Friede den Hütten, Krieg den Palästen - Bundesrepublik Deutschland ehrt 2013 den Dichter Georg Büchner mit einer Gedenkmünze



In der Stuttgarter Münze beginnt demnächst die Prägung der dem Dichter, Wissenschaftler und Revolutionär Georg Büchner gewidmeten Zehn-Euro-Münze. F (Foto: Wuthenow/Gross)



Die Vorderseite der neuen Gedenkmünze lehnt sich an ein Büchner-Porträt aus dem 19. Jahrhundert an. (Repro: Caspar)

Fünf Gedenkmünzen im Wert von zehn Euro kommen jährlich in der Bundesrepublik Deutschland heraus, und eine von ihnen ehrt 2013 den Dichter Georg Büchner, der vor 200 Jahren, am 17. Oktober 1813, in Goddelau bei Darmstadt geboren wurde. Die Münze wird in Stuttgart (Buchstabe F) aus Silber beziehungsweise Neusilber in Stuttgart nach einem Modell von Eugen Ruhl (Pforzheim) geprägt. Fast alle eingereichten Vorschläge lehnen sich an ein Porträt des am 19. Februar 1837 in Zürich jung verstorbenen Dichters und Revolutionärs an. Seine Dramen „Dantons Tod“ und „Woyzek“, das Novellenfragment „Lenz“, das Lustspiel „Leonce und Lena“, die Kampfschrift „Hessischer Landbote“ und weitere Arbeiten sind nicht vergessen. Vielmehr nehmen sie in der deutschen Literatur und Geschichte des Vormärz sowie in der Theaterlandschaft einen ehrenvollen Platz ein.

Neben E. T. A. Hoffmann und Heinrich Heine sei Büchner der bedeutendste deutsche Dichter des frühen 19. Jahrhunderts und neben Grimmelshausen und Goethe der größte hessische Dichter gewesen, erklärt Prof. Dr. Burghard Dreher von der Forschungsstelle Georg Büchner der Philipps-Universität Marburg. Das wirkungsmächtige, facettenreiche, seit 1890 jede junge Generation von neuem aufwühlende und inspirierende und bis heute nicht ausgeschöpfte Werk sei in nur drei Jahren seines kurzen Lebens entstanden, stellt der Experte fest. Im Hauptberuf war Büchner, der Sohn eines Arztes, Zoologe erst in Straßburg, dann in Zürich. Den bedrückenden Verhältnissen seiner Zeit stand Georg Büchner kritisch gegenüber. Da er als Autor politisch „missliebiger“ Werke, Gründer der geheimen Gesellschaft für Menschenrechte und Rufer für die Umwandlung des deutschen Fürstenbundes in eine Republik zuhause nicht mehr sicher war und per Steckbrief gesucht wurde, floh er ins französische Straßburg. Dort veröffentlichte er eine Untersuchung über das Nervensystem von Fischen. Weil er sich hier nicht sicher fühlte, ging er weiter als Dozent nach Zürich. Dort starb der gelegentlich von Schwermut geplagte Dichter tragischer und komischer Stücke und Naturforscher am 19. Februar 1837 an den Folgen einer Typhusinfektion.

Die Büchner-Münze zeigt einen jungen, neugierig und kritisch dreinschauenden Mann mit gewelltem Haupthaar. Die „altdeutsche“ Tracht drückt laut Urteil des Preisgerichts die freiheitliche, revolutionäre Gesinnung des Dichters und Naturwissenschaftlers aus. Zwei Schriftkreise umschließen das Bildnis. Die äußere Umschrift nennt den Anlass der Gedenkprägung, die innere zitiert mit FRIEDE DEN HÜTTEN KRIEG DEN HÜTTEN aus Büchners 1834 veröffentlichter Schrift „Hessischer Landbote“. Das Motto ist aus einem französischen Pamphlet übernommen, das in der Revolutionszeit nach 1789 der Aristokratie den Kampf ansagte und forderte, dass das Volk eine friedliche Herrschaft antreten soll. Die Jury lobt den Gesamteindruck des Ruhl’schen Entwurfs mit den Worten, die klassische Porträtauffassung und der konventionelle Charakter der Wertseite erzeuge „eine positiv zu wertende inhaltliche Spannung zur revolutionären Sprengkraft von Georg Büchners Ideen“.

Wie immer hatte die Jury bei der neuen Gedenkmünze die Qual der Wahl, denn auch andere Vorschläge zeigen Büchners Porträt. Lediglich der mit einem vierten Platz belegte Vorschlag von Antje Born (Halle an der Saale) löst sich von dieser Vorlage und nennt auf mehreren untereinander angebrachten Schriftzeilen die wichtigsten Werke des Dramatikers, Erzählers, Philosophen, Revolutionärs und Zoologen. Indes fehlt der Jury bei der ausschließlichen Verwendung von typografischen Mitteln „eine optische Entsprechung zu Büchners dynamischer Werkdimension“. Bei dem mit dem dritten Preis ausgezeichneten Entwurf von Carsten Theumer (Salzatal/Höhnstedt) wird bemängelt, dass er dem Charakter Georg Büchners als Freidenker und Grenzüberschreiter nicht gerecht wird. Die neue Gedenkmünze zitiert mit ihrer Randschrift das Bekenntnis ICH BIN SO JUNG UND DIE WELT IST SO ALT. Wer nicht Büchner-Fachmann ist, wird das selbstmitleidige Motto aus einem Dialog in einem Wirtshaus zwischen Valerio und Leonce eigenartig und unpassend finden und muss erst einmal in dem auch heute gespielten Stück „Leonce und Lena“ nachlesen, um den Sinn zu verstehen.

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