Adler in allen Varianten - Das Design des deutschen Wappenvogels muss sich dem der Münzvorderseite anpassen



Unterschiedlicher kann der Adler auf Münzen der Bundesrepublik Deutschland nicht ausfallen, hier zu sehen auf Silbermünzen von 1966 und 1967 sowie von 1972 und 1987. (Foto: Caspar)

Die Frage, ob es bestimmte Regeln für die Darstellung des Adlers auf Münzen der Bundesrepublik Deutschland gibt, kann man mit ja und mit nein beantworten. Wenn man von einer Regel sprechen will, dann ist es die, dass der Wappenvogel auf den Bundesmünzen immer neu gestaltet werden und sich im Duktus der Kehrseite anpassen muss. Das mögen die einen kritisieren, hingegen empfinden andere den Variantenreichtum als gut und angemessen. Bei Ausschreibungen für den künstlerischen Wettbewerb wird stets darauf hingewiesen, dass Vorder- und Rückseite miteinander harmonieren sollen. Die von den Preisgerichten gefundenen Lösungen mag man als gelungen bezeichnen, manchmal aber kommt man nicht umhin, sie als missraten zu bezeichnen, und dann hagelt es Kritik, die aber an dem Ergebnis nichts mehr ändert. So haben Teile der Öffentlichkeit am ersten deutschen Bundesadler auf dem bekannten silbernen, zwischen 1951 und 1974 geprägten Fünf-Mark-Stück Anstoß genommen, der recht dünn, ja geradezu mickrig daher kommt. Das gleiche widerfuhr dem als „fette Henne“ verspotteten Adler auf den zwischen 1975 und 2001 geprägten Fünf-Mark-Münzen und bei anderen Geldstücken.

Wenn wir in die deutsche Münzgeschichte zurück blicken, dann sehen wir, dass der Reichsadler immer recht eigenwillig daher kommt. Mal hat er einen, mal zwei Köpfe, mal ist sein Gefieder am Körper angelegt, mal ist es stolz ausgebreitet. Beim Adler des 1871 gegründeten Deutschen Reichs kann man eine interessante Entwicklung beobachten. Die nach der Reichseinigung gebräuchliche Fassung zeigt zunächst einen eher schmalen gekrönten Adler mit dem preußischen Wappenvogel auf der Brust, der von der Kette des 1701 vom preußischen König Friedrich I. gestifteten Hohen Ordens vom Schwarzen Adler umschlossen ist. Dieser Reichsadler erhielt auf Weisung des 1888 auf den Thron gelangten und an Fragen der Heraldik interessierten preußischen Königs und deutschen Kaisers Wilhelm II. eine „breite“ Gestalt, die auf den bis zum Ende der Monarchie 1918 geprägten Münzen erscheint. Die dort verbreitete Langeweile hat nicht jedem gefallen, und so gab es in der Kaiserzeit es Bestrebungen, das Design zu modernisieren und den Reichsadler etwas gefälliger und bewegter darzustellen. Wir können die Ergebnisse solcher Vorstöße auf einigen nach 1900 geprägten, vom damals beliebten Jugendstil inspirierten Münzen, aber noch viel mehr auf Probestücken beobachten, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht zur Ausführung kamen. Auf den Münzen der Weimarer Republik kommen verschiedene, dem Duktus der Vorderseiten angeglichene Reichsadler vor. Ebenso ist das Hoheitszeichen auf Geldstücken des so genannten Dritten Reichs unterschiedlich mal mit Hakenkreuz und mal ohne dieses abgebildet.

Wer sich mit der Entwicklung des deutschen Wappenvogels befasst und systematisch sucht und forscht, bekommt eine interessante Serie von den mittelalterlichen Adlerdarstellungen stets mit einem Kopf bis zum heutigen Bundesadler zusammen. In diese Reihe könnte man auch die Wappenvögel anderer Länder wie Russland, Polen und Österreich legen. Wenn wir das österreichische Staatswappen aus der Zeit der k. und k.-Monarchie bis 1918 und aus der republikanischen Periode betrachten, dann können wir ähnliche Beobachtungen anstellen. Übrigens trug der Adler der Alpenrepublik nicht immer einen Hammer und eine Sichel in seinen Klauen, denn diese Symbole für die neu gewonnene Freiheit und Demokratie wurden in den 1934 beseitigt, als erzkonservative, ja austrofaschistische Kräfte in Österreich an der Macht waren und sich das nationalsozialistische Deutschen Reich im März 1938 handstreichartig die Alpenrepublik einverleibte. Mit diesem Akt endete Österreichs selbstständige Münzprägung, die nach einer Pause von zwölf Jahren wieder aufgenommen wurde. Zuvor war die Wiener Münze mit dem Kennbuchstaben „B“ für das Deutsche Reich tätig. Der seit 1950 auf Münzen der Zweiten Republik verwendete Adler trägt wieder Hammer und Sichel in den Klauen. Eine gesprengte Kette unterstreicht, dass das Land seine Freiheit und Souveränität zurück gewonnen hat. Nach der Beseitigung der Zarenherrschaft durch die Februarrevolution von 1917 hatte auch der gekrönte Doppeladler im Russischen Reich ausgedient. Sowjetrussland wählte Hammer und Sichel auf der Weltkugel zu seinem Symbol. Nach dem Ende der Sowjetunion erweckte die neu gegründete Russische Föderation den Doppeladler zu neuem Leben. Doch während er auf Münzen ohne jedes Attribut erscheint, verwendet der russische Staat den gekrönten Zarenadler wie vor 1917 als sein Wappen, womit er an alte Macht und Herrlichkeit anzuknüpfen versucht.

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