Kräftezehrende Arbeit am Amboss - Gadebuscher Bronzemann setzt mecklenburgischer Münzgeschichte ein eindrucksvolles Denkmal



Eine Bronzefigur erinnert in Gadebusch daran, dass mecklenburgische Herzöge hier vor langer Zeit Münzen prägen ließen. (Foto: H.-J. Caspar)

Nach der „Erfindung“ des Talers Ende des 15. Jahrhunderts im silberreichen Tirol war es nur eine Frage der Zeit, dass diese großen und schweren Stücke auch im norddeutschen Raum geprägt wurden. Benannt nach den massenhaft im böhmischen Sankt Joachimsthal geprägten Silbermünzen im Gewicht von etwa 28 Gramm und einem ungewohnt großen Durchmesser von rund 40 Millimetern, bildeten die Taler ein ideales Medium auch für fürstliche Repräsentation. Sie boten so viel Platz, dass man auf ihnen gut sichtbar Porträts, Heiligenbilder, Wappenschilder, Stadtansichten und lange Inschriften unterbringen konnte.

In der mecklenburgischen Kleinstadt Gadebusch südwestlich von Wismar kann man zuschauen, wie ein kräftig gebauter Münzarbeiter solche Geldstücke hergestellt hat. Die von dem Bildhauer Wolfgang Knorr geschaffene Bronzeskulptur rechts neben dem Rathausportal erinnert daran, dass Gadebusch, eine der ältesten Städte des heutigen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern, auf eine lange, ins 13. Jahrhundert zurückreichende Münzgeschichte blickt. Die Münzknechte bedienten sich einer urtümlichen Prägeweise, bei der die auf dem gravierten Unterstempel liegende Ronde, auch Schrötling genannt, durch kräftige Hiebe auf den mit der linken Hand festgehaltenen Oberstempel in eine Münze verwandelt wurde.

Wie eine Tafel neben der Bronzefigur erläutert, erhielt Gadebusch anno 1226 von Herzog Borwin I. das Stadtrecht und dazu auch das Münzrecht. Zunächst hat man bescheidene Silberlinge mit dem Stierkopf geschlagen. Nachdem 1257 die Münze nach Wismar verlagert worden war, „ruhte“ der Hammer in Gadebusch über dreihundert Jahre. Erst Herzog Albrecht VII. belebte die alte Tradition und richtete 1542 am alten Ort eine neue Geldfabrik ein. In den nachfolgenden 82 Jahren wurden in Gadebusch Goldgulden und Taler sowie Talerteilstücke geschlagen. Um welche Werte es sich handelt, hat Michael Kunzel in seinem 1994 im Gebr. Mann Verlag Berlin erschienenen Buch „Das Münzwesen Mecklenburgs von 1492 bis 1872 - Münzgeschichte und Geprägekatalog“ ausführlich beschrieben und mit vielen Bildern belegt.

Wolfgang Knorr hat seinem nackten Bronzeriesen Flügel an der Schulter und den Füßen verpasst und damit aus ihm einen Hermes beziehungsweise Merkur gemacht, den antiken Schutzherrn der Vieherden, Wege und Wanderer, des Marktes und des Glücks. Der Bildhauer beschreibt sein Werk als Sinnbild für den Grenzbereich von Abheben, Abstürzen und als „Gleichnis für gelebte Balance“. Wer ganz dicht an die Figur herantritt, erkennt auf der runden Fußplatte eine Auswahl von Gadebuscher Geldstücken. Die Vorlagen aus dem Münzkabinett des Staatlichen Museums Schwerin wurden der guten Erkennbarkeit halber um etwa 40 Prozent vergrößert. Wer weiter nach Rostock fährt, lernt im Schatten der mächtigen Marienkirche ein interessantes Relief aus dem frühen 17. Jahrhundert kennen, auf dem ein Münzarbeiter, am Amboss sitzend, mit einem schweren Hammer auf den Oberstempel schlägt. Dass das eine sehr gefährliche und zudem auch ungenaue Arbeit war, muss man sich beim Anblick dieses schönen Hauszeichens am Gebäude der ehemaligen Rostocker Münze hinzu denken.

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"