„Mutter der Städte“ - Die Prager Groschen wurden nicht in Prag, sondern in Kuttenberg geprägt



Mit dem 50-Kronen-Stück kann man kleinen Hunger oder Durst stillen.



Die Prager Münze existiert schon lange nicht mehr. Eine Gedenktafel am alten Münzgebäude erinnert an ihre Geschichte.



Der Prager Groschen wurde nicht in der Stadt an der Moldau, sondern in Kuttenberg geprägt. (Fotos: Caspar)

Prag ist zu jeder Jahreszeit eine Reise wert. Für Geschichts-, Kunst- und Architekturfreunde hält die ehemalige böhmische Residenz- und heutige Hauptstadt der Tschechischen Republik viele Sehens- und Merkwürdigkeiten bereit. Kirchen, Paläste und hoch aufragende Stadttore, uralte Rat- und Bürgerhäuser, Museen und Sammlungen sowie mehrere Brücken, Plätze und verwinkelte Straßen, aber auch eine geheimnisvolle Welt unter dem Straßenpflaster locken Millionen Touristen aus aller Welt an. Das Fünfzig-Kronen-Stück, mit dem man ein gutes Glas Bier oder zwei belegte Brötchen bekommt, würdigt die Metropole an der Moldau als „Mutter der Städte“. Abgebildet sind auf der in Jablonbec (Gablonz an der Lausitzer Neiße) geprägte Bimetallmünze Prager Sehenswürdigkeiten zwischen der Karlsbrücke und dem Hradschin. Das Ensemble auf der Prager Kleinseite besteht aus der Burg, dem Veitsdom sowie weiteren Kirchen, Palästen und Bürgerhäusern. Ursprünglich war der Hradschin eine 1320 gegründete selbstständige Stadt. Hier und in der Prager Altstadt residierten reiche und einflussreiche Adlige in stolzen, mit ihren Wappen geschmückten Palästen. Die Colloredo, Fürstenberg, Schwarzenberg, Waldstein (Wallenstein) und andere so genannte Neufürsten haben in der böhmischen und österreichischen Münzgeschichte interessante numismatische Spuren hinterlassen. Für sie war es eine Sache der Ehre, durch eigene Münzen zu glänzen. Der Münzhandel hält in seinen Lagerlisten und Auktionskatalogen interessante Angebote bereit.

Wer sich für böhmische und österreichische Münzen interessiert, findet in der Prager Altstadt ein ehemaliges Münzgebäude mit einer Gedenktafel an der Fassade. Die Inschrift wurde 1929 von der Numismatischen Gesellschaft als Erinnerung an die tausendjährige tschechischen Münzgeschichte angebracht. Zweimal wurde die Prager Münze geschlossen, und zwar 1784 im Rahmen der von Kaiser Josef, dem ältesten Sohn von Maria Theresia initiierten Reformen. Anstelle eines alten Hauses, in dem die Münzstätte seit 1539 untergebracht war, wurde das Pachta-Palais an der Ecke der Celetná und Ovocný trh (Zeltnergasse und des Obstmarkt) bis 1784 als Münzstätte genutzt. Benannt ist das Gebäude nach dem Grafen Franz Josef Pachta, der ab 1755 oberster Münz- und Bergmeister des Landes war. Der letzte römisch-deutsche Kaiser Franz II., ab 1806 Kaiser Franz I. von Österreich, erneuerte die Münze bereits 1795 und brachte sie im zuvor aufgehobenen Paulanerkloster auf dem Altstädter Ring unter. Dort wurden Münzen bis 1856 geprägt, von kleinen Pausen abgesehen. Das Recht zur Münzprägung gehörte von jener in Böhmen den Königen. Sie und ihre Untergebenen wachten mit Argusaugen darüber, dass das in den Bergwerken des Landes geschürfte Edelmetall ordnungsgemäß in klingende Münze verwandelt wird. Wie das geschah, kann man am unteren Ende des Prager Wenzelsplatzes beobachten. Dort sind in mittelalterliche Gewänder gehüllte „Münzknechte“ dabei, Medaillen in der Art der Prager Groschen herzustellen und an Schaulustige zu verkaufen. Sie erhitzen Messingronden auf einem Holzkohlenfeuer, packen sie mit Zangen und legen sie mit kühnem Schwung auf den Unterstempel, der in einen Amboss eingelassen ist, stellen den Oberstempel darauf und schlagen mit einem schweren Hammer zu. Mit einem kleinen Zischen verschwinden die stark erhitzten Stücke in einem Wasserbottich. Ganz zum Schluss werden sie mit einer weichen Bürste auf Hochglanz gebracht. Die Methode des „warmen Prägens“ wurde schon in der Antike genutzt, um bei Silber- und anderen Münzen ein hohes Relief zu erzielen.

Der bekannte Prager Groschen, nach dem bei der Schauvorführung immer wieder gefragt wird, entstand ab 1300 nicht in Prag, wie der Name vermuten lässt, sondern in Kuttenberg (Kutná Hora), etwa 70 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Auf den Geldstücken erscheint der eigentliche Name des Prägeorts nicht, vielmehr werden sie als GROSSUS PRAGENSIS ausgewiesen, als Prager Groschen. Noch heute sind im so genannten Welschen Hof zu Kutná Hora die alten Münzschmieden zu sehen, in denen zahlreiche Arbeiter das in der Nähe geschürfte Silber verarbeitet haben. Die Geldfabrik wurde bereits 1726 aufgehoben, nachdem der Ertrag der Gruben drastisch zurückgegangen war. In der Barbarakirche zu Kuttenberg sind spätmittelalterliche Wandgemälde erhalten, auf denen man Münzprägern und Bergleuten bei der Arbeit zuschauen kann. Ein österreichischer Doppelgulden aus dem Jahr 1887 würdigt mit der Darstellung des gotischen Gotteshauses die lange Tradition des Erzbergbaus in Kuttenberg und seine Wiederaufnahme unter Kaiser Franz Joseph I.

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