Blick in Berliner Geldgeschichte - Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“ stellt Fundmünzen aus dem Mittelalter und der Neuzeit vor



Ein- und zweiseitig geprägte brandenburgische und Berliner Denare sowie ein Prager Groschen aus der Zeit um 1300 und rechts ein Brandenburger Groschen aus der Zeit um 1460 gehören zu den ältesten Fundstücken, die die Ausgräber im Bereich des Roten Rathauses entdeckt haben. (Foto: AiD 2/2013)



Seit dem 17. Jahrhundert bediente man sich der Spindelpresse für die Herstellung von besseren Sorten und von Medaillen. Das Relief schmückt den als Museum genutzten Martin-Gropius-Bau im Berliner Bezirk Tiergarten. (Foto: Caspar)

Bevor Bauarbeiter anrücken, sind Archäologen mit Schippen, Spachteln und Pinseln dabei, alte Mauern und Gewölbe freizulegen und die Hinterlassenschaften unserer Vorfahren zu bergen. Die Münzen, die in den Fundamenten des ehemaligen Berliner Rathauses ans Tageslicht kamen, werfen ein bezeichnendes Licht auf den alltäglichen Kleingeldverkehr in der kurbrandenburgischen und königlich-preußischen Doppelstadt Berlin-Cölln und unterstreichen, dass man hier nichts dabei fand, sich einheimischer und auswärtiger Sorten zu bedienen. Die Ausgrabungen erfolgten im Zusammenhang mit dem Bau der U-Bahn-Trasse 5 von der Straße Unter den Linden und der Friedrichstraße zum Alexanderplatz. Die unterirdischen Reste des mittelalterlichen Rathauses sollen nach dem Wunsch der Berliner Archäologen als eine Art Fenster sichtbar bleiben und in einen U-Bahnhof integriert werden.

In einem Beitrag für die Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“ (AiD, Heft 2/2013) erläutert der Archäologe Michael Hofmann vom Berliner Landesdenkmalamt einige der insgesamt 751 bei den Grabungen vor dem Roten Rathaus entdeckten Münzen. Von ihnen hätten sich 485 Exemplare nach ihrer Restaurierung als so gut erhalten erwiesen, dass man sie bestimmen konnte. „Die Funde stammen aus den Lauf- und Auffüllschichten bzw. aus Gruben und Baugruben des ca. 1,5 m eingetieften Rathausuntergeschosses. Das älteste Stück ist ein Prager Groschen von Wenzel II., der um 1300 geprägt wurde, das jüngste ist ein Pfennig von 1794 aus der Berliner Münzstätte“, beschreibt Hofmann die zeitliche Breite der Funde in den frei gelegten Gewölben des Berliner Rathauses. Es war Ende des 13. Jahrhunderts an der heutigen Rathausstraße/Ecke Spandauer Straße errichtet worden und wurde danach immer wieder umgebaut und erweitert. Längst für die Zwecke der Kommunalverwaltung zu eng geworden, musste es nach 1865 dem Neubau des heutigen Roten Rathauses weichen.

Die Münzen wurden nicht wie üblich in einem Topf verborgen, sondern waren über eine größere Fläche verstreut. Hofmann nimmt an, dass sich viele Stücke in den Ritzen der Holzdielen verkrümelt haben, mit denen die Fußböden der von Kaufleuten und anderen Personen genutzten Räumlichkeiten bedeckt waren. In einer speziellen Publikation wollen Michael Hofmann und der Berliner Numismatiker Klaus Priese die aus ein- und zweiseitig geprägten Silberstücken, ferner aus Groschen und Pfennigen und weiteren Nominalen bestehende Fundmasse analysieren und publizieren, und es ist auch zu erwarten, dass die Geldstücke in einem der nächsten Jahrbücher der Reihe „Archäologie in Berlin und Brandenburg“ vorgestellt werden, die seit 1992 im Konrad Theiss Verlag Stuttgart erscheinen und da und dort auch Münzfunde in beiden Bundesländern berücksichtigen. Viele bei den Grabungen auf dem Gelände des alten Berliner Rathauses entdeckte Münzen aus dem 17. Jahrhundert sind minderwertige, mit dem kurbrandenburgischen Zepter beziehungsweise dem Adlerwappen geschmückte Landmünzen im Wert zwischen einem und sechs Pfennigen. Entdeckt wurde eine numismatische Rarität in Gestalt eines Groschen der Stadt Berlin von 1667. Er erinnert daran, dass es der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm zwischen 1661 und 1666/7 seiner Haupt- und Residenzstadt erlaubte, eigenes Geld herzustellen. Da die Berliner Münze 1666 geschlossen wurde, existieren nur wenige Probeabschläge mit der Jahreszahl 1667.

Zusammenfassend schreibt Michael Hofmann, die Fundstücke spiegelten die Krisen im Münz- und Wirtschaftssystem Brandenburg-Preußens wider, „da die Münzproduktion oftmals als Einnahmequelle genutzt wurde, wodurch es zu fallenden Wechselkursen und Preissteigerungen kam, die Handel und Gewerbe hemmten und schweres Leid für große Teile der Bevölkerung brachten“. Bliebe noch hinzuzufügen, dass die Berliner Münze mehrfach ihren Standort wechselte und Bilder der Gebäude außen und innen bis zum frühen 19. Jahrhundert nicht überliefert sind. Wie es aber in den engen, rauchigen Schmieden zuging, schildern historische Glasbilder, Grafiken und natürlich die erhalten gebliebenen Werkzeuge und seit der Barockzeit auch Prägepressen, über deren Aussehen man in der Ausstellung des Berliner Münzkabinetts im Bode Museum auf der Museumsinsel, in der Staatlichen Münze an der Ollenhauerstraße im Berliner Bezirk Reinickendorf und an anderen Orten bestens informiert wird.

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