Erinnerung an die Bücherverbrennung - Renommierter Max-Herrmann-Preis 2012 geht an den Bildhauer Micha Ullman



Dicht umlagert ist das von Micha Ullman geschaffene Denk- und Mahnmal „Die verschwundene Bibliothek“ auf dem Bebelplatz, dem ehemaligen Opernplatz an der Straße Unter den Linden. (Foto: Caspar)

Am 10. Mai, dem 69. Jahrestag der nationalsozialistischen Bücherverbrennung 1933 auf dem Berliner Opernplatz, erhält der israelische Künstler Micha Ullman im Haus 2 der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz an der Potsdamer Straße 33 den Max-Herrmann-Preis, die wichtigste Auszeichnung, die in Deutschland für Verdienste um das Bibliothekswesen vergeben wird. Micha Ullman ist der Schöpfer des 1995 auf jenem Platz eingerichteten Mahnmal „Die verschwundene Bibliothek“. Durch eine in das Pflaster des heutigen Bebelplatzes eingelassene Glasscheibe schaut man in einen Raum mit leeren Bücherregalen als Symbol dafür, was die Nationalsozialisten mit der öffentlichen Verbrennung aus rassistischen und politischen Gründen angerichtet haben. Auf zwei Metalltafeln neben der Glasplatte steht die Aussage von Heinrich Heine „Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen“.

Micha Ullman wurde 1939 in Tel Aviv geboren, wohin seine Eltern 1933 aus Deutschland emigriert waren. In Jerusalem und London studierte er Kunst und Design und erhielt später eine Gastprofessur an der Kunstakademie in Düsseldorf. Zweimal nahm der Künstler an der „documenta“ in Kassel teil und wirkte von 1991 bis 2005 in Stuttgart als Professor für Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste. Der Ullman zugesprochene Preis ist nach dem Literaturwissenschaftler Max Herrmann benannt, der 1923 an der Humboldt-Universität zu Berlin das weltweit erste Theaterwissenschaftliche Institut gründete und 1933 zwangsweise in den Ruhestand versetzt wurde. In der Staatsbibliothek durfte er keine Bücher mehr ausleihen, sondern sie nur noch am Stehpult für sein Buch „Die Entstehung der berufsmäßigen Schauspielkunst im Altertum und in der Neuzeit“ einsehen. Das Manuskript entging der Vernichtung und wurde 1962 im Henschelverlag Berlin veröffentlicht. Im Jahr 1942 wurde er im KZ Theresienstadt ermordet. Ein „Stolperstein“ vor dem früheren Wohnort in der Augsburger Str. 42 erinnert an den Tod des Ehepaars Helene und Max Herrmann 1942 im „Altersgetto“ Theresienstadt. Zu den von einer Jury ausgewählten Preisträgern gehörten bislang neben anderen die jüngst verstorbene Historikerin und Gründerin der Mendelssohn-Gesellschaft, Cécilie Lowenthal-Hensel, der langjährige Direktor der Herzog August-Bibliothek Wolfenbüttel und Retter der Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale), Paul Raabe, der Schriftsteller Günter de Bruyn und zuletzt die Publizistin Inge Jens.

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