Regelmäßige Bezahlung sowie Bier und Essig zum Wohl der Soldaten
Berliner Staatsbibliothek erwarb eine hochgeheime Instruktion Friedrichs des Großen aus dem Jahr 1753 an seine Generale



Titelblatt der "General-Principia" aus dem Jahr 1753, die unlängst
von der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz erworben
und in deren Rara-Sammlung eingestellt wurde.




So stellte sich Adolph Menzel 1840 die Ausgabe der geheimen
Instruktion an seine Generäle vor. Der König hat auf dem Holzstich
kein Buch, sondern eine Schriftrolle in der Hand.




Friedrich der Große ehrte den Grafen von Schwerin durch ein
prachtvolles Marmordenkmal, das ursprünglich auf dem
Berliner Wilhelmplatz stand und seit über hundert Jahren die Kleine
Kuppelhalle des Bode-Museums schmückt. (Foto/Repros: Caspar)


Im Jahr 1753 ließ König Friedrich II. von Preußen, der Große, in seiner Berliner Privatdruckerei unter strenger Geheimhaltung das Buch "General-Principia vom Kriege" drucken und an seine Generale verteilen. Eine Ausgabe der einer Auflage von nur 50 Exemplaren gedruckten Schrift wurde unlängst von der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz aus einem Antiquariat erworben. Das mit Anmerkungen und eingeklebten Briefen versehene buch stammt aus dem Besitz des preußischen Generalfeldmarschalls Kurt Christoph Graf von Schwerin, der 1757 in der Schlacht vor Prag fiel. Der König ehrte ihn durch ein aufwändig gestaltetes Denkmal aus Marmor, das mit weiteren Standbildern in der Kleinen Kuppelhalle des Bode-Museums auf der Berliner Museumsinsel gezeigt wird. Friedrich II. hatte seine Gedanken in Erwartung eines neuen Krieges gegen Österreich und seine Verbündeten um die Provinz Schlesien in französischer Sprache verfasst, die dann von seinem Kabinettsrat August Friedrich Eichel ins Deutsche übersetzt wurden. Aus eigener Erfahrung beschrieb der König, wie schon kleinste Fehler und Nachlässigkeiten schlimme Folgen nach sich ziehen können, ja ganze Regimenter verderben können. Und er legte seinen Generalen ans Herz, sich um ihre Soldaten zu kümmern, sie ordentlich zu verpflegen und zu bezahlen.

Michaela Scheibe, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Historische Drucke, berichtet über das pflichtgemäß nach Schwerins Tod wieder an den König zurückgegebene Buch im "Bibliotheksmagazin - Mitteilungen aus den Staatsbibliotheken in Berlin und München" (Heft 1/2016). Nicht alle Empfänger hätten den königlichen Befehl beachtet, mit dem Geheimdruck sorgsam umzugehen, ihn nicht in den Krieg mitzunehmen und ihn vor fremden Zugriff zu schützen. Friedrich II. war schon 1754 zu Ohren gekommen, das Buch sei anderen Leuten und Dienern zu Gesicht und ins Gerede gekommen. Der laxe Umgang mit den "General-Principia" brachte es mit sich, dass ein in den Krieg mitgenommenes Exemplar den Österreichern in die Hand fiel. Seit 1761 erschienen sehr zum Ärger des königlichen Verfassers mehr oder weniger korrekte Nachdrucke in deutscher Sprache sowie französischer und englischer Übersetzung.

Das in Erwartung eines neuen Krieges mit Österreich um die Provinz Schlesien verfasste Buch ist das erste und einzige Werk, das in Friedrichs Privatdruckerei in deutscher Sprache hergestellt wurde. Friedrich II. verlangt darin strengste Manneszucht bei seinen Truppen und setzte sich für bessere Verpflegung "als beinahe alle anderen Truppen in Europa" ein. Kritisch stellte er fest, der größte Teil der preußischen Armee bestehe aus trägen, sorglosen Leuten. "Gibt nur der General nicht ständig acht, dass sie ihre Schuldigkeit tun, so gerät diese künstliche und daher eben nicht vollkommene Maschine in Unordnung, und der General hat sodann eine Armee, die nur den Schein der Disziplin trägt". An zwei Stellen spricht der Friedrich II. die Desertion seiner Soldaten an, die offenbar ein großes Problem in der preußischen und weiteren Armeen war. Bemerkenswert ist seine Forderung, dass den preußischen Truppen im Interesse der Kriegsmoral der Sold - acht Groschen alle fünf Tage für Rekruten - pünktlich ausgezahlt und darüber hinaus Extrabelohnungen für besondere Tapferkeit vor dem Feind vergeben werden.

"Die von mir geführten Kriege haben mir Gelegenheit zu gründlichem Nachdenken über die Grundsätze der großen Kunst gegeben, die so viele Reiche emporgebracht oder zerstört hat", schrieb der König in den "General-Principia" und betonte, die große römische Disziplin gebe es nur noch bei uns in Preußen. "Folgen wir auch darin dem Beispiel der Römer, dass wir den Krieg zum Gegenstand unseres Studiums und den Frieden zur steten Übung machen. In diesem Werke habe ich meine eigenen Betrachtungen mit denen vereint, die ich aus den großen Schriften der größten Feldherren fand, und ein Ganzes daraus gemacht, das ich auf die Ausbildung unserer Truppen angewandt habe. Ich schreibe nur für meine Offiziere. Ich rede nur von dem, was auf den preußischen Dienst anwendbar ist, und fasse keine anderen Feinde ins Auge als unsere Nachbarn; denn beide Worte sind leider zum Wechselbegriff geworden."

Ganz praktisch sind die Forderungen des Monarchen an seine Untergebenen, wenn er mit Blick auf das Wohl und Wehe seiner Soldaten fordert: "Wenn man eine Expedition unternehmen will, so muß das Commissariat auf den Grentzen dahin gnugsames Bier brauen und Brandtwein brennen lassen, auf daß die Armée wenigstens von die erste Zeiten, damit wohl versorget werden könne. Sobald die Armée in den Feindes Lande ist, muß man sich sofort aller Brau- und Brandtwein-Brennereyen, so sich zunechst der Armée finden, bemächtigen, und hauptsächlich Brandtwein brennen lassen, damit es den Soldaten, die sich dessen nicht passiren können, nicht daran fehle. [...] Wenn die Bauren geflüchtet seyndt, und ihre Häuser verlassen haben, und man folglich auch der Provintz worinnen man stehet, keine Lebens-Mittel und Zufuhre haben kann, so ist man berechtiget solche alsdenn nicht mehr zu menagiren, und schicket als Marquetenders und Soldaten-Weiber auf Fouragirung aus, um allerhand Feld-Früchte, auch Vieh einzuholen.[...] Daß, wenn die Desertion bey einem Regiment oder bey einer Compagnie einreissen will, man sogleich die Ursachen davon examiniret, um zu wissen, ob der Soldat seine Löhnung und andere mit ihm ausgemachte Douceurs richtig bekommet, oder ob sein Capitain darunter einer Malversation schuldig ist."

In Sorge um die Gesundheit seiner Soldaten bestimmte der König bei einer anderen Gelegenheit: "Es soll jeder Capitaine eine kleine Tonne Essig mitnehmen, wovon Mir dann, sobald die Regimenter in das Lager kommen, die Rechnung gegeben werden muss, da ich dann die Capitains die Auslage deshalb wieder erstatten lassen werde. Dieser Essig soll blos und allein dazu gebraucht werden, dass an Orten, wo schlechtes Wasser ist, den Burschen nur einige wenige Tropfen von den Essig darunter gegeben werden, um das Wasser zu korrigieren, und sie dadurch vor Krankheiten zu praeserviren". Hygienische Maßnahmen waren wichtig, weil viele Soldaten damals nicht durch Schuss, Hieb und Stich starben, sondern durch Seuchen und unversorgte Wunden. In einer Weisung an den preußischen Feldmarschall Prinz Ferdinand von Braunschweig vom 15. August 1756 verbot der König außerdem seinen Generalen und Offizieren, irgendwelche Silbersachen in den Krieg mitzunehmen, denn dem Feind sollte das Edelmetall auf keinen Fall in die Hände fallen. Der König brauchte es im Notfall für die eigene Münzprägung.

Bereits am 11. Dezember 1740 hatte der König seinen Offizieren am Beginn des Ersten Schlesischen Kriegs zugerufen: "Meine Herren, ich unternehme einen Krieg, für welchen ich keine anderen Bundesgenossen habe als Ihre Tapferkeit und keine andere Hilfsquellen als mein Glück. Erinnern Sie sich stetig des unsterblichen Ruhms, den Ihre Vorfahren auf den Schlachtfeldern bei Warschau, bei Fehrbellin und bei dem Zuge nach Preußen sich erwarben. Ihr Schicksal ist in Ihren eigenen Händen. Ehrenzeichen und Belohnungen warten nur darauf, durch glänzende Taten von Ihnen verdient zu werden." Der Hinweis auf die Schlacht von Fehrbellin am 28. Juni 1675 war für den König wichtig, weil sein Ahnherr, der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm es vermocht hatte, das ihm überlegenes Heer der Schweden vernichtend zu schlagen.

Müde, lustlose, bequeme und geldgierige Offiziere waren für den König ein wahres Ärgernis. "Ich will keine timiden Offiziers haben; wer nicht dreist und herzhaft ist, meritiert nicht in der preußischen Armee zu dienen. Saget solches allen Offiziers und Subalternes." Wer sich aber durch Mut hervortat, war der Gnade des Königs von Preußen sicher. "Es lassen Se. Königl. Majestät allen Offiziers und Soldaten für die besondere Bravour, Treue und guten Willen danken, so dieselben abermals in dieser Bataille bei Soor bewiesen haben. Ihro Königl. Majestät werden sich angelegen sein lassen ihren braven und ehrlichen Offiziers ihre Dankbarkeit in allen Stücken, soviel es die Möglichkeit bei aller Gelegenheit erlaubt, an den Tag zu legen und für ihr Avancement und Fortune zu sorgen. Sie haben auch das Vertrauen, dass, so lange einer von diesen wohl meritirten Offiziers lebt, der Ruhm und die Ehre der preuß. Waffen und die Sicherheit des Vaterlandes bestehen werde." So lautet ein Tagesbefehl vom 30. September 1745 nach der Schlacht von Soor in Böhmen, in der preußische Truppen die ihnen zahlenmäßig überlegenen Österreicher und Sachsen in die Flucht schlugen und so der Weg frei zum Einmarsch in Schlesien wurde.

Auch bei anderen Siegen dankte der König seinen Truppen und ließ Extrabelohnungen auszahlen. Besonders erfolgreiche Offiziere zeichnete er mit dem Orden "Pour le Mérite" aus. Im Verlauf des Siebenjährigen Kriegs (1756-1763) sah der König von Preußen mehrfach in den Abgrund, und er verdankte es einem Zufall, dass er mit seinen Soldaten dort nicht unterging. 1762 gab es in Russland einen Thronwechsel. Der neue Zar Peter III. schied aus der Phalanx gegen Preußen aus und bereitete damit den Weg zum Abschluss des Friedens von Hubertusburg im Februar 1763, der den Status quo ante, also die Lage vor Kriegsbeginn, fixierte.

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