Relikte aus der Ruhmeshalle
Im Vestibül des ehemaligen Zeughauses Unter den Linden fanden
historische Skulpturen eine repräsentative Aufstellung



Generalfeldmarschall Kurt Christoph von Schwerin hält
im Zeughaus am Eingang zum Museumsladen Wache.




Die "Kriegswissenschaft" blickt an der Fensterfront zum Zeughaushof
nachdenklich in das Buch der Geschichte.



Der monumentalen Viktoria wurde nach dem Zweiten Weltkrieg der
rechte Arm abgeschlagen, den man aber bei der neuen Aufstellung
aber nicht mehr ergänzt hat.



Der nackte Riese aus Bronze mit dem Schwert in
der Hand ist ein bemerkenswertes Zeugnis für
den von den Nazis gepflegten Kunstgeschmack. (Fotos: Caspar)

Im Vestibül des Deutschen Historischen Museums (DHM) Unter den Linden in Berlin haben acht Monumentalskulpturen vergangener Jahrhunderte Aufstellung gefunden. Eine riesige Viktoria mit mächtigen Flügeln zieht rechts vom Eingang in das ehemalige Zeughaus die Blicke auf sich. Die Marmorfigur ist ein Werk des Bildhauers Fritz Schaper und schmückte ab den 1880-er Jahren die Ruhmeshalle des Schlüterbaues. Ursprünglich war das nach Plänen des Barockbildhauers Andreas Schlüter um 1700 errichtete Haus das Waffenarsenal der Hohenzollern. Es wurde nach der Reichseinigung von 1871 in ein Militär- und Siegesmuseum verwandelt, in dem alles gezeigt wurde, was der Verherrlichung der führenden Dynastie in Brandenburg-Preußen und im Deutschen Reich und ihrer Kriege diente. Die Symbolfigur des Sieges ist nicht komplett erhalten, ihr linker Arm ging im Zweiten Weltkrieg verloren und wurde bei der Aufstellung in der Einhangshalle des DHM nicht mehr nachgestaltet und angefügt.

Ebenfalls aus der ehemaligen Ruhmeshalle stammen die von Reinhold Begas 1887 vollendeten allegorischen Figuren der "Kraft" und "Kriegswissenschaft". Während die "Kraft", gut zu erkennen am Löwenfell, gerade im Begriff ist, sich auf einen Gegner zu stürzen, um ihn mit einer Keule niederzuschlagen, blickt die "Kriegswissenschaft" nachdenklich in ein großes Buch, auf dessen Seiten man die Umrisslinien einer Festung mit sternförmigen Bastionen und Gräben erkennen kann. Zeitgenossen verglichen die weiblichen Figuren des am kaiserlichen Hof hoch angesehenen Begas mit Arbeiten seines italienischen Kollegen Michelangelo und konstatierten bei der wuchtigen Allegorie der "Kraft" so etwas wie Leichtfüßigkeit, was man bei genauerem Hinsehen nun wirklich nicht behaupten kann. Beide Skulpturen wurden zur 750-Jahrfeier Berlins 1987 in der Nähe des Nikolaiviertels aufgestellt, was aber dem empfindlichen Marmor nicht gut bekommen ist. Nach umfassender Reinigung und Restaurierung fanden sie an der Fensterfront zum Innenhof des früheren Zeughauses einen angemessenen Platz.

Wenige Meter von diesen Marmorskulpturen steht als weitere Allegorie die Darstellung eines antiken Kriegers. Die Figur aus Sandstein ist ebenfalls ein Werk von Reinhold Begas und schmückte ursprünglich in der Ruhmeshalle des Zeughauses den Anfang einer Freitreppe. Das Pendant war ebenfalls ein Krieger, der aber nach dem Zweiten Weltkrieg Opfer von Vandalismus wurde. Auch die an der Fensterfront zum Zeughaushof aufgestellte Sitzfigur des Kriegers zeigt Beschädigungen vor allem am Kopf auf, die von gezielten Gewehrschüssen stammen.

Das älteste Denkmal in der Eingangshalle stammt aus dem Jahr 1790 und wurde von dem Bildhauer Heinrich Bettkober geschaffen. Die Sandsteinfigur stellt den preußischen Generalfeldmarschall Kurt Christoph Graf von Schwerin dar, einen der ganz Getreuen des preußischen Königs Friedrich II., des Großen. Schwerin ist nicht, wie im 18. Jahrhundert noch üblich, in antikisierendem Kostüm mit Toga und Ledersandalen dargestellt, sondern zeigt sich in zeitgenössischer Uniform mit dem Dreispitz auf dem Kopf und dem Stern des Schwarzen Adlerordens auf der Brust. Das Standbild des 1757 am Beginn des Siebenjährigen Kriegs vor Prag gefallenen Feldherrn stand ursprünglich vor dem Schloss derer von Schwerin im pommerschen Schwerinsburg. Von Vandalismus gezeichnet, gelangte das Standbild in DDR-Zeiten in den Garten des Greifswalder Stadtmuseums. 2001 wurde die Figur der Familie Schwerin zurück gegeben, die sie nun als Leihgabe im DHM als Beispiel für die Verehrung von hohen Militärpersonen im ausgehenden 18. Jahrhundert zeigt.

Im Ehrenhof von Hitlers Neuer Reichskanzlei standen die riesigen Figuren der "Partei" und der "Wehrmacht". Letztere fand als Kopie des von Arno Breker geschaffenen Originals von 1938/39 ebenfalls im DHM Aufstellung. Der in Bronze gegossene nackte Hüne mit erhobenem Schwert in der linken Hand vermittelt eine ungefähre Vorstellung für den künstlerischen "Geschmack" von Hitler und seinem Stararchitekten Albert Speer und die Art und Weise, wie während der NS-Zeit Besucher der Neuen Reichskanzlei durch die riesigen Dimensionen der Säle und Höfe beeindruckt und eingeschüchtert wurden.

Wenige Schritte von der "Wehrmacht" entfernt steht ebenfalls in Bronze gegossen Wladimir Iljitsch Lenin, der Gründer des Sowjetstaates. Das Modell für dieses ursprünglich in Puschkin bei Leningrad, dem heutigen Sankt Petersburg, aufgestellte Denkmal wurde von dem bekannten Bildhauer M. G. Maniser geschaffen. Es stellt Lenin stehend in der bekannten Pose eines Redners mit einer Mütze auf dem Kopf dar. Deutsche Wehrmachtssoldaten hatten die Statue geraubt, die 1943 in Eisleben eingeschmolzen werden sollte. Das allerdings unterblieb, weil die Bronze sehr groß war und genügend Buntmetall für die Kriegindustrie zur Verfügung stand. So überstand Lenin die Nazizeit und verblieb in der Lutherstadt Eisleben, die das Standbild als Leihgabe dem DHM überließ.

Die Sitzfigur des Reichskanzlers Otto von Bismarck rundet die Sammlung historischer Skulpturen im Eingangsbereich des früheren Zeughauses ab. Dargestellt ist der von Gustav Eberlein geschaffene Politiker sitzend in der Pose eines Denkers. Er trägt zeitgenössische Uniform, der Kopf ist auf den rechten Arm gelehnt, der sich auf einen Baumstumpf stützt. Die Figur besteht nicht aus grün patinierter Bronze, sondern aus Gips, das vom Bildhauer wie Bronze getönt wurde. Schapers Werk wurde 1896 auf der Berliner Kunstausstellung gezeigt, nicht aber in Bronze gegossen und unter freiem Himmel aufgestellt wie Dutzende andere Bismarck-Denkmäler im deutschen Kaiserreich. Das in den 1960-er Jahren zerstörte Gipsmodell wurde 1983 wieder zusammengesetzt und kann jetzt als Leihgabe des Museums Hannoversch Münden im Vestibül des Deutschen Historischen Museums als Beispiel für die Verehrung gezeigt werden, die man in der Kaiserzeit Otto von Bismarck als Schmied des Reiches entgegen brachte.

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