Flucht, Vertreibung, Versöhnung
Die Historikerin Gundula Bavendamm hat sich als neue Direktorin der Bundesstiftung viel vorgenommen



Gundula Bavendamm bringt langjährige Erfahrungen als Historikerin
und Leiterin des Berliner Alliiertenmuseums in die Bundesstiftung ein.




Das aus den 1930-er Jahren stammende Deutschlandhaus an der Stresemannstraße
ist Sitz der Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung. Fotos: Caspar)

Auf Vorschlag von Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat der Stiftungsrat der Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung die bisherige Direktorin des Berliner Alliiertenmuseums, Dr. Gundula Bavendamm, einstimmig zur neuen Direktorin gewählt. "Mit der Berufung der ebenso erfahrenen wie erfolgreichen Historikerin und Museumsmanagerin zur Direktorin ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft der Bundesstiftung getan. Der Auftrag der Stiftung hat auch durch das aktuelle Flüchtlingsgeschehen besondere Relevanz", sagte Grütters und dankte Uwe Neumärker für die hervorragende Arbeit als Interimsdirektor der Ende 2008 gegründeten Stiftung. Die erfahrene Ausstellungsmacherin sei gut vernetzt, sie kenne die Medienlandschaft in der Erinnerungskultur gut. Die Neuausrichtung des bisher von ihr geführten Alliiertenmuseums in Berlin sei ein überzeugender Beleg für ihre vielfältige Qualifikation und ihre exzellente Expertise im musealen Bereich. "Es wird jetzt darauf ankommen, die Arbeit der Stiftung vertrauensvoll voranzubringen. Der Stiftungsrat wird die neue Direktorin nach Kräften dabei unterstützen." Die Wahl von Gudula Bavendamm hat eine komplizierte Vorgeschichte, denn Gründungsdirektor Manfred Kittel musste 2014 gehen, und sein Nachfolger Winfried Halder trat 2015 das Amt nicht an.

Die Bundesstiftung ist im Berliner Deutschlandhaus an der Stresemannstraße im Berliner Bezirk Kreuzberg untergebracht, Träger ist das Deutsche Historische Museum im Zeughaus an der Straße Unter den Linden in Berlin. Flucht und Vertreibung der Deutschen bilden einen Hauptakzent der Stiftungsarbeit und werden im Zusammenhang europäischer Vertreibungen im 20. Jahrhundert dargestellt. Obwohl noch eine Baustelle, wird mit Hochdruck an einem zeitgemäßen Ausstellungs-, Informations- und Dokumentationszentrum gearbeitet. Die Bundesregierung definiert die Aktivitäten der Stiftung als eines ihrer wichtigsten erinnerungspolitischen Vorhaben. Sie soll helfen, die Erinnerung an Flucht und Vertreibung wach zu halten, sie an die nachfolgenden Generationen weiter zu geben und zur Versöhnung zwischen Völkern beizutragen.

Was zu den Vertreibungen führte und wie es den Vertriebenen erging, soll im Deutschlandhaus an der Stresemannstraße unweit des Anhalter Bahnhofs im Berliner Bezirk Kreuzberg dokumentiert werden. Für den Mitte 2013 begonnenen Umbau des aus den 1930-er Jahren stammenden Deutschlandhauses und die Einrichtung der Erinnerungs- und Forschungsstätte werden von der Bundesregierung 30 Millionen Euro bereit gestellt. Die jährlichen Betriebskosten werden mit 2,5 Millionen Euro veranschlagt. Das Deutschlandhaus wird vom Erdgeschoss bis zum 2. Obergeschoss die Räume der Stiftung beherbergen. Auf gut 3000 Quadratmetern werden eine Dauerausstellung sowie Wechselausstellungen gezeigt. Außerdem gibt es Räume für Veranstaltungen sowie ein Dokumentationszentrum mit Bibliothek, Mediathek und Archiv.

Bis 1950 sollen 20 Millionen Menschen in Folge des Zweiten Weltkriegs aus ihrer Heimat vertrieben worden sein, den 1939 das Deutsche Reich vom Zaun gebrochen hatte und der 1945 zu diesem zurückkehrte. In kilometerlangen Trecks mussten sie sich unter unbeschreiblich schweren Bedingungen aus Osteuropa in Richtung Westen in eine ungewisse Zukunft aufmachen. Dabei gab es viele Tote, und unzählige Familien wurden auseinander gerissen. Politiker und Vertreter der Vertriebenenverbände sind sich darin einig, dass es in der Dokumentationsstätte nicht um Abrechnung und Aufrechnung gehen kann, sondern um Wahrheit und Versöhnung. Gundula Bavendamm und die Stiftung sehen sich nicht als Dienstleister der Vertriebenen von damals und ihrer Nachkommen, sondern sucht und baut die Verbindung zu den Verbänden. Über Flucht und Vertreibung könne nicht gesprochen werden, ohne sie im Kontext der NS-Bestzungs-, Vernichtungs- und Expansionspolitik vor über 70 Jahren zu sehen.

Nach dem Willen der Bundesregierung soll die Stiftung zur gemeinsamen Aufarbeitung der Geschichte und zur Versöhnung der Völker beitragen. Es wird sich nicht nur auf die deutschen Vertriebenen konzentrieren, sondern auch die von Aussiedlung in Osteuropa und Russland betroffenen Millionen Menschen einbeziehen. Außerdem sollen in der Hauptausstellung und den Sonderausstellungen die Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen in West und Ost sowie deren Aufbauleistungen gewürdigt werden.

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