König verschonte vergoldetes Silberbüffet
Prunkgefäße sollten zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingeschmolzen werden / Ausstellungen in Charlottenburg und Köpenick



Zu den besonders edlen Schaustücken im Köpenicker Kunstgewerbe-
museum gehört das aus dem Rittersaal des Berliner Schlosses
stammende Prunkgeschirr aus vergoldetem Silber.




Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. ließ in Augsburg solche
Prunkgefäße anfertigen und mit Kronen, Adlern, Engeln und
Wappen schmücken. Eine praktische Verwendung hatten sie nicht.



Da man Münzhumpen als Zeugnisse ruhmvoller Geschichte schätze,
entgingen viele im 18. und 19. Jahrhundert dem Tod im Tiegel.




Dass den Kronen die Edelsteine und Perlen fehlen, geht auf das 18. Jahrhundert
zurück, als man sie entfernte und für Juwelen und Tabaksdosen weiter verwendete.




Friedrich der Große liebte kostbare Tabaksdosen und pflegte sie an
verdienstvolle Personen zu verschenken. Diese brillantbesetzte Tabatière
ist eine Berliner Arbeit aus dem Jahr 1745. (Fotos: Caspar)

Speisen in aller Öffentlichkeit in edlem Ambiente mit hunderten Gästen spielte an Fürstenhöfen schon immer eine große Rolle. Reich verzierte Schalen, Krüge, Terrinen, Fässer und andere Gefäße aus schwerem Silber, manchmal auch aus purem Gold unterstrichen in Berlin, Charlottenburg, Potsdam, Rheinsberg, Königs Wusterhausen und anderswo, dass die Hohenzollern mit anderen Herrscherhäusern durchaus mithalten konnten, was fürstliche Repräsentation betraf. Im Rittersaal des Berliner Schlosses, das seine Wiedergeburt als Humboldt Forum erlebt, war ein riesiges Büfett mit kiloschweren Schalen, Tellern, Kannen, Humpen und Terrinen aufgebaut. Wenn hier Ritter in den 1701 vom ersten preußischen König Friedrich I. gestifteten Schwarzen Adlerorden aufgenommen und rauschende Feste gefeiert wurden, konnte alle Welt sehen, über welchen Reichtum das Königshaus verfügt und welche Pracht es entfalten kann. Dass derweil Hungersnöte grassierten und Seuchen viele Todesopfer forderten, spielte im Prestigedenken der damals Mächtigen keine Rolle. Sie blendeten die Katastrophen und Nöte das einfach aus und speisten die Betroffenen mit Almosen ab.

Nach der Niederlage des preußischen Heers im Krieg gegen Frankreich und dem Friedensschluss, zu dem Napoleon I., der siegreiche Kaiser der Franzosen, ein Jahr später in Tilsit König Friedrich Wilhelm III. aufzwang, befand sich das Reich der Hohenzollern in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Die Franzosen verlangten 140 Millionen Francs als Kontributionen und spalteten große Landesteile ab, die anderen Monarchien zugeschlagen wurden und als Einnahmequellen des preußischen Fiskus entfielen. Erst wenn diese Riesensumme beglichen war, wollten die Besatzer Preußen verlassen. Um einen Teil der Kontributionen entrichten zu können, wurden am Berliner Hof nach entbehrlichen Gegenständen aus Gold und Silber gesucht. Friedrich Wilhelm III. ließ Teile seines Tafelgeschirrs einschmelzen, und auch aus Silber gefertigte Möbelstücke und Spiegel erlitten den Tod im Tiegel. Das gewonnene Edelmetall wurde in Gold- und Silbermünzen verwandelt, die dann zum Begleichen der Kriegsschulden verwendet wurden.

Da die zwangsweisen Zahlungen außerordentlich drückten, wurde auch über das Schicksal des im Rittersaal des Berliner Stadtschlosses aufgetürmten Silberbuffets nachgedacht. Die üppig mit Kronen, Adlern, Wappen und anderem Zierrat bedeckten Teller, Humpen, Kannen und Terrinen aus schwerem, mit Gold überzogenen Silber waren im frühen 18. Jahrhundert von Augsburger und Berliner Silberschmieden für den preußischen Hof angefertigt worden. Die Hohenzollern betrachteten die Gefäße als Teil des Staatsschatzes, der in Kriegs- und Krisenzeiten zur Bestreitung außerordentlicher Ausgaben und zu Herstellung geprägten Geldes herangezogen wurde. In den Schlesischen Kriegen Mitte des 18. Jahrhunderts hatte König Friedrich II., der Große, bedeutende Teile seiner Silberbestände einschmelzen lassen. Manchmal gelang es, das eine oder andere Stück vor der Vernichtung zu bewahren. Ein vom Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. im frühen 18. Jahrhundert in Auftrag gegebenes riesiges Bierfass mit zahlreichen eingearbeiteten Talern und weitere Humpen dieser Art entgingen der Vernichtung, weil man in ihnen "vaterländische Denkmäler" von historischem Wert sah.

Gold gab ich für Eisen

Dass das Berliner Silberbuffet erhalten blieb, ist der Intervention des Hofstaatssekretärs Ernst Friedrich Bussler zu verdanken. Seinem König schrieb er in aller Ehrfurcht: "Die sämmtlichen zum Buffet im Rittersaal gehörigen Stücke habe ich der schönen Arbeit und der Medaillen wegen etc. mich nicht überwinden können zur Einschmelzung allerunterthänigst mit aufzusetzen und habe Ew. K. M. [Eure Königliche Majestät, H. C.] dafür allerunterthänigst um Schonung bitten wollen. Da offensichtlich das Prunkgeschirr als eine Art hohenzollernsches Staatsdenkmal betrachtet wurde, stimmte Friedrich Wilhelm III. zu und stellte das Silberbüffet, aber auch einige mit silbernen Talern und Medaillen besetzte Humpen unter seinen Schutz.

Nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815, aus denen Preußen siegreich hervor ging, fielen die Lücken auf der königlichen Tafel unangenehm auf, und so wurden große Anstrengungen unternommen, um neue Silberservices anzufertigen, wofür die Ausstellung im Charlottenburger Schloss einen schönen Anschauungsunterricht bietet. In anderen Vitrinen werden Tafelaufsätze und Geschirren aus kostbarem Porzellan gezeigt. Der figürliche Schmuck und die vielteiligen Services, die Friedrich der Große und andere Monarchen bei der 1763 gegründeten Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin in Auftrag gaben, waren ausgesprochene Luxusgegenstände und wurden wegen ihrer Exklusivität der Silberkammer zugeordnet . Dort waren Diener den ganzen Tag nur damit beschäftigt, das Tafelsilber und Porzellan sauber zu halten, und wenn mal etwas entzwei ging, gleich neue Stücke nachzubestellen. Anfang 1813 rief der König das Volk zu Spenden unter dem Motto "Gold gab ich für Eisen" auf, um die Ausrüstung von Freiwilligen für den bevor stehenden Befreiungskrieg gegen Frankreich zu finanzieren. Das Echo in der Bevölkerung war beachtlich, und niemand dachte mehr daran, das im Berliner Stadtschloss und anderen königlichen Residenzen befindliche Prunk- und Tafelsilber in den Schmelztiegel zu werfen.

Historische Bilder, Dokumente und auch aufwändig gestaltete Speisekarten unterstreichen, dass man am preußischen Hof ausgiebig und luxuriös speiste und zahllose Lakaien den hohen Herrschaften exquisite Speisen auftischten. Auf den Speisekarten war extra vermerkt, was auf Silber und was auf Porzellan gereicht wird. Um Hochzeiten, Taufen und anderen Festlichkeiten zusätzlichen Glanz zu geben, hat man meterhohe Aufsätze auf Tische und Buffets getürmt und dieses Schauspiel auch in den Medien publiziert, um die Untertanen und das Ausland in Erstaunen zu versetzen.

Kronen, Zepter und Münzhumpen

Das Kurfürstentum Brandenburg und das preußische Königreich gehörten nicht zu den besonders begüterten Monarchien. Wegen des vielen unfruchtbaren Erdreichs verspottete man das Land als "märkische Streusandbüchse". Das tat den Herrschern weh, und sie taten alles, um im Konzert der deutschen und europäischen Fürstentümer einen angesehenen Part zu spielen. Das geschah durch Aktivitäten aller Art. Prunkvolle Schlösser und große Kirchen gehörten ebenso dazu wie eine furchterregende Armee und ein luxuriöses Hofleben. Es ließ sich aber auch durch goldenes und silbernes Tafelgeschirr und brillantbesetzten Tabaksdosen auftrumpfen. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zeigt im Berliner Schloss Charlottenburg Stücke aus dem hohenzollernschen Kronschatz sowie Tafelaufsätze und Geschirre aus Silber und Porzellan, die bei feierlichen Anlässen der staunenden Welt vorgeführt wurden. Münzfreunde werden sich freuen, auch schwere Silberhumpen zu sehen, die über und über mit Talern und Medaillen vor allem des 17. Jahrhunderts besetzt sind. Diese Mode kam in der Barockzeit auf und war auch am preußischen Hof en vogue. Die Gefäße wurden den Hohenzollern anlässlich von Huldigungen oder zu Geburtstagen geschenkt, oder sie wurden vom Herrscherhaus in Auftrag gegeben. Die beiden Kronen, das Zepter, das Reichsschwert und andere Teile der Krönungsinsignien von 1701, aber auch die brillantbesetzten Tabaksdosen Friedrichs des Großen und einige Münzhumpen blieben nach dem Ersten Weltkrieg im Besitz des vormals regierenden Hauses Hohenzollern und werden in Charlottenburg als dessen Leihgaben präsentiert.

LITERATURTIPP Der reich illustrierte Katalog "Kronschatz und Silberkammer der Hohenzollern" erschien 2010 im Deutschen Kunstverlag Berlin und München, hat 128 Seiten und kostet 19,90 Euro (ISBN 978-3-422-07050-9).

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