„Wir sind ein Volk“- Zum 25. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung wird eine neue Silbermünze geprägt



Die von Aleksander Sippli bediente Prägemaschine in der Staatlichen Münze Berlin braucht drei Hübe, bis das Prägebild auf beiden Seiten korrekt wiedergegeben ist.



Das neue 25-Euro-Stück erinnert an die deutsche Wiedervereinigung vor 25 Jahren und wird außer in Berlin auch in den anderen vier deutschen Prägeanstalten hergestellt.



Zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung 2010 erschien das silberne Zehn-Euro-Stück mit der Deutschlandkarte; das Zwei-Euro-Stück von 2015 zeigt jubelnde Menschen am Brandenburger Tor. (Fotos: Caspar)

Die Palette der deutschen Euro-Münzen hat sich in den vergangenen Jahren erweitert, und es kommen neue Nominale hinzu. Außer den bekannten Ausgaben im Wert von einem Cent bis zwei Euro sowie den Gedenkmünzen zu zehn Euro gibt es die Werte aus Gold zu zwanzig und zu hundert Euro. Sammler kennen darüber hinaus die Sonderausgabe von 2002 zu zweihundert Euro anlässlich der Ablösung der Deutschen Mark und der Umstellung auf den Euro sowie eine der alten Eine-Mark-Münze nachempfundene Ausgabe aus Gold mit der Jahreszahl 2001. Mit allen diesen Ausgaben wurden die seit 1952 in wachsenden Auflagezahlen geprägten Gedenkmünzen zu fünf und zehn Mark zur Freude der Sammler fortgeführt.

Ende 2015 wird die 2002 begonnene, aus mehr als 70 verschiedene Ausgaben bestehende Euro-Gedenkmünzenserie in der Silber- und ab 2011 in der Neusilberversion eingestellt. Ab 2016 erscheinen an ihrer Stelle silberne Gedenkmünzen zu 20 Euro mit einem Feingehalt von Ag 999. Die Bundesregierung reagiert mit der Einführung der silbernen Zwanzig-Euro-Münzen auf das steigende Interesse im In- und Ausland an hochwertigen deutschen Sammelstücken aus Sterlingsilber und erwartet davon, wie auch die Münzhändler, eine nachhaltige Stärkung und Belebung des Sammlermarktes. Der Münzgewinn zugunsten des Bundeshaushalts dürfte nicht gering sein. Das Bundesfinanzministerium gibt ab 2016 eine neuartige und als fälschungssicher deklarierte Fünf-Euro-Münze heraus, die einen Blick auf unseren Planeten Erde mit dem Bundeswirsind kombiniert.

Die neuen Zwanzig-Euro-Münzen wiegen 18 Gramm und sind mit einem Durchmesser von 32,5 mm fast so groß wie die alten Drei-Mark-Stücke aus der Kaiserzeit beziehungsweise die im Deutschen Bund bis zur Reichsgründung von 1871 hergestellten Vereinstaler. Der noch gewöhnungsbedürftige Nominalwert wird durch den deutlich verbesserten Silbergehalt gerechtfertigt. Die nur noch bis Ende 2015 abwechselnd in den fünf deutschen Prägeanstalten hergestellten Zehn-Euro-Münzen messen ebenfalls 32,5 mm und wiegen 18 Gramm, haben aber nur einen Feingehalt von 625/1000. Die erste Zwanzig-Euro-Gedenkmünze aus Sterlingsilber ist für Anfang 2016 angekündigt und erinnert mit einem Motiv aus „Rotkäppchen“ an die berühmten Märchen der Brüder Grimm.

Ganz aktuell können sich Sammler und solche, die es werden wollen, auf eine neue Sonderausgabe zu 25 Euro anlässlich des 25. Jahrestags der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 2015 freuen. Andreas Schikora, der Leiter der Staatlichen Münze Berlin, und die Belegschaft gehen zügig an die Ausführung dieses ehrenvollen Auftrags, an dem sich anteilig auch die anderen Münzanstalten in Hamburg, München, Karlsruhe und Stuttgart beteiligen. Im Berliner Traditionsbetrieb wurden jetzt die ersten Stücke hergestellt. Die von Aleksander Sippli bediente Prägemaschine übt eine Kraft von rund 128 Tonnen aus. Damit die Gravur vom Ober- und Unterstempel korrekt auf die Silberronde übertragen wird, sind drei Hübe notwendig. Zuvor werden die silbernen Ronden noch einer Spezialbehandlung mit winzigen Stahlkugeln unterworfen, um scharfe Kanten zu beseitigen und sie auf Hochglanz zu bringen.

Entworfen von Bernd Wendhut und mit der Signatur BW gezeichnet, schildert der neue Fünfundzwanziger, wie eine Menschenmenge die Öffnung des Brandenburger Tors in Berlin mit dem Ruf „Wir sind ein Volk“ jubelnd begrüßt. Anstatt allerdings zum 25-jährigen Einheitsjubiläum einen neuen künstlerischen Wettbewerb auszuschreiben, um einen neuartigen Entwurf zu küren, besann sich die Bundesregierung auf einen zum 20.Jahrestag 2010 eingereichten Wendhut-Entwurf, der auf dem bereits im Umlauf befindlichen Zwei-Euro-Stücken erscheint. Dabei wäre es doch besser gewesen, wenn der 25. Jahrestag der Wiedervereinigung durch einen anderen, das Zusammenwachsen der beiden Landesteile seit 1990 symbolisierenden Entwurf gewürdigt worden wäre. Außerdem fand die zentrale Vereinigungsfeier am 3. Oktober 1990 nicht vor dem Brandenburger Tor, sondern vor dem Reichstagsgebäude ein paar Kilometer weiter entfernt statt. Beim Anblick der neuen 20-Euro-Münze kann man sagen, dass nicht immer Sparsamkeit nach Art der schwäbischen Hausfrau, um Bundeskanzlerin Angela Merkel zu zitieren, ein guter Ratgeber ist.

Wie dem auch sei, die in allen deutschen Prägeanstalten in einer bisher noch nicht bekannten Stückzahl hergestellte Jubiläumsmünze wird ihre Freunde finden, weil sie an ein herausragendes, ja epochales Ereignis der neuen deutschen Geschichte, das Ende der deutschen Spaltung, erinnert. Ein von Erich Ott entworfenes Zehn-Euro-Stück von 2010 aus Silber ist dem 20. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung gewidmet. Dargestellt ist auf der Vorderseite die Deutschlandkarte mit der Schrift WIR SIND EIN VOLK darauf. Der Künstler hatte sich an einem Plakat orientiert, das bei den gegen die SED-Herrschaft im „Wendeherbst“ 1989 gerichteten Demonstrationen durch die Straßen getragen wurde. Angemerkt sei, dass der Slogan dem Gedicht „Trotz alledem“ von Ferdinand Freiligrath aus dem Revolutionsjahr 1848 nachempfunden ist, in dem es ganz zum Schluss heißt: „Wir sind das Volk, die Menschheit wir, / Sind ewig drum, trotz alledem!“ Kaum war das SED-Regime im Orkus der Geschichte verschwunden, wurde aus dem Schrei „Wir sind das Volk“ der nicht mehr zu überhörende Ruf „Wir sind ein Volk“.

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