Bodendenkmalpfleger vom Berliner Landesdenkmalamt und dem Institut für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin haben im Herbst 2012 bisher unberührte Flächen auf dem Tempelhofer Feld untersucht und kamen zu erstaunlichen Erkenntnissen. Bei den Grabungen rund um den aus der NS-Zeit stammenden Flughafen zeigte sich, dass das Areal ein zentraler Ort des Nazi-Zwangsherrschaft war. Hier gab es nicht nur ein frühes Konzentrationslager, das berüchtigte Columbiahaus, sondern auch eine ausgedehnte Barackenstadt, in der während des Zweiten Weltkriegs Menschen unter erbärmlichen Verhältnissen lebten und viele starben. Ziel der Forschungen war und ist es auch in den kommenden Jahren, ein wenig bekanntes Kapitel deutscher und Berliner Geschichte aufzuhellen. „Heute gibt es kaum noch sichtbare Hinweise auf die dunkle Geschichte des Tempelhofer Feldes. Die historische Verantwortung gebietet es, die noch vorhandenen Spuren freizulegen und dem Vergessen auch mit den Mitteln der Bodendenkmalpflege entgegenzuwirken. Wir wollen aufklären und durch Sichtbarmachung von Bodenbefunden zur Gedenkarbeit für die Opfer des Nationalsozialismus an diesem Ort beitragen“, erklärte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher bei der Vorstellung der ersten Funde. Sie werfen ein bezeichnendes Licht auf die Lufthansa und die Bremer Firma Weser-Flughafenbau, für die etwa 4000 zur Zwangsarbeit aus halb Europa hergebrachte Männer und Frauen schuften mussten. Zu den Funden gehören unter anderem Überbleibsel von Ausflugslokalen aus der Zeit vor dem Flughafenbau und von einem schon lange aufgelassenen Friedhof, in dem Opfer des deutsch-französischen Kriegs von 1870/71 bestattet waren. Hinzu kommen Gegenstände wie Helme und Milchkannen, die an die Luftbrücke während der Berliner Blockade 1948/49 erinnern, denn der Flughafen war einer der wichtigsten Stützpunkte der amerikanischen Besatzungsmacht in der Viersektorenstadt Berlin.
Landeskonservator Jörg Haspel wies bei der Präsentation der Funde darauf hin, dass im Bereich des Zwangsarbeiterlagers viele Nägel mit umgebogenem Enden gefunden wurden. Daraus lasse sich schließen, dass die Barackenwände nur etwa sieben Zentimeter stark waren und so kaum Kälte und Hitze abhielten. Die Ausgrabungen und die Würdigung der Funde seien ein Beitrag zum Berliner Themenjahr 2013, das unter dem Motto „Zerstörte Vielfalt - Berlin in der Zeit des Nationalsozialismus“ die „Machtübernahme“ der Nationalsozialisten vor 80 Jahren und an 75 Jahre Novemberpogrome von 1938 erinnern wird. In diesem Sinne stehe auch der Tag des offenen Denkmals im September 2013 bundesweit unter dem Motto „Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?“.
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