklaven das Leben. Schlecht ernährt, produzierten die Gefangenen unter sengender Sonne eine klebrige Masse, die so lange eingekocht wurde, bis man aus dem Sirup die Zuckerkristalle gewonnen hatte. Wie sehr das teure Nahrungsmittel geschätzt wurde, zeigen die in der Ausstellung aufgestellten Zuckerstreuer und Dosen aus Silber. Auf Speisetafeln begüterter Leute stehend, unterstrichen sie als Statussymbole Wohlstand und Einfluss. Manche Behälter sind mit kleinen Schlössern gesichert um zu verhindern, dass sich Unbefugte bedienen.

Dass sich aus dem Luxusgut in den vergangenen 200 Jahren ein ganz gewöhnliches, heute in großen Mengen konsumiertes und daher nicht unbedenkliches Nahrungsmittel entwickelte, hat mit der Nutzung der Zuckerrübe als Ausgangsstoff zu tun. Das Museum setzt daher dem Chemiker Andreas Sigismund Marggraf (1709-1782), seinem Schüler Franz Carl Achard (1752-1821) und weiteren Pionieren der industriellen Zuckergewinnung im In- und Ausland ein Denkmal. In einer der vielen Vitrinen wird geschildert, wie um 1920 in einer Fabrik in Nauen bei Berlin aus Rüben der weiße Zucker gewonnen wurde. In anderen Schaukästen sind dabei verwendete Geräte ausgestellt, und es wird auch gezeigt, in welchen Formen und Verpackungen Zucker gekauft und konsumiert wurde und heute angeboten und verbraucht wird.

Bernhard Nickl, der Leiter des Zucker-Museums, freut sich, dass vor allem viele junge Leute – Schüler, Auszubildende, Studenten – die Möglichkeiten der in Berlin und Deutschland einzigartigen Sammlung und ihrer großen Fachbibliothek nutzen, um sich über alles zu informieren, was mit Zucker, aber auch mit der Herstellung von Nebenprodukten wie Alkohol unterschiedlichster Art, Hefe, Zitronensäure und anderen Erzeugnissen zu tun hat. „Das Museum befindet sich in einem traditionsreichen Gebäude, das 1904 als Institut für Zuckerindustrie auf einem Campus von verschiedenen Forschungslaboratorien der deutschen Lebensmittelindustrie eröffnet wurde. Wir dokumentieren hier nicht nur die süße, sondern auch die in vieler Hinsicht bittere und dunkle Seite des Zuckers und wollen so unsere Besucher dafür gewinnen, achtungsvoll und vorsichtig mit diesem Erzeugnis umzugehen“, sagt Nickl. Der Biologe plant eine Sonderausstellung mit dem Titel „Hinter Schloss und Silber“ über Zuckerzeremonien im Wandel der Zeit. Darin soll unter anderem die längst vergessene Rolle dokumentiert werden, die Zucker als Medium fürstlicher und großbürgerlicher Selbstdarstellung gespielt hat, etwa wenn man aus ihm Tafelaufsätze schuf oder ihn bei Familienfeierlichkeiten als besondere Kostbarkeit samt zugehörigen Behältern verschenkte. Das Zucker-Museum ist Montag bis Donnerstag von 9 bis 16 und am Sonntag von 11 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.

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