Mit geflügelter Schlange - Der Wittenberger Maler Lucas Cranach der Jüngere wird 2015 durch eine Gedenkmünze geehrt



Die Lucas Cranach dem Jüngeren gewidmete Zehn-Euro-Münze wird 2015 nach einem Entwurf von Erich Ott geprägt.



Bereits 1971 und 1972 haben die DDR und die Bundesrepublik Deutschland mit Gedenkmünzen an Albrecht Dürer und Lucas Cranach den Älteren erinnert.
(Fotos: BADV, Caspar)

Wenn die Rede auf den Wittenberger Maler und Grafiker Lucas Cranach kommt, ist meist von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553) die Rede. Ihm hat 1972 die DDR eine von Axel Bertram gestaltete silberne Zwanzig-Mark-Münze gewidmet, auf der man das Signet des kursächsischen Künstlers erkennt, die geflügelte Schlange. Der Meister unterhielt in Wittenberg eine florierende Malerwerkstatt, in der er persönlich tätig war, aber auch viele Angestellte nach seinen Entwürfen arbeiten ließ. 2015 nun wird der in dieser Werkstatt ausgebildete Sohn, Lucas Cranach der Jüngere (1515-1586), durch ein Zehn-Euro-Stück aus Silber und aus Neusilber geehrt. Auch dieses Stück ist mit der geflügelten Schlange geschmückt. Die Jury betonte in ihrem Votum für den Entwurf des Münchner Designers Erich Ott, die geflügelte Schlange stehe für die Kontinuität und Produktivität der Cranach-Werkstatt. „Der preisgekrönte Münzentwurf zeichnet sich durch eine souveräne Umsetzung des gewählten Motives in das Rund aus. Zur Schlange im feinen Relief passt gut die moderne Schrift, die in aller Klarheit den Geehrten mit seinen Lebensdaten nennt. Vorder- und Rückseite harmonieren in der Gestaltung, die alle Anforderungen an eine würdige Gedenkmünze der Bundesrepublik Deutschland im Vorfeld des großen Reformationsjubiläums erfüllt“.

Die geflügelte und gekrönte Schlange war naheliegend, doch ist ihre Wahl nicht gerade originell, denn es gab für den künstlerischen Wettbewerb auch Vorschläge mit dem bärtigen Bildnis von Cranach dem Jüngeren und sogar ein Modell, auf dem Martin Luther und Philipp Melanchthon, die führenden Köpfe der Reformationsbewegung, nach Vorlagen von Lucas Cranach dem Jüngeren dargestellt sind. Doch war für das Preisgericht wohl der hohe Erkennungswert entscheidend, den die Cranach-Schlange nun einmal hat, und deshalb erscheint sie auf der Gedenkmünze von 1972 und der von 2015. Die neue Ausgabe stellt eine Art Ehrenrettung für einen Künstler dar, den die Kunstgeschichtsschreibung lange zu Unrecht mit Geringschätzung bewertet hat. Dies geschah sicher auch deshalb, weil im Unterschied zu seinem Vater aus dem Leben des Sohns wenig bekannt ist und sein Werk nicht als eigenständig erkannt wurde.

Der Sohn des alten Cranach wurde in eine Zeit hinein geboren, in der der Thesenanschlag von Martin Luther 1517 an die Schlosskirche zu Wittenberg seine volle Wirkung entfaltete und den unbändigen Zorn der zur Umkehr und Einkehr aufgeforderten Papstkirche erregte. Mit seinen 95 Forderungen für die grundlegende Reformierung der Kirche an Haupt und Gliedern und gegen das elende Ablassunwesen bewirkte der mit Lucas Cranach dem Älteren befreundete Wittenberger Kirchenrebell gewissermaßen eine Wende in der deutschen und internationalen Kirchengeschichte, publizistisch unterstützt und durch das damals erst 80 Jahre alte Medium des Buchdrucks. Für ihn lieferte die Cranach-Werkstatt unzählige zum Teil sehr bissige Illustrationen in Form von Holzschnitten und Kupferstichen. In die Lebenszeit von Vater und Sohn fielen der Bauernkrieg von 1525 und die Religionskriege Mitte des 16. Jahrhunderts, aber auch die Pest in der kurfürstlichen Residenz- und Universitätsstadt Wittenberg. Da der ältere Cranach 1550 im Zusammenhang mit der Niederlage des Kurfürsten Johann Friedrich in der Schlacht von Mühlberg seine Heimatstadt verlassen musste und seinem Herrn nach Augsburg folgte, wurde der jüngere Cranach Chef der Wittenberger Malerwerkstatt. Nach dem Tod des Vaters 1553 wurde er Oberhaupt der Cranach-Familie, die zu den ersten in Wittenberg gehörte und am Schlossplatz 1 ein großes Haus führte. Das hohe Ansehen, das der jüngere Cranach als Maler und Kommunalpolitiker besaß, sicherte ihm einflussreiche Positionen in der Wittenberger Stadtverwaltung als Bürgermeister und Ratsherr, und sie gestattete es ihm auch, in der Stadt einige Neuerungen zum Wohl der Bürger einzuführen, darunter die Modernisierung der Wasserversorgung der Stadt. Nebenher betrieb Cranach der Jüngere einen Weinausschank, besaß Anteile an einem Zinnbergwerk und auch ein Rittergut. Dies alles stärkte die materielle Grundlage der Familie, die bis heute in Gestalt der Chranachiden fortlebt.

Vater und Sohn konnten sich über einen Mangel an Aufträgen für das sächsische Herrscherhaus und andere Dynastien, aber auch für Kirchgemeinden, Hofbeamte und reiche Patrizier nicht beklagen. Mit ihren Bildern und Grafiken trugen die Künstler wesentlich zur Verbreitung der Lutherschen Lehre bei. Ihre Illustrationen für die von Luther ins Deutsche übersetzte Bibel waren populär. Zu den Spezialitäten von Lucas Cranach dem Jüngeren gehörten ganzfigurige Portäts von Luther, Melanchthon und anderen Protagonisten der Reformation, und sie werden 2017 in Wittenberg und an anderen Orten zu sehen sein, wenn deren Fünfhundertjahrfeier begangen wird. Dabei werden sicher auch Münzen und Medaillen mit Bezug auf die Reformation sowie auf die Glaubenskriege gezeigt werden, die ihr gefolgt sind.

Die neue Cranach-Münze könnte der Anfang einer Sammlung von Münzen und Medaillen sein, die berühmte Maler und Grafiker ehren. Es kämen hier, um nur bei den deutschen Münzen zu bleiben, Albrecht Dürer 1928 und 1971, Käthe Kollwitz 1967 und 1992, Caspar David Friedrich 1974, Adolph Menzel 1980, Ernst Barlach 1988 (war Bildhauer, Grafiker und Dichter), Karl Friedrich Schinkel 2006 (war auch Maler und Designer), Wilhelm Busch 2007 und Carl Spitzweg 2008 infrage.

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"