Entrechtet, beraubt, ermordet - Ausstellung im Ephraimpalais schildert, wie Juden von den Nazis ausgeplündert wurden



Die Ausstellung „Geraubte Mitte“ lädt zu einem Gang durch die Berliner Altstadt ein schildert das Schicksal verfolgter und ermordeter Juden und was aus ihrem Besitz wurde. (Foto: Caspar)

Eine Ausstellung der Stiftung Stadtmuseum Berlin im Ephraimpalais dokumentiert unter dem Titel „Geraubte Mitte - Die ,Arisierung’ des jüdischen Grundeigentums im Berliner Stadtkern 1933-1945“ die Verfolgung, Enterechtung, Enteignung und Ermordung Berliner Juden während der Zeit des Nationalsozialismus und blickt auch ins Mittelalter zurück. Als Hitler vor 80 Jahren an die Macht kam, brachen für die im Deutschen Reich lebenden Juden schlimme, bald auch tödliche Zeiten heran. Die Ausstellung im Ephraimpalais schildert das Schicksal von jüdischen Familien und einzelnen Personen, deren Eigentum, Geschäfte, Häuser und weiterer Besitz mit Hilfe von rassistischen Gesetzen und Verordnungen Zug um Zug geraubt wurde und an die weder Denkmäler und Tafeln noch Stolpersteine erinnern.

Die Ausstellung ruft gleich am Eingang ins Gedächtnis, dass Berliner Juden seit dem Mittelalter an Leib und Leben bedroht waren und in regelmäßigen Abständen ausgewiesen wurden. Sie zeigt, wie dicht die Innenstadt im 19. und frühen 20. Jahrhundert bebaut war und welche Kaufhäuser, Textilfabriken und andere Betriebe es im Stadtzentrum gegeben hat. Was die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs überstand, ging durch „geschichtsvergessenen Wiederaufbau“ in der Nachkriegszeit verloren, stellen die Ausstellungsgestalter Bendikt Goebel und Lutz Mauersberger fest. Da weder Gedenktafeln noch Stolpersteine an das Schicksal der Eigentümer erinnern, bringe die Ausstellung ein Stück wenig bekannter Geschichte in Erinnerung und gebe den Opfern Gesicht und Namen.

Im Unterschied zu anderen Berliner Bezirken eigneten sich in Berlins Mitte der NS-Staat beziehungsweise der Magistrat die meisten Grundstücke an. Viele wurden abgerissen, um auf den leer geräumten Flächen neue Häuser im typischen NS-Stil bauen zu können. Die so genannte Arisierung war wichtig, um auf billige Weise die Visionen von Hitler und seines Stararchitekten Spee für die Umgestaltung Berlins in die „Welthauptstadt Germania“ verwirklichen zu können. Von 1500 Grundstücken wurden 225 in jüdischem Besitz befindliche Liegenschaften enteignet oder unter Wert und mit Zwang aufgekauft. Wo sie einst standen, ist auf Fotos und Lageplänen markiert.

Wer durch die Ausstellung geht, glaubt, wie in den 1930-er Jahren durch die Berliner Altstadt zu laufen. In den Räumen stehen weiß angestrichne Schreibtische mit Büroutensilien darauf. Sie symbolisieren das verhängnisvolle Wirken von regimehörigen Schreibtischtätern, die nach dem Ende des NS-Staates behaupteten, bei ihren Raubzügen nur nach Recht und Gesetz gehandelt zu haben. Den wenigsten ist je etwas geschehen, die Überlebenden des Holocaust und ihre Nachkommen kämpfen bis heute um ihr Eigentum. Die Ausstellung im Ephraimpalais Poststraße 16 ist Teil des Themenjahrs „Zerstörte Vielfalt“. Sie ist bis 19. Januar 2014 am Dienstag sowie Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 18, am Mittwoch von 12 bis 20 Uhr geöffnet.

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