Das Regime schlägt zurück - Köpenicker Gedenkstätte erinnert an Blutwoche vor 80 Jahren und wird bis zum Juni 2013 neu gestaltet



Hinter den dicken Ziegelmauern des zum Köpenicker Amtsgericht gehörenden Zellengefängnisses berichtet eine Ausstellung über die Köpenicker Blutwoche und zeigt, wer die Opfer und die Täter waren.



In den Zellen des früheren Gefängnisses wird auch über den Widerstand von Köpenickern gegen das NS-Regime berichtet und wie im Untergrund Juden geholfen wurde, die Verfolgungen zu überstehen. (Fotos: Caspar)

Solange die Nationalsozialisten an der Macht waren, pflegten sie den Mythos von der Volksgemeinschaft und behaupteten, die Deutschen stünden „wie ein Mann“ hinter ihrem Führer. Das traf ohne Zweifel für große Teile der Bevölkerung zu, aber im Untergrund gab es auf vielen Ebenen antifaschistischen Widerstand. Um ihn zu brechen, erließ das Regime gleich nach dem 30. Januar 1933 zahlreiche Gesetze und Verordnungen, und es wurde ein weit verzweigter Terror- und Spitzelapparat aufgebaut. Erst nach und nach kam die Aktionseinheit gegen Hitler zustande, doch war es für den Sturz seines Regimes aus dem Untergrund heraus schon zu spät.

Zu den ersten Opfern des braunen Terrors gehörten vor 80 Jahren Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Juden sowie Künstler, Wissenschaftler, Schriftsteller, Journalisten und andere Personen. Geistliche, die gegen die neue Gottlosigkeit im Zeichen des Hakenkreuzes protestierten, wurden ebenfalls drangsaliert, mit Predigtverbot belegt, angeklagt, verurteilt und in vielen Fällen auch ermordet. Wer die Torturen überlebte, unterlag polizeilicher Überwachung und konnte nicht mehr in seinem alten Beruf arbeiten, und auch die jeweiligen Familien unterlagen der Sippenhaft und bekamen die ganze Wut der neuen Herren zu spüren.

Von der NS-Führung ausdrücklich vor Strafverfolgung geschützt, nahmen zu Hilfspolizisten ernannte SA-Schläger überall in Berlin und im ganzen Reich so genannte Säuberungen vor. Aufgrund von „Schwarzen Listen“ oder Denunziationen wurden wirkliche oder vermeintliche Regimegegner verhaftet. Viele Männer und Frauen überlebten die Folter in den Gefängnissen und den Konzentrationslagern, die in Berlin und dann im ganzen Reich angelegt wurden, nicht.

Eine Orgie der Gewalt überzog im Juni 1933 den Berliner Bezirk Köpenick, der seit 1920 Teil von Groß-Berlin war. Schlagartig wurden Männer und Frauen aus ihren Wohnungen geholt und ins örtliche Gefängnis, aber auch in die Sturmlokale der SA gebracht. Zu Staatsfeinden erklärt, wurden sie gefoltert, um Namen von weiteren Oppositionellen zu erfahren, aber auch um Angst und Schrecken zu verbreiten. Die Namen und die Zahl der Opfer der vom SA-Sturmbann 15 angezettelten Köpenicker Blutwoche steht nicht genau fest, es wird von mindestens 24 Ermordeten und weiteren Vermissten gesprochen. Einige Leichen wurden nach Wochen, in Säcke eingenäht, aus den Gewässern rund um Köpenick geborgen. Nach dem Ende der NS-Diktatur hat man den Mördern, so weit man ihrer habhaft wurde, in Ostberlin den Prozess gemacht. Sechs von ihnen wurden 1951 in Frankfurt an der Oder hingerichtet, die anderen erhielten hohe Zuchthausstrafen.

Eine Ausstellung in dem zum Köpenicker Stadtgericht gehörenden früheren Zellengefängnis an der Puchanstraße dokumentiert den Verlauf und die Folgen des von den Nazis als Maßnahme zum Schutz von Volk und Reich deklarierten Massenmords und zeigt zugleich, dass sich mutige Köpenicker gegen die Gleichschaltung und den Rassenwahn zur Wehr setzten und dies vielfach mit ihrem Leben bezahlen mussten. Die in ehemaligen Gefängniszellen und einer kleinen Kapelle aufgebaute Ausstellung zeigt Bilder von den Mordopfern und Dokumente über die Terroraktion. Interesse verdienen hier Informationen darüber, wie in der frühen DDR die Erinnerung an die Köpenicker Blutwoche missbraucht wurde, um im Zeichen des Kalten Kriegs Front gegen den, wie es hieß, westdeutschen Imperialismus als Nachfolger des NS-Regimes zu machen. Mit Blick auf den 80. Jahrestag der Köpenicker Blutwoche wird die Dokumentation nach Aussage von Maria Stephan, der Leiterin des Heimatmuseums Treptow-Köpenick, überarbeitet und enthält dann auch neue Informationen über den Massenmord im Juni 1933 sowie die Opfer und die Täter. Grundlage dafür biete die Auswertung von Akten im Geheimen Staatsarchiv, im Bundesarchiv und im Archiv des Bundesbeauftragten für die Akten der ehemaligen DDR-Staatssicherheit. Da ein großer Teil der Besucher aus dem Ausland kommt, sollen die Ausstellungstexte auch in englischer Sprache abgefasst werden. Die Gedenkstätte in der Köpenicker Puchanstraße 12 ist nur donnerstags 10 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet.

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