Taler, Taler, du musst wandern - Wiege einer weltbekannten Silbermünze stand in Hall in Tirol



Erzherzog Sigmund der Münzreiche ging als Stifter eines neuen Nominals in die Münzgeschichte ein, oben ein ganzer Guldengroschen von 1486 und darunter das Halbstück von 1484.



In der Burg Hasegg zu Hall in Tirol wurden Guldengroschen und viele andere Münzen geprägt, heute ist in dem eindrucksvollen Turm ein Münzmuseum untergebracht. (Fotos: Caspar)

Wir kennen das alte Kinderlied „Taler, Taler du musst wandern“, doch wer außer von uns Münzsammlern hielt je einen alten Taler in der Hand? Wissen wir dann auch, dass die Wiege des Talers in der Tiroler Bergstadt Hall stand? Als dort 1486 Erzherzog Sigmund von Tirol, genannt der Münzreiche, das ungewöhnlich große und schwere Silberstück als Äquivalent des Goldgulden prägen ließ, hieß es noch anders - Moneta Nova (Neue Münze), Großer Pfennig oder Uncialis nach dem Gewicht von etwa einer Unze zu rund 32 Gramm. Erst im Verlauf des 16. Jahrhunderts wurde der Name Thaler oder Taler, abgeleitet von der böhmischen Bergstadt Sankt Joachimsthal, auf die ganze Münzgattung übertragen und ist heute als Dollar präsent.

Die Prägung des ungewöhnlich großen und schweren Guldengroschen in der Haller Burg Hasegg war die Antwort des Tiroler Erzherzogs, der über erhebliche Silberressourcen verfügte, auf geringes Goldvorkommen sowie auf Probleme mit dem Nachschub von diesem Metall aus dem Orient. Die neuen Guldengroschen und ihre Teilstücke boten den Stempelschneidern eine ausgezeichnete Möglichkeit, durch Darstellung von Fürsten- und Heiligenporträts sowie von Wappenschildern ihr Können unter Beweis zu stellen. Außerdem eigneten sie sich sehr gut, um wichtige Ereignisse der jeweiligen Regentschaft sowie Herrschaftsansprüche abzubilden und damit ähnlich wie schon in der Römerzeit fürstliche Propaganda zu betreiben.

Das von Sigmund kreierte Münzsystem bestand aus dem Sechs-Kreuzer-Stück, dem Pfundner (12 Kreuzer) sowie dem Halbguldiner (30 Kreuzer) und dem Guldiner (60 Kreuzer, später Taler genannt). Auf die Nennung des Münznominals, etwa „1 Guldengroschen“ hat man verzichtet, man wusste ja, womit man bezahlt. Wenn überhaupt, dann wurden die Münzen nur als MONETA NOVA, als Neue Münze, ausgewiesen. Erst in der Barockzeit wurde es üblich, auf den entsprechenden Geldstücken kundzutun, dass sie einen Taler oder Dukaten wert sind. Handelte es sich um Mehrfachtaler, wurden Zahlenpunzen eingeschlagen, und man wusste dann, welchen Wert sie Stücke haben.

Dass seine etwa 32 Gramm schweren Silberguldiner den gleichen Wert der Goldgulden haben, unterstrich Sigmund durch Übernahme des Vorderseitenbildes mit dem erzherzoglichen Standbild. Hingegen zeigt der Halbguldiner von 1484 den Landesherrn mit einer strahlenförmigen Krone, und auch auf den Zwölf-Kreuzer-Stücken ist er im Profil dargestellt. Bemerkenswert ist das Bemühen der Stempelschneider, den Tiroler Landesfürsten lebenswahr zu porträtieren. Für diese Neuerung im Geist der Renaissance gab es Vorbilder in Italien, wo man bereits Mitte des 15. Jahrhunderts realistische Fürstenbildnisse auf Münzen und bald auch auf Medaillen setzte.

Einer der ersten Potentaten, der die von Sigmund dem Münzreichen kreierten schweren Silberstücke von 1486 nachahmte, war Herzog Renatus von Lothringen, der sich bereits 1488 auf einem Guldiner darstellen ließ. 1494 brachte die Stadt Bern eine weitere Münze dieser Art mit dem Bild des Heiligen Vinzenz und dem zweifachen Wappenkranz um einen Bären und einen Adler heraus. Die Ähnlichkeit mit dem Haller Vorbild von 1486 ist bei diesen und weiteren Silberstücken nicht zu übersehen und war auch gewollt, um Ebenbürtigkeit mit der Tiroler Guldengroschen zu unterstreichen. Manche Stücke kommen mit alter Vergoldung und mit Henkelspuren vor, was auf ihre Nutzung für Schmuckzwecke weist.

Die kurz vor und nach 1500 geprägten Guldengroschen aus dem Bistum Sitten sowie aus Hessen, Sachsen, Salzburg, Ungarn, Württemberg und anderen Territorien werden Inkunabeltaler in Anlehnung an die seit Johannes Gutenberg produzierten Wiegendrucke genannt. Unübersehbar sind die Bezüge zur spätgotischen Skulptur und Malerei. Betrachtet man die Details, so erkennt man die Liebe der Stempelschneider zu gotischen Ornamenten und Einfassungen. Repräsentativen Charakter haben auch die Taler und Doppeltaler, auf denen der römisch-deutsche Kaiser Maximilian I. reitend oder mit seinem Brustbild dargestellt ist. Auf einem dieser kunstvoll geschnittenen Doppelguldiner, also Doppeltaler, erscheint Maximilian I. reitend in voller Rüstung mit einer Fahne und dem Doppeladler darauf. Auf der Rückseite umschließen 26 Wappen jener Länder, die dem Kaiser untertan waren oder auf die er Ansprüche erhob, den Reichsadler. Dieser in Hall in Tirol hergestellte Krönungstaler war offensichtlich so beliebt, dass er mehrfach nachgeprägt wurde, um ihn für Repräsentations- und Geschenkzwecke zu verwenden. Dass von Talern gelegentlich Nachprägungen und Nachgüsse, Doppelstücke und sogar Abschläge auf viereckigen Klippen hergestellt wurden, unterstreicht die Rolle, welche solche Großsilbermünzen als Geschenk- und Verehrpfennige, wie man damals sagte, spielten.

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