Spandau als Rüstungsstandort - Neugestaltete Dauerausstellung gewährt interessante Einsichten in die Stadtgeschichte



Andrea Theissen freut sich über viele interessierte Besucher in der neuen Dauerausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums auf der Zitadelle Spandau.



Ein im Zeughaus aufgebautes Stadtmodell schildert, wie Spandau im Laufe der Jahrhunderte gewachsen ist.



Was Archäologen bei Ausgrabungen fanden, wird jetzt im Zeughaus auf der Zitadelle gezeigt.



Auto- und Technikfans können sich auf ein Wiedersehen mit Oldtimern freuen. (Fotos: Caspar)

Die Spandauer Zitadelle ist zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert. Dies gilt auch für die neu gestaltete Dauerausstellung, für die das in dem alten Gemäuer untergebrachte Stadtgeschichtliche Museum aus seinen umfangreichen Beständen besonders wichtige und aussagekräftige Exponate zur Verfügung gestellt hat. Dass Spandau bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ein wichtiger Rüstungs- und Militärstandort war, ist wenig bekannt. Die Ausstellung im Zeughaus führt anhand alter Waffen und Geschütze, aber auch von technischem Material vor, was da alles produziert wurde. Ein Foto zeigt, dass vor allem Frauen in der Rüstungsindustrie tätig waren, andere Exponate schildern, wie das Bild der Stadt von Soldaten geprägt war. Wer von ihnen nicht spurte, kam in Festungshaft, und auch dieses Thema ist in der Ausstellung präsent. Zu den dunklen und noch nicht ganz aufgeklärten Kapiteln der Spandauer Geschichte gehört die hochgeheime Arbeit des Heeresgasschutzlaboratoriums, das auf der Zitadelle untergebracht war. Hier hat man über Giftgase geforscht und experimentiert, und als sich die Rote Armee am Ende des Zweiten Weltkriegs der Zitadelle näherte, wurden alle Dokumente und Gerätschaften vernichtet, und die Mitarbeiter wichen nach Munsterlager in der Lüneburger Heide aus.

Beim Rundgang weist Museumsleiterin Andrea Theissen darauf hin, dass die neue Dauerausstellung ihre besondere Aussagekraft durch Geschenke oder Leihgaben von Spandauer Bürgern gewonnen hat. Was da zusammengekommen ist, wird in einer sehenswerten Auswahl gezeigt. Zu den besonderen Schaustücken der neu gestalteten Ausstellung gehören eine historische Schusterwerkstatt, ein wie ein Schaufenster gestaltetes Exponat mit elektrischen Erzeugnissen der Firma Siemens, aber auch die wieder aufgefundene Ladung eines 1866 in der Unterhavel gesunkenen „Kaffenkahns“, des weiteren Fundstücke von archäologischen Ausgrabungen der vergangenen Jahre, das Handwerkszeug eines Tischlers und sowie von Oldtimerfans bewunderte, sorgsam restaurierte Automobile Spandauer Produktion, ergänzt durch ein urtümlich anmutendes Motorrad sowie Zeugnisse für die in Spandau gepflegte Kultur und Wissenschaft. Aufmerksamkeit verdient überdies die durch Plakate, Aufnahmegeräte, Kostüme und andere Utensilien dokumentierte Rolle der 1920 zu Groß-Berlin zugeschlagenen Stadt Spandau als Filmstandort.

Da auf der Zitadelle manchmal nach dem 1946 eingerichteten Kriegsverbrechergefängnis gefragt wird und dieses in der aus der Renaissance stammenden Festung vermutet wird, klären die Ausstellungen im Zeughaus und eine weitere im Kommandantenhaus auf, dass die nach dem Zweiten Weltkrieg vom Internationalen Militärtribunal in Nürnberg zu hohen Freiheitsstrafen verurteilten Nazifunktionäre nicht hier einsaßen, sondern in einer aus der Kaiserzeit stammenden Militärhaftanstalt an der Spandauer Wilhelmstraße. Nach dem Tod des letzten Insassen, Hitlers Stellvertreter Rudolf Hess (1987), wurde das Gebäude abgerissen, um nicht für Neonazis als Pilgerstätte zu dienen. Das Stadtgeschichtliche Museum ist von Montag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 4,50 und ermäßigt 2,50 Euro.

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