Filzpantoffeln haben ausdient - Ausstellungen in Berlin, Potsdam und im Land Brandenburg erinnern an den preußischen Königs Friedrich II.



Das Neue Palais bildet den festlichen Rahmen einer großen Ausstellung zum Leben und Werk Friedrichs II. von Preußen und ist deren wichtigstes Exponat.



Speziell für „Friederisiko“ wurden zahlreiche Räume wie hier der Muschelsaal im Erdgeschoss des Neuen Palais restauriert und in eine Ausstellungshalle verwandelt.



Für das, was ein solcher Porzellankronleuchter in einem der Räume des Neuen Palais kostete, hätten zahlreiche Familien ein sorgloses Leben führen können.



Im Marmorsaal des Neuen Palais wird gezeigt, welche immensen Summen die Ausstattungsstücke der königlichen Schlösser aus Porzellan, Silber, Gold und Kristall verschlungen haben.



Leibhaftig tritt Friedrich der Große auf dem Marktplatz in Kloster Zinna auf. Die dankbaren Einwohner hatten ihm 1864 ein solches Denkmal errichtet, das allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Eine Bürgerinitiative ließ nach alten Vorlagen eine neue Figur gießen.



Im Wustrauer Preußenmuseum ist alles über die Rolle Friedrichs des Großen als praktischer Reformer und Aufklärer zu erfahren. (Fotos: Caspar)

Friedrich der Große hat in diesem Jahr Hochkonjunktur. Zu seinem 300. Geburtstag wird an ihn mit verschiedenen Ausstellungen in Berlin erinnert. Sie berichten im Deutschen Historischen Museum, in der Alten Nationalgalerie, im Bode-Museum und am Kulturforum sowie im Schloss Köpenick über Leben und Werk des Königs, seine Liebhabereien und Marotten und seine Querelen mit der Familie. Einer kritischen Analyse wird auch seine Sucht nach militärischem Ruhm und sein Nachleben bis heute unterzogen. Während der „Alte Fritz“ im Potsdamer Filmmuseum als Leinwandheld agiert, wird im Neuen Palais unter dem Titel „Friederisiko“ ein allumfassender Blick in die Gedanken- und Lebenswelt des Monarchen gewährt. Am 24. Januar 1712 geboren, regierte er von 1740 bis 1786 sein Reich und führte drei verlustreiche Kriege um die reiche Provinz Schlesien, in denen er sich und sein Land mehrfach an den Rand des Abgrundes führte und seinen Untertanen einen hohen Blutzoll abverlangte.

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg hat zahlreiche Räume des nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) mit immensen Kosten in nur sechs Jahren aus dem Boden gestampften Neuen Palais im hinteren Teil des Parks von Sanssouci für die bis zum 28. Oktober 2012 laufende Gedächtnisausstellung restauriert. Sie stellt, unterstützt von hochkarätigen Leihgebern, unter anderem dar, was den König trieb, sein beschauliches Leben als Philosoph, Schriftsteller, Musiker und Mäzen aufzugeben und sich, auf militärischen Ruhm und eine gute Presse erpicht, wie wir heute sagen würden, in riskante Waffengänge mit dem Haus Habsburg und einer Welt von Feinden einzulassen. Kurator Jürgen Luh sagt über die in fünfjähriger Arbeit vorbereitete Ausstellung, sie hole Friedrich II. vom Sockel und zeige ihnen als Menschen, keineswegs aber wie bald nach seinem Tod als Halbgott und Übervater. „Sein Weinbergschloss Sanssouci zeigt ihn, wie er sein wollte, das Neue Palais schildert ihn, wie er geworden ist. Wir vermitteln ein von der Tradition abweichendes Bild Friedrichs des Großen, holen ihn von der Säule herunter, auf die man ihn im 19. Jahrhundert gestellt hat“.

Wichtigstes Exponat der an die Risikobereitschaft und Innovationsfreude des Schöngeistes und Kriegsherrn erinnernden Dokumentation ist das Neue Palais mit seinen vielen Prunksälen und Appartements. Den Riesenpalast brauchte der König, um seine große Verwandtschaft fürstlich unterzubringen und auch vor Staatsgästen zu prunken. So wurde das Neue Palais zu einem Staats- und Siegesdenkmal ersten Ranges, dessen Gestalt und Innenausstattung von Dach bis Keller maßgeblich vom König bestimmt wurde. Die Besucher gehen durch die wegen der empfindlichen Exponate abgedunkelten Räume nicht mehr wie bisher auf Filzpantoffeln, sondern auf flachen Laufstegen, und sie kommen ganz dicht an die Ausstellungsstücke heran. Da und dort ist zu erfahren, was sich der König den von ihm entfalteten Luxus kosten ließ. Tausende Taler kosteten die Kronleuchter aus geschliffenem Bergkristall, die überall in den königlichen Schlössern hängen, sowie die Prunkmöbel, die Gemälde und antiken Figuren, mit denen die Wohn- und Repräsentationsräume ausgestattet wurden. Ebenso teuer waren brillantbesetzte Tabaksdosen, von denen der König immer ein paar bei sich hatte; aber auch die reich bestickten Hofkleider, das edle Tafelsilber und die in der Königlichen Porzellanmanufaktur gefertigten Services verschlangen Unsummen. Das gleiche galt auch für den Genuss von frischem Obst. Wenn der König im Winter für mehrere hundert Taler herbei geschaffte Kirschen verspeiste, dann wusste er schon, dass er das hart erarbeitete Geld seiner Untertanen verprasste. Hingegen wurden Diener, Kutscher und weitere „Domestiken“ und die vielen Rekruten in seiner Armee mager entlohnt. Alt und abgeklärt geworden, ließ der König „generös“ armen Witwen, Waisen und Kriegsversehrten manchmal ein paar Groschen zukommen, um sein Gewissen zu beruhigen. Nach dem Tod mancher Vertrauter oder ihrer Flucht aus Preußen blieben ihm nur noch die Hunde als letzte Freunde. Im königlichen Schlafzimmer ist zu erfahren, dass sich der König immer selber auszog und sich nachts einer Mütze über den Kopf zog. Dann durfte einer seiner Lieblingshunde auf der Bettdecke bei ihm übernachten.

Wer die Friederisiko-Ausstellung, die täglich außer Dienstag von 10 bis 19 Uhr geöffnet ist, besucht, sollte sich auf längere Warteschlangen einstellen. Letzter Einlass ist etwa 90 Minuten vor Schließung. Das Ticket kostet 14, ermäßigt 10 Euro. Zuhause kann man nachlesen, was man im Neuen Palais gesehen oder auch übersehen hat. Dazu erschienen im Hirmer-Verlag München ein umfangreicher Ausstellungskatalog und einem Essayband zu jeweils 29,90 Euro. Weitere Informationen über die Ausstellung, verschiedene wissenschaftliche Tagungen und das Begleitprogramm im Internet unter www.friederisiko.de.

Über die großen Ausstellungen in Berlin und Potsdam hinaus ist Friedrich II. auch im Land Brandenburg mit einigen Ausstellungen präsent. So wird bis zum 30. Oktober 2012 im Schloss Wolfshagen (Landkreis Prignitz, nicht zu verwechseln mit Wolfshagen in der Uckermark) anhand von Gemälden, Stichen, Medaillen, Porzellanen und Skulpturen die Friedrich-Verehrung bereits im 18. Jahrhundert in Preußen dokumentiert. Außerdem kann man sehen, wie ein ehemaliger Schlossherr, Albrecht Gottlob Gans Edler Herr zu Putlitz, dem Großen König ein Denkmal in Gestalt von Wandmalereien errichtet hat. Vor einiger Zeit sorgsam restauriert, feiern die Bilder den Monarchen in der Pose eines antiken Helden. Sie sind zugleich Ausdruck der allgemeinen, bis nach Frankreich, England und die USA reichende Verehrung, die man ihm zu Lebzeiten und mehr noch nach seinem Tod entgegen brachte.

Im Preußenmuseum zu Wustrau (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) wird bis zum 30. September 2012 in einer weiteren Ausstellung dargelegt, wie der König seine Rolle als „praktischer Aufklärer“ sah und warum er sich gleich nach seiner Thronbesteigung anno 1740 um die Reform des preußischen Rechts- und Justizwesens kümmerte, die Folter bis auf wenige Ausnahmen abschaffte und gegen die Willkür und Unfähigkeit von Juristen vorging. Das von Friedrich dem Großen in Auftrag gegebene und auch in Teilen selbst formulierte Gesetzeswerk trat als Allgemeines Landrecht der preußischen Staaten erst einige Jahre nach seinem Tod in Kraft. Dargestellt wird in der mit vielen Bildern und Dokumenten, Skulpturen und Erinnerungsstücken versehenen Ausstellung auch das Eintreten des Königs für religiöse Toleranz und seine Anstrengungen zur Erneuerung des Schul- und Bildungswesens sowie der öffentlichen Verwaltung und des Beamtenapparats.

Im Schloss Bad Freienwalde (Landkreis Märkisch-Oderland) und im Dominikanerkloster zu Prenzlau (Landkreis Uckermark) erfahren Besucher in zwei bis zum 23. September 2012 laufenden Ausstellungen Einzelheiten über die planmäßige Ansiedlungspolitik, die der König nach dem Motto „Die Stärke eines Staates beruht nicht in der Ausdehnung seiner Grenzen, sondern in seiner Bewohnerzahl“ betrieb. Die von ihm forcierte Binnenkolonisation hatte bei den Hohenzollern Tradition, denn schon unterm Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg und seinen königlichen Nachfolgern Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. wurden Landwirte, Handwerker und andere Leute von weither angeworben, um sich im Hohenzollernstaat anzusiedeln und ihm zu neuer Blüte zu verhelfen. Bestes Beispiel dafür waren die Urbarmachung des Oderbruchs und Gründung neuer Siedlungen. Mit Recht konnte der König von sich sagen, er habe „im Frieden eine Provinz gewonnen“.

Von den Mühen um den Ausgleich für die vielen Menschenverluste durch den Krieg, aber auch durch Hunger und Krankheiten, erzählt eine Ausstellung in Kloster Zinna, einem Ortsteil von Jüterbog (Landkreis Teltow-Fläming). Im Mittelpunkt der bis zum 31. Oktober 2012 geöffneten Dokumentation steht das Bestreben des Monarchen, seinem durch die Verwüstungen des Siebenjährigen Krieges und die hohen Kosten schwer geschädigten Staat wirtschaftlich und kulturell wieder auf die Beine zu helfen. Zu diesem Zweck ließ er für die mit manchen Lockangeboten und Privilegien geköderten Kolonisten auf dem Reißbrett eine so genannte Planstadt entwerfen und zum Teil auch bauen. Den 80 Weberfamilien aus der Oberlausitz wurden, vergleichbar mit der Weberkolonie Nowawes bei Potsdam, dem heutigen Babelsberg, oder in Friedrichshagen bei Berlin, Haus und Hof, dazu Gartenland und Äcker zur Verfügung gestellt. Wichtig war ihre Befreiung von bestimmten Steuern sowie dem Militärdienst und der Einquartierung durch Soldaten und weiteren Lasten. Um die neuen Häuser und Wirtschaftsgebäude möglichst schnell und billig errichten zu können, wurden in Zinna mittelalterliche Klostergebäude geopfert und als Steinbruch benutzt. Was stehen blieb, hat man in eine Textilmanufaktur und eine Brauerei umfunktioniert. Preußischer Sparsamkeit und Pietät ist allerdings zu verdanken, dass die Kirche und einige Klosterbauten verschont blieben, in denen heute Sommerkonzerte und die erwähnte Friedrich-Ausstellung stattfinden.

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