Zwischen Verehrung und Verteufelung - Deutsches Historisches Museum würdigt das Nachleben Friedrichs des Großen



Für die Walhalla bei Regensburg schuf Johann Gottfried Schadow diese an römische Kaiserbildnisse erinnernde Marmorbüste.



Friedrich der Große reitet hoch zu Ross durch die Ausstellung. Das Original schmückt seit 1851 die Straße Unter den Linden.



Der Historienschinken „Der alte und der junge König“ von 1935 wurde von den Nazis mit dem Prädikat „staatspolitisch und künstlerisch besonders wertvoll“ und „volksbildend“ ausgezeichnet.



Mit Friedrichs am 17. August 1786 abgenommener Totenmaske beginnt die Ausstellung im Pei-Bau. An ihrem Ende wird die heutige Sicht auf den König von Preußen geschildert. (Fotos: Caspar)

An Friedrich II. scheiden sich die Geister. Die einen schildern den König von Preußen als einen ganz großen Deutschen, als risikofreudigen Staatsmann und Militär, als feinsinnigen Denker, Schreiber, Bauherren und Freund der Musen. Andere sehen in ihm einen Despoten, Zyniker und skrupellosen Landräuber. In einer neuen Ausstellung zum 300. Geburtstag des Monarchen schildert das Deutsche Historische Museum, warum Friedrich der Große seit über 200 Jahren verehrt, verklärt und verdammt wird.

Gewiss liegt die Wahrheit bei Preußens berühmtesten König irgendwo in der Mitte oder, um es mit Friedrich Schillers „Wallenstein“ zu sagen: „Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschichte“. Gleich nach seiner Thronbesteigung 1740 brach der Achtundzwanzigjährige unter fadenscheinigen Gründen einen Krieg um Schlesien vom Zaun, doch erst 23 Jahre später konnte er sich dieser reichen Provinz ganz sicher sein. Mehrfach standen Preußen und sein König am Rand des Abgrundes, und auch nach den Schlesischen Kriegen war der Landhunger des gekrönten Menschenfressers, wie Voltaire einmal sagte, nicht gestillt. Deshalb verübeln die Polen ihm, der russischen Zarin Katharina und dem römisch-deutschen Kaiser Joseph II. bis heute, dass sie ihr Land unter sich aufgeteilt haben.

Friedrich der Große arbeitete intensiv an seinem Image als erster Diener seines Landes, als Philosoph von Sanssouci, als großer Militär, Flötenspieler und Komponist und als einer, der dicke Bücher und launige Briefe verfasste. Dass mit ihm nicht gut Kirschen essen war, beeinträchtige nicht die Sympathie zu seinen Lebzeiten und mehr noch nach seinem Tod am 17. August 1786. Mit diesem Datum und dem Sterbehemd sowie der Totenmaske beginnt die Ausstellung im Pei-Bau neben dem barocken Zeughaus. Sie schildert anhand von Skulpturen aus Bronze und Porzellan, mit Gemälden, Stichen und Büchern, Zeitungen, Flugblättern und Karikaturen, mit Ausschnitten aus alten Monumentalfilmen, mit Uniformen und Waffen und auch mit manchem Kitsch und Krempel, warum es in der Wahrnehmung und Wertschätzung Friedrichs des Großen fundamentale Unterschiede gab und wer alles den König vor seinen Karren gespannt und von ihm profitiert hat.

Um 1840 sehnte man sich nach dem „Alten Fritz“ und seiner angeblich besseren Zeit zurück, weil vielen Menschen die eigene Gegenwart so glanzlos erschien. Nach der Reichseinigung von 1871 haben die Hohenzollern den König von Preußen zu einem großen Deutschen und Nationalhelden stilisiert und übersehen, dass er in erster Linie nur an sich und seinen Ruhm dachte. Hitler und sein Propagandaminister Goebbels trieben den Friedrich-Kult in widerlicher Weise auf die Spitze und stachelten, seinen Durchhaltevermögen in kritischster Kriegslage gebetsmühlenartig beschreibend, die „Volksgenossen“ an, ihr Letztes für Führer, Volk und Vaterland zu geben. Die Ausstellung zeigt an vielen Beispielen, wie die Nazis den kleinen Mann mit Dreispitz, Krückstock und Adlerorden quasi zum Stichwortgeber für ihre Propaganda herabwürdigten und wie auf der anderen Seite die Rote Armee Friedrich II. und seine Nazi-Epigonen zum Teufel jagt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der König in der DDR lange Zeit eine Unperson. Seine Denkmäler wurden abgerissen und manchmal auch eingeschmolzen, von dem Reitermonument Unter den Linden in Berlin abgesehen. In der Bundesrepublik Deutschland war das Thema Friedrich der Große lange Zeit nur für wenige Preußen-Fans interessant. Erst um 1980 gab es hüben wie drüben eine Preußen-Renaissance, und jetzt entdeckte man an Friedrich dem Großen auch manche positiven, staatstragenden und überzeitlichen Seiten. Die Raumverhältnisse im Pei-Bau gestatten es nicht, dass dieser vor allem durch Bücher und Plakate illustrierte Aspekt erst der Ablehnung und dann der vorsichtigen Annäherung weiter vertieft wird. Doch findet man im Katalog (Franz Steiner Verlag Stuttgart, 244 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 24 Euro) dazu vertiefende Informationen. Die mit 450 hochkarätigen Exponaten bestückte Ausstellung „Friedrich der Große - Verehrt, verklärt, verteufelt“ ist bis zum 29. Juli 2012 täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt kostet 8 und ermäßigt 4 Euro, für Besucher unter 18 Jahren ist er frei. Zuzüglich zu der Ausstellung gibt es eine Veranstaltungsreihe, über die man sich im Internet unter www.dhm.de informieren kann.

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