Russen und Deutsche - Ausstellung im Neuen Museum über tausend Jahre Geschichte, Kunst und Kultur



„Dies alles wird nur von den Mäusen und mir geliebt“, behauptete die aus Deutschland stammende Zarin Katharina II., die Große, mit Blick auf ihre umfangreichen, mit sehr viel Geld angelegten Kunst- und Buchsammlungen. Das Staatsporträt von Feodor S. Rokotov wurde vom Staatlichen Historischen Museum Moskau nach Berlin entliehen.



Von Moskau nach Berlin entliehen wurde diese 1649 gegossene Glocke entliehen. (Fotos: Caspar)

Das oberste Geschoss des Neuen Museums auf der Museumsinsel ist Schauplatz einer bis zum 13. Januar 2013 laufenden Ausstellung über tausend Jahre Beziehungen zwischen Russen und Deutschen, Deutschen und Russen. Vom Ministerium für Kultur der Russischen Föderation, dem Staatlichen Historischen Museum in Moskau und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz unter Federführung des Museums für Vor- und Frühgeschichte ausgerichtet, ist die Schau der wichtigste Beitrag für das Russlandjahr 2012/13 in Deutschland und zum Deutschlandjahr in Russland. Sie beginnt mit ersten zaghaften Kontakten zwischen Händlern zu Wasser und auf dem Land im späten Mittelalter und schlägt einen Bogen zu den dynastischen Verbindungen zwischen Herrscherfamilien, schildert die Höhen und Tiefen im Verhältnis beider Länder und hilft, deutsche Spuren in der russischen Geschichte und russische Spuren in der deutschen Geschichte zu erkennen.

Erlauchte Namen und prächtige Porträts, kostbare Staatsgeschenke und Zeugnisse für den Austausch von Militärs, Gelehrten und Künstlern können ebenso besichtigt werden wie Bücher und Manuskripte, in denen Forschungsreisende mit Alexander von Humboldt an der Spitze die „Terra incognita“ im Osten dem Westen erklären und seine Bewohner, Städte, Kirchen und Klöster und seine Naturreichtümer beschreiben. Die sprichwörtliche russische Seele scheint in der Ausstellung durch Werke berühmter Dichter und romantische Landschaften ebenso auf wie das deutsche Gemüt, aber es werden auch die vielen militärische Partnerschaften und mehr noch die tödlichen Feindschaften in den Beziehungen beider Ländern nicht ausgeklammert. Die Dokumentation im Neuen Museum brilliert durch erstrangige Schaustücke, und man kann sich nicht genug satt sehen an den Schatzfunden und anderen archäologischen Objekten, an mittelalterlichen Holzschnitzereien und Goldschmiedearbeiten, an Bronzeglocken und kleinen Kanonenmodellen, an Harnischen und Schwertern sowie an den Tafelgeschirren aus Silber und Porzellan, die von einem Hof zum anderen zur „politischen Landschaftspflege“ entsandt wurden.

Die zuvor in Russland präsentierte Ausstellung mit mehr als 750 Stücken aus den Schatzkammern des Kreml, der Petersburger Eremitage und weiteren berühmten Sammlungen zeigt viel, sie blendet aber auch in ihrem Bemühen um Freundschaft und Harmonie manches dunkle Kapitel aus. Dass Russland und deutsche Staaten von finsteren Despoten beherrscht wurden, die über Leichen gingen, erfährt man nur am Rande. Der Tod auf den Schlachtfeldern des 20. Jahrhunderts und die Leiden von Millionen Menschen in den Straf- und Todeslagern der Zaren und ihrer kommunistischen Nachfolger wird in der opulenten Inszenierung von Glanz und Gloria weitgehend ausgeklammert. Der Versuch, die kommunistische Ideologie in den nach 1945 von Stalin und seinen Satelliten beherrschten Ländern, namentlich in der DDR, gewaltsam durchzusetzen, muss man sich beim Gang durch die Ausstellung hinzu denken. Ebenso vermisst man Angaben über das Schicksal von Deutschen, die in der Sowjetunion Stalinscher Prägung ihr Heil sahen und elend in den Straflagern und Zuchthäusern des sowjetischen Diktators endeten. Die Schau ist Montag bis Mittwoch sowie am Sonntag von 10 bis 18 und am Donnerstag bis Samstag von 10 bis 20 Uhr geöffnet, Eintritt 14, ermäßigt 7 Euro.

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