Säuberungen ohne Rücksicht auf Verluste - Berliner Akademie der Wissenschaften ehrt ihre nach 1933 ausgeschlossenen Mitglieder



Eine Büste an der Straße der Erinnerung im Ortsteil Moabit erinnert an den Physiknobelpreisträger Albert Einstein. Die dazu passende Inschrift lautet: „Ich habe keine besondere Begabung, ich bin nur leidenschaftlich neugierig“. (Foto: Caspar)

Nach der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur vor 80 Jahren wurde das öffentliche Leben im Deutschen Reich systematisch und rücksichtslos von Personen gesäubert, die nicht ins politische und rassistische Weltbild der neuen Machthaber passten. In einer bis zum 29. November 2013 laufenden Ausstellung zeigt die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, wie deren Vorläuferin, die Preußische Akademie der Wissenschaften, „judenrein“ gemacht wurde. Die Dokumentation im Foyer und dem Treppenhaus des Akademiegebäudes an der Jägerstraße 22/23 unweit des Gendarmenmarktes zeigt auf zahlreichen Schrift- und Texttafeln sowie in Vitrinen, dass 14 Mitglieder der berühmten Gelehrtenvereinigung sowie mindestens 15 ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiter zwangsweise ausgeschlossen wurden und ihrer Arbeits- und Lebensgrundlagen verlustig gingen. Zu dem Kreis illustrer Gelehrter gehörte Albert Einstein, der in den USA weilte, als Hitler an die Macht kam und so ihrer Verfolgung entging. Einsteins regimekritischen Äußerungen brachten die Nazis so sehr auf, dass die massiv gegen den jüdischen Physiknobelpreisträger und Pazifisten Einstein hetzten und seinen Ausschluss aus der Preußischen Akademie verlangten. Diesem kam Einstein durch seinen eigenen Austritt zuvor. Sein Kollege, der Physiknobelpreisträger Max Planck, betonte am 11. Mai 1933 in einer vor der Akademie verlesenen Erklärung, Einstein sei nicht nur einer unter vielen hervorragenden Physikern, sondern „der Physiker, durch dessen in unserer Akademie veröffentlichte Arbeiten die physikalische Erkenntnis in unserem Jahrhundert eine Vertiefung erfahren hat, deren Bedeutung nur an den Leistungen Johannes Keplers und Isaac Newtons gemessen werden kann. Es lag mir vor allem deshalb daran, dies auszusprechen, damit nicht die Nachwelt einmal auf den Gedanken kommt, dass die akademischen Fachkollegen Hrn. Einsteins noch nicht im Stande waren, seine Bedeutung für die Wissenschaft voll zu begreifen.“

Die Ausstellung ist, wie Akademiepräsident Günter Stock bei der Eröffnung erklärte, ein Beitrag zur Aufarbeitung eines besonders dunklen Kapitels in der Geschichte der über 300 Jahre alten Institution. Sie zeigt, welch menschliches Leid mit den rassistisch motivierten Repressalien verbunden war und welche Verluste die Wissenschaft in Deutschland durch die nach 1933 durchgeführten Säuberungsmaßnahmen erlitt. Zugleich unterstreicht die Dokumentation, dass sich die Akademie nach dem Ende des NS-Staates und des Zweiten Weltkriegs mit der so genannten Vergangenheitsbewältigung schwer tat. Um das Unrecht wieder gut zu machen, wurde den ehemals ausgeschlossenen Akademiemitgliedern die Mitgliedschaft angeboten. Einzig lehnte Albert Einstein 1946 „nach all dem Furchtbaren, das geschehen ist“, das Anerbieten der Deutschen Akademie der Wissenschaften ab. Die Ausstellung ist Teil des Berliner Themenjahrs „Zerstörte Vielfalt“ ist, sie kann vom Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt besucht werden.

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