Erinnerungen an Joseph Wulf - Haus der Wannseekonferenz ehrt Widerstandskämpfer und Auschwitz-Überlebenden



Seit 1992 ist das Haus der Wannseekonferenz Ziel von zahlreichen Besuchern aus aller Welt. Unter ihnen sind auch Schulklassen, die sich über die Planung und Durchführung des Holocausts informieren.
Die aus der Kaiserzeit stammende Villa am Großen Wannsee war Anfang 1942 Ort einer Tagung, auf der Einzelheiten der Ermordung der europäischen Juden festgelegt wurden.




Eine Tafel am Eingang weist darauf hin, dass in der Wannseevilla schreckliche Verbrechen geplant wurden. (Fotos: Caspar)

Als Beitrag zum Berliner Themenjahr „Zerstörte Vielfalt“ erinnert eine Ausstellung im Haus der Wannseekonferenz gemeinsam mit dem Aktiven Museum Faschismus und Widerstand bis zum 31. Oktober 2013 an den jüdischen Widerstandskämpfer und Auschwitz-Überlebenden Joseph Wulf. Der vor einhundert Jahren geborene Wulf war einer der Vorreiter der Forschung in Deutschland über die Verbrechen des Nationalsozialismus. Da er sich bereits in den 1960-er Jahren für die Einrichtung eines „Dokumentationszentrums zur Erforschung des Nationalsozialismus und seiner Folgeerscheinungen“ in dem Haus am Großen Wannsee 56-58 einsetzte, in dem am 20. Januar 1942 die berüchtigte Wannsee-Konferenz stattfand, hat er für die Gedenk- und Bildungsstätte besondere Bedeutung. Nach seiner Befreiung aus dem Vernichtungslager Auschwitz lebte Wulf zunächst in Polen, ging dann aber nach Paris und ließ sich 1952 in Berlin (West) nieder. Die Ausstellung zeichnet das Leben des streitbaren Publizisten nach, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, gegen den weitgehend durch Verharmlosung und Leugnung der NS-Verbrechen geprägten Zeitgeist in der Bundesrepublik Deutschland den Holocaust zu erforschen und die Öffentlichkeit für dieses Thema zu sensibilisieren.

Obwohl es viele Befürworter seines Plans gab, das Haus der Wannseekonferenz in eine Gedenk- und Bildungsstätte umzuwandeln, stieß Wolf mit seiner Forderung beim Wes-Berliner Senat auf wenig Resonanz. Resigniert stellte er einmal fest, und dieses Zitat findet sich auch in der Ausstellung, er habe 18 Bücher über das Dritte Reich geschrieben, doch hätten diese keine Wirkung gehabt. „Du kannst dich bei den Deutschen tot dokumentieren, es kann in Bonn die demokratischste Regierung sein und die Massenmörder gehen frei herum, haben ihr Häuschen und züchten Blumen“.

Erst nach Wulfs Freitod am 10. Oktober 1974 kam Bewegung in das Vorhaben, und so konnte die Gedenk- und Bildungsstätte im Januar 1992 eröffnet werden, ein halbes Jahrhundert nach der Tagung „mit anschließendem Frühstück“, in der hohe NS-Funktionäre Einzelheiten für die Ermordung von mindestens elf Millionen europäischen Juden festlegten. Protokollführer Adolph Eichmann bedauerte später, dass „nur“ sechs Millionen Juden ermordet wurden und sagte 1961 beim Prozess in Jerusalem, für die Konferenzteilnehmer sei die Ermordung jener Juden, die nicht „durch Arbeit“ umkamen, so selbstverständlich gewesen, dass das konkrete Vorgehen im Protokoll nicht extra vermerkt werden musste. Nach einem von der Weltpresse mit großer Anteilnahme verfolgten Gerichtsverfahren wurde Eichmann am 12. Dezember 1961 zum Tod verurteilt und am 1. Juni 1962 hingerichtet. Im Abschiedsbrief an seine Frau behauptete der fanatische Antisemit: „Ich bin das Opfer eines Fehlschlusses. Meine Schuld war mein Gehorsam.“

Die Ausstellung „Meine eigentliche Universität war Auschwitz“ über Joseph Wulf kann von 10 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt besichtigt werden. Für Interessenten stehen die Bibliothek und Mediathek montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr offen. Führungen werden am Samstag und Sonntag um 16 und 17 Uhr angeboten.

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