Berlin wird in diesem Jahr 775 Jahre alt. In Wahrheit aber ist unsere Stadt noch etwas älter, wie Ausgrabungen zeigen. Die Jubiläumsfeierlichkeiten 2012 beziehen sich auf die erstmalige Erwähnung der Doppelstadt auf einer Urkunde von 1237. Die kleine Ungenauigkeit aber hält die Stiftung Stadtmuseum nicht davon ab, in 775 Porträts „Berlinmacher“ vorzustellen, so der Titel einer bis zum 28. Oktober 2012 laufenden Liebeserklärung an Berlin. Die Ausstellung im Ephraim-Palais beginnt mit einer knäuelartigen Raumskulptur, von der aus es zu Bildern, Äußerungen und anderen Hinterlassenschaften von bekannten Berlinerinnen und Berlinern, aber auch von Unbekannten führt, deren Schicksale, Leistungen und Meinungen man durch die Ausstellung näher kennen lernt. Bunt und spannungsreich, wie die Berliner Geschichte ist auch die Auswahl der Personen. Erinnert wird an Herrscher und Politiker, Gelehrte und Künstler, Unternehmer und Erfinder. Rote Netzwerkstränge führen beispielsweise von dem im Mittelalter tätigen Fernhändler Conrad von Beelitz zu dem berühmten Eisenbahnkönig Bethel Henry Strousberg und von dem legendären Zirkusdirektor Ernst Renz über den Filmpionier Max Skladanowsky zu dem Schauspieler, Regisseur und Theaterdirektor Max Reinhardt. Gezeigt wird ferner, was etwa den Studentenführer Rudi Dutschke mit Henriette Herz verband, in deren literarischem Salon sich vor und nach 1800 das „geistige“ Berlin traf, um über Philosophie, Kunst und Literatur zu diskutieren. Weitere Verbindungen werden zwischen dem Maler Max Liebermann und der Bildhauerin Käthe Kollwitz, zwischen dem Entertainer Hans Rosenthal, der als Jude mit viel Glück dem Holocaust entging, und dem von den Nazis ins Exil vertriebenen Schauspieler Curt Bois, zwischen der Bildhauerin Renée Sintenis, die unter anderem den bekannten Berlinale-Bär schuf, und dem bekannten Tierpark-Direktor Heinrich Dathe gezogen, um weitere Namen zu nennen. In der Ausstellung kommen aber nicht nur die üblichen Prominenten zu Wort, es werden auch ganz normale Menschen mit ihren Gedanken über ihre Gefühle vorgestellt, in Berlin zu leben und zu der Stadt zu gehören.
Die „Berlinmacher“ seien keine klassische historische Jubiläumsausstellung, erklärt Museumsdirektorin Franziska Nentwig; eher sei die Dokumentation wie ein Theaterstück oder noch besser wie ein „Schaustück“ gestaltet. „Die Handlung ist konstruiert, aber sie berührt und ist nicht abgeschlossen. Vielmehr ist die Ausstellung offen, vielfältig und so bunt wie Berlin selbst“. In diesem Sinne lade das Stadtmuseum Berlin seine Gäste ein, den roten Faden aufzunehmen, ihn weiterzuspinnen und sich selbst als ein Teil des Netzwerks zu empfinden, beschreibt Nentwig das Ziel der Ausstellung zum Stadtjubiläum 2012. Das Begleitbuch aus dem Kerber Verlag Bielefeld, enthält Biographien von 75 Berlinerinnen und Berlinern, hat 224 Seiten und zahlreiche Abbildungen und kostet an der Museumskasse 25 Euro. Geöffnet ist das Ephraimpalais im Nikolaiviertel täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, am Mittwoch bis 20 Uhr geöffnet. Weitere Informationen im Internet unter www.stadtmuseum.de.
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