Mit Volldampf für die Fontänen von Sanssouci

Die Wasserspiele im Park von Sanssouci konnten erst im 19. Jahrhundert in Gang dank neuer Technik gesetzt werden



Im Inneren der Moschee an der Breiten Straße in Potsdam steht eine
leistungsstarke Dampfmaschine, mit deren Hilfe vor über 170 Jahren
die Wasserspiele im Park von Sanssouci gespeist wurden.




Preußens König Friedrich II. wird auf diesem Stahlstich des 19. Jahrhunderts
als nimmermüder Landesvater verherrlicht. Wenn jemand seinen
Willen nicht erfüllte, konnte der Herrscher sehr unangenehm werden.



Die Große Fontäne zu Füßen des Schlosses Sanssouci und weitere
Wasserspiele im Park von Sanssouci konnten erst unter König
Friedrich Wilhelm IV. mit Borsigs Dampfmaschine in Gang gesetzt werden.




Das Dampfmaschinenhaus sicherte die Wasserversorgung im Babelsberger Park.
Der neogotische Backsteinbau mit Zinnen, Türmchen und Erkern passt sich
stilvoll dem Schloss des Kronprinzen und preußischen Königs beziehungsweise
ab 1871 deutschen Kaisers Wilhelm I. an. (Fotos/Repro: Caspar)

An der Breiten Straße in Potsdam zieht ein ungewöhnliches Bauwerk die Blicke der Passanten auf sich - eine maurische Moschee. Gebaut zwischen 1841 und 1843 von Ludwig Persius auf dem damaligen königlichen Baudepothof an der Neustädter Havelbucht, diente das von der Firma Borsig nach Plänen von Adolph Brix gebaute Pumpwerk der Speisung der Wasserspiele im nahe gelegenen Park von Sanssouci. Ludwig Persius, von Friedrich Wilhelm IV. mit dem Ehrentitel "Architekt des Königs" ausgezeichnet, gab sich nicht damit zufrieden, eine einfach gestaltete Pumpstation zu errichten, sondern gab ihr ein exotisches Dekor. Die entsprechende königliche Weisung von 1841 bestimmte: "Das Dampfmaschinenhaus soll nach Art der türkischen Moscheen mit einem Minarett als Schornstein erbaut werden".

Persius' Auftraggeber war mit der, wie man sagte, "anmuthigen Verkleidung" des Hauses in höchstem Maße zufrieden. Im Inneren ist, vor ein paar Jahren sorgfältig restauriert, eine reich dekorierte Dampfmaschine von 80 Pferdestärken (PS) erhalten. Zur Erbauungszeit war diese Maschine die stärkste in Deutschland. Das Werk hat Krieg und Bombenangriff überstanden und ist voll funktionstüchtig. Die Maschine wird bei Führungen allerdings nicht mehr durch Dampfkraft, sondern von einem Dieselmotor angetrieben. Deshalb qualmt aus dem als Minarett gestalteten Schornstein auch kein schwarzer Rauch mehr wie vor über 170 Jahren, als das Pumpwerk im Beisein des Königs in Betrieb gesetzt wurde.

Erinnert sei an die ehrgeizigen Bemühungen Friedrichs des Großen Mitte des 18. Jahrhunderts, im Park von Sanssouci eine Fontäne springen zu sehen. Dafür gab der sonst knauserige Monarch sehr viel Geld aus, doch war der Erfolg gering. Denn nur einmal, anno 1757, hatte er diesen königlichen Spaß, als sich ein dünner Strahl in dem Becken unterhalb des Sommerschlosses für wenige Minuten in die Lüfte erhob. Das zu diesem Zweck mühsam in einem großen Becken auf dem Ruinenberg dahinter gesammelte Wasser zum Teil aus geschmolzenem Schnee reichte für eine ordentliche Fontäne, wie man sie in Versailles und anderen bedeutenden Schlossgärten besaß, nicht aus. Erst Friedrich Wilhelm IV. bekam eine respektable Fontäne dank der Borsig'schen Dampfmaschine zu Gesicht. Mit ihrer Hilfe wurde Wasser aus der Havel über ein gusseisernes Rohrsystem in das schon von Friedrich dem Großen angelegte Becken auf dem Ruinenwerk gepumpt. Von dort aus lief es zurück und brachte die erwähnte Fontäne zum Springen. Darüber hinaus versorgte das mit der Dampfmaschine immer wieder aufgefüllte Becken weitere zum Teil aus Borsigs Fabrik stammende Wasserleitungen im Park von Sanssouci.

Wie aus dem Buch von H. E. R. Belani "Geschichte und Beschreibung der Fontainen von Sanssouci" (Potsdam 1843) hervorgeht, waren Friedrich Wilhelm IV., seine Gemahlin und sein Gefolge sowie die in großer Zahl herbeigeströmten Potsdamer aufs Höchste erfreut, "als sie die neue Erscheinung des ersten Wasserstrahls wieder in Sanssouci seit 88 Jahren (sahen). Ein Murmeln des Beifalls rollte durch die Menge, dessen lauter Ausbruch durch die Nähe des erhabenen Monarchen in den Schranken der Ehrerbietung zurück gehalten wurde; selbst das Antlitz Sr. Majestät des Königs trug den Alle erfreuenden Ausdruck der Heiterkeit und Befriedigung". Ein anderer Fremdenführer von 1850 lobt bei der Beschreibung der Maschinerie und der Ausstattung des "maurischen" Dampfmaschinenhauses die gelungene Verbindung von Form und Funktion und hebt die "graziöse Zierlichkeit, womit die gewaltigen Eisenmassen durch anmuthig leichte Formen verkleidet sind".

Eigentlich sollte die Borsig'sche Dampfmaschine zunächst nur 35 bis 40 PS haben, der König bestimmte aber, dass sie die doppelte Pferdekraft bekomme, "wodurch die ganze Anlage an Pracht und Großartigkeit" gewinnen müsste. "Die lautlose Stille und gleichmäßige Bewegung der imposanten Massen und Kräfte dieser hydraulischen Dampfmaschine erwecken eine Regung des Erstaunens über die riesige Macht des Menschengeistes, der sich selbst die Elemente dienstbar zu machen weiß, um wahre Titanenarbeit ohne Anstrengung verrichten zu lassen". Dankbar merkt Belani an, dass bis auf die kolossalen Kurbeln, die man in England hat fertigen lassen, alles in einer inländischen Maschinenfabrik gebaut wurde. "Wir erfreuen uns mit Recht dieser Fortschritte deutscher Nationalindustrie, als eines Beweises, wie immer mehr Deutschland sich von dem bisherigen britischen Industriemonopol emancipirt". Ähnlich äußert sich ein königliches Gutachten. "Die Sanssoucier Maschinenanlage macht der Werkstatt, aus der sie hervorgegangen ist, die größte Ehre; sie hat wahrscheinlich nichts ihresgleichen. Jedenfalls steht sie als ein mechanisches Werk da, welches ganz geeignet ist, von vaterländischer Intelligenz und Kunstfertigkeit ein rühmliches Zeugnis abzulegen".

Ein weiteres Maschinenhaus zur Wasserversorgung wurde 1844/45 im Auftrag des preußischen Prinzen Wilhelm, der 1861 als König Wilhelm I. den Thron bestieg und 1871 deutscher Kaiser wurde, im Babelsberger Park gebaut. Das Gebäude mit hohem, zinnenbewehrten Schornsteinturm korrespondiert mit dem neogotisch gestalteten Schloss oben auf dem Babelsberg. Nach Persius' Tod (1845) wurde das Maschinenhaus erweitert und mit leistungsfähigen Pumpen ausgestattet. Leider ist von der originalen Dampfmaschine, die in diesem Fall nicht von Borsig, sondern aus der Fabrik seines Lehrers und ehemaligen Chefs Franz Anton Jakob Egells stammt, nichts mehr erhalten. Das das Gebäude, das in "Mauerzeiten" direkt im Grenzstreifen lag, weshalb niemand außer DDR-Grenzer Zugang hatte, wurde in den vergangenen Jahren saniert und restauriert. Auf Persius schließlich geht ein drittes Maschinenhaus in Glienicke zurück. Es wurde 1838 für den preußischen Prinzen Carl im Stil italienischer Villen errichtet und war auch Wohnhaus des Schlossgärtners. Auch hier blieb zum Leidwesen von Technikhistorikern und Denkmalpflegern von der ursprünglichen maschinellen Ausstattung nichts erhalten.

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