Ehren, gedenken, aufklären - Das Berliner Themenjahr 2013 schildert die schrecklichen Folgen von Hitlers Machtübernahme vor 80 Jahren



Vor dem Kino des DHM im Zeughaus Unter den Linden und an vielen anderen Orten der Stadt erinnern solche Litfaßsäulen daran, wie die Nationalsozialisten nach 1933 Berliner Kultur und Lebensweise gleichgeschaltet haben und wer sich dagegen zur Wehr setzte und hohe Opfer an Freiheit und Leben bringen musste.



Auf der Tiergartenseite des Brandenburger Tors aufgestellt Bildsäulen berichten in Bild und Schrift über das Schicksal von Künstlern, Wissenschaftlern, Politikern, Sportlern und vielen anderen Menschen, die dem Rassenwahn der Nationalsozialisten zum Opfer fielen oder wegen ihrer oppositionellen Haltung ihre Arbeit und oft genug auch ihr Leben verloren. Weitere Säulen dieser Art stehen an der Komischen Oper Unter den Linden, am Deutschen Technikmuseum und an anderen Orten der Stadt. (Fotos: Caspar)

Achtzig Jahre nach der Errichtung der NS-Diktatur am 30. Januar 1933 und 75 Jahre nach dem Novemberpogrom am 8./9. November 1938 finden in Berlin im Rahmen des Themenjahrs „Zerstörte Vielfalt“ über fünfhundert Veranstaltungen an einhundert Orten statt - Ausstellungen, Vorträge, Gesprächsrunden, Lesungen und Konzerte. Überall in der Stadt aufgestellte Litfaßsäulen und Stelen schildern, wie vor 80 Jahren aus dem „roten“ Berlin der Weimarer Republik ein braunes Berlin gemacht und wie der Ruf der Metropole als Inbegriff des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und der kulturellen Moderne von den Nazis systematisch ruiniert wurde. Die unweit des Brandenburger Tors und an anderen Orten aufgestellten Gedenksäulen machen auf Biographien verfolgter und ermordeter Menschen aufmerksam und zeigen, wo in Deutschlands dunkelster Zeit unvorstellbare Verbrechen geplant und überwacht wurden.

In ihrer bis zum 10. November 2013 im Pei-Bau laufenden Dokumentation „Zerstörte Vielfalt“ will die Stiftung Deutsches Historisches Museum (DHM) nach den Worten ihres Präsidenten Alexander Koch zeigen, was es für unzählige Menschen bedeutete, aus rassistischen, politischen und ideologischen Gründen aus der NS-Volksgemeinschaft ausgeschlossen zu werden und warum sich ein großer Teil der Deutschen auf die Seite der braunen Verbrecher schlug und dabei keine Gewissensbisse hatte. „Unterstützt durch Berliner Museen, Gedenkstätten, Vereine und Privatpersonen schildern wir, mit welcher Brachialgewalt nach dem 30. Januar 1933 Alltag, Wirtschaft und Verwaltung, Handwerk und Gewerbe, Medien und Bildungswesen, Kultur, Kunst und Wissenschaft sowie die Freizeitgestaltung, Sport und Vereine, kurzum alle öffentlichen und privaten Lebensbereiche im Sinne der Nationalsozialisten gleichgeschaltet wurden, wie man damals sagte. Wir zeigen aber auch, wo sich Widerstand formierte und welche hohen Opfer diejenigen erbringen mussten, die sich aus politischen, ethischen und religiösen Gründen nicht dem neuen Regime unterwarfen“, erklärte Koch bei der Vorstellung des Programms „Zerstörte Vielfalt“, über das auch im Internet unter der Adresse www.berlin.de/2013 umfassend informiert wird.*)

Die von der Stiftung Klassenlotterie Berlin geförderte Ausstellung „Zerstörte Vielfalt“ im Pei-Bau des DHM ist täglich bei freiem Eintritt von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Kostenfreie Hörführungen werden in deutscher und englischer Sprache angeboten. Außerdem ist eine kostenlose Info-Broschüre erschienen, und es ist auch ein umfangreiches Begleitprogramm mit Buchvorstellungen, Podiumsdiskussionen, Zeitzeugengesprächen, Weiterbildung für Lehrer und Filmvorführungen geplant (Programminformationen unter www.zeughauskino.de). Zum Themenjahr 2013 erschien im Siedler Verlag das von Michael Wildt, Christoph Kreutzmüller und Simone Erpel herausgegebene Buch „Berlin 1933-1945. Stadt und Gesellschaft im Nationalsozialismus“.

In der Stiftung Topographie des Terrors an der Wilhelmstraße im Bezirk Kreuzberg hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Ausstellung „Berlin 1933 - Der Weg in die Diktatur“ eröffnet und dabei betont, der Aufstieg der NSDAP sei möglich gewesen, „weil Teile der damaligen Eliten und der Gesellschaft mitwirkten, vor allem aber weil die allermeisten in Deutschland ihn duldeten“. Die breite Mehrheit habe einfach weggesehen, weil sie gleichgültig war, weil sie schwieg. Deshalb sei es überaus wichtig, das Wissen gerade auch über die Anfänge des Terrors weiterzugeben. Die Ausstellung schildert als Teil des Themenjahres „Zerstörte Vielfalt“ auf 200 Quadratmetern, wie es die Nationalsozialisten in den ersten sechs Monaten ihrer Herrschaft vermochten, die mühsam erkämpften demokratischen Errungenschaften der Weimarer Republik und ihre Repräsentanten zu vernichten und erinnert in einer Folge von Bild-Text-Tafeln an die ersten Opfer dieses Absturzes in die Barbarei.

Aus dem umfangreichen Programm des Themenjahrs seien diese Ausstellungen genannt: Alliiertenmuseum: „Sieger, Befreier, Besatzer: Deutsche Juden im Dienst der Alliierten“ (ab 14. März 2013), Stiftung Topographie des Terrors: „Zwischen den Zeilen? Die Zeitungspresse als NS-Machtinstrument“ (ab 22. Mai 2013), Gedenkstätte Deutscher Widerstand: „Die politischen Häftlinge des Konzentrationslagers Columbia-Haus 1933–1936“ (ab 19. Juli 2013); Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen: „Frühe Konzentrationslager und früher Terror in Brandenburg“ (ab März 2013)

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