Bismarck, Leipzig und Dornröschen - Das deutsche Gedenkmünzenprogramm von 2015 sieht acht Ausgaben vor

Als am 1. April 1815 Otto von Bismarck im altmärkischen Schönhausen geboren wurde, konnte niemand wissen, dass er eines Tages preußischer Diplomat und Ministerpräsident sowie ab 1871 Kanzler des Deutschen Reiches werden würde. „Ich brauche keine Denkmäler, mein Denkmal ist das Deutsche Reich“ soll der engste Mitarbeiter von Kaiser Wilhelm I. gesagt haben. Doch niemand hielt sich an den Wunsch des Politikers, dessen Lebensmotto „Fürs Vaterland verzehre ich mich“ war. Dutzende Bismarckstatuen, -büsten und –steine wurden ihm zu Ehren zu seinen Lebzeiten errichtet. Nach seinem Tod im Jahr 1898 trieb die Bismarck-Manie mannigfache Blüten. Schon 1906 zählte man bereits 306 dem „eisernen Kanzler“ gewidmete Denkmäler aller Art sowie zahlreiche Bismarcktürme, -säulen und -obelisken. Überall begegnete man dem Politiker in Bronze und Stein - stehend, sitzend, zu Pferde, in Uniform und Zivilkleidung, barhäuptig oder mit der Pickelhaube auf dem Kopf, als Schmied und Lotse, als kämpferischer Redner oder als Spaziergänger mit Hund. Unübersehbar ist die Menge der mit seinem Konterfei bemalten Tabakspfeifen, Krüge und Wandteller, nicht zu vergessen die Klappmesser, Küchenhandtücher und Kissenplatten und all die Ruhmesblätter und Ehrendiplome. Dazu kommen zahllose Medaillen mit dem Bildnis des Kanzlers mal mit Helm oder Schlapphut oder barhäuptig, mal in Uniform oder in ziviler Kleidung. Bismarck kommt auf geprägtem Metall als antiker Held und als mittelalterlicher Roland daher, und er wird als Redner vor dem Parlament mit markanten Zitaten verherrlicht. Geprägtes Metall feiert ihn als Liebling des Vaterlands und als Schrecken seiner Feinde, als Unsterblichen und Titan, als „Alldeutschlands Schutzgeist“. Beliebt waren auch Darstellungen, die ihn und seinen kaiserlichen Herren beziehungsweise führende Militärs des kaiserlichen Deutschland, allen voran Albrecht von Roon und Helmuth von Moltke, gemeinsam zeigen.

Zu Bismarcks 200. Geburtstag gibt die Bundesrepublik Deutschland 2015 eine Gedenkmünze zu zehn Euro heraus. Der künstlerische Wettbewerb ist angelaufen, und auch die Staatliche Münze Berlin ist als Prägeort für die Ausgabe in Silber beziehungsweise in einer Kupfer-Nickel-Version bestimmt. Im Unterschied zu den zahllosen Bismarck-Medaillen, die seit mehr als einhundert Jahren herausgebracht wurden, gelang es weder zur Kaiserzeit noch in der Weimarer Republik, aber auch nicht während der NS-Diktatur und danach im geteilten Deutschland, dem Politiker eine Gedenkmünze zu widmen. Als 1915 der einhundertste Geburtstag des Reichskanzlers gefeiert wurde, tobte der Erste Weltkrieg. Kaiser Wilhelm II., der 1890 den ihm lästig gewordenen Bismarck unter wenig ehrenvollen Umständen zum Rücktritt genötigt hatte, und die Reichsregierung sahen keinen Grund, ihn durch ein Drei-Mark-Stück zu ehren. Statt seiner erinnerte Preußen, der größte Territorialstaat im Deutschen Reich, mit eben diesem Wert an die hundertjährige Zugehörigkeit der Grafschaft Mansfeld zum preußischen Staat.

Bismarck-Verehrer mussten in der Kaiserzeit nicht ganz auf Bismarck-Taler verzichten. Allerdings sind diese Silberstücke in der Größe der damaligen Vereinstaler keine regulären Münzen, sondern private Produkte, die nur so tun, als seien sie reguläres Geld. Als die Zahl solcher Gedenk-„Münzen“ mit dem Bildnis des Reichskanzlers und von anderen Spitzen der damaligen Gesellschaft überhand nahm, wurde ihre Emission verboten. –

Sammler können sich 2015 auf eine Zehn-Euro-Münze zur Tausendjahrfeier der Messe-, Buchdruck- und Universitätsstadt Leipzig freuen. Das 600-jährige Bestehen ihrer Universität wurde bereits 2009 auf einer von Dietrich Dorfstecher gestalteten Zehn-Euro-Münze gewürdigt. Sodann wird 2015 eine Zehn-Euro-Münze mit dem Motiv Dornröschen innerhalb der Serie mit Motiven aus der Märchensammlung der Brüder Grimm, ferner der gleiche Wert zum 500. Geburtstag des Wittenberger Malers Lucas Cranach und eine Ausgabe zum 150-jährigen Bestehen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger erwartet. Außerdem erscheinen zwei Goldmünzen zu 20 Euro mit der Darstellung eine Lindenblatts beziehungsweise zu 100 Euro, die das Obere Mittelrheintal als Teil des UNESCO-Weltkulturerbes würdigt. Die Serie mit Motiven aus den 16 deutschen Bundesländern wird 2015 auf einer Zwei-Euro-Münze Paulskirche in Frankfurt am Main fortgesetzt. Erwähnt sei, dass Otto von Bismarck in seiner Eigenschaft als Vertreter der preußischen Regierung ein gespanntes Verhältnis zu der Mainmetropole und insbesondere zur Paulskirche hatte, die in der Revolutionsjahren 1848 und 1849 Tagungsort der Deutschen Nationalversammlung war. Mit einem Federstrich schlug Bismarck nach dem deutsch-österreichischen Krieg von 1866 die alte Reichs- und Krönungsstadt und weitere Territorien dem preußischen Staat zu.

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