Friedrichs Schnüffler und Erichs Krönung
Berliner Kaffeekultur blickt auf eine dreihundertjährige Geschichte mit manchen Höhen und Tiefen zurück



Wenn Friedrichs Kaffeeschnüffler auftauchten, gab es Zoff, und wenn die
ausgemusterten Soldaten unversteuerte Bohnen entdeckten, hagelte es Geldstrafen.




Die Karikatur aus dem 18. Jahrhundert zeigt, wie es in einem vornehmen Kaffeehaus zuging.



Mit dem Verkauf des berüchtigten Kaffee Mix taten sich
Honecker und seine Genossen keinen Gefallen. Leere Tüten sind heute
nur noch in DDR-Museen zu sehen. (Repros/Foto: Caspar)

Berlin hatte im 18. Jahrhundert, was den Genuß von Kaffee betrifft, ordentlichen Nachholbedarf. Andere Städte zwischen Rom, Venedig, Wien, Hamburg und Bremen besaßen um 1700 bereits Kaffeehäuser, als man im Reich der Hohenzollern vor dem stimulierenden Trank noch zurück scheute. Aber als der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. anno 1728 auf dem Lustgarten die Einrichtung eines Kaffehauses gestattete, war kein Halten mehr. Allerdings durften nur Offiziere und Edelleute das Café royale betreten. Bürgerliche und so genannte kleine Leute hätten die horrenden Preise ohnehin nicht aufbringen können.

Friedrich II., genannt der Große, sah mit Verdruss, dass seine Untertanen Kaffee trinken, statt fleißig zu arbeiten und die Staatskasse zu schonen. "Denn es ist abscheulich, wie weit es mit der Konsumtion des Kaffees gehet, und wie viel Geld dafür aus dem Lande geschickt wird, das macht, ein jeder Bauer und gemeiner Mann gewöhnt sich jetzt zum Kaffee, da solcher auf dem Lande so leicht zu haben, wird das aber ein bisschen erschwert, so müssen sich die Leute wieder an das Bier gewöhnen, und das ist ja zum Besten ihrer eigenen Brauereien, weil sie alsdann mehr Bier verkaufen." Der hier zitierte königliche Erlass vom 13. September 1779 ist charakteristisch für den damals praktizierten Merkantilismus. Sein Ziel war, durch Eigenproduktion möglichst viel Geld im Land zu halten und den Import teurer Waren wie Kaffee oder Seidenstoffe durch rigorose Verbote, Schutzzölle und Strafen zu erschweren. Wo sich solche Einfuhren nicht vermeiden ließen, wurden sie mit hohen Steuern belegt. Sich selber und seinesgleichen erlegte der König selbstverständlich keine Zurückhaltung auf, was den Genuss von Kaffee, edlen Weinen und anderen teuer importierten Waren betraf. Seine geheimen Schatullrechungen geben darüber interessante Aufschlüsse.

Die Kaffeesteuer war eine wichtige Einnahmequelle des preußischen Staates, und wer von den Schnüfflern, die der König ausschickte, der Steuerhinterziehung überführt wurde, hatte erhebliche Geldstrafen zu erwarten. Die Truppe bestand aus 400 ausgemusterten Soldaten, die die ganze Wut der Untertanen Seiner Majestät zu spüren bekamen. Die "Königlich allergnädigste Verordnung den Verkauf des gebrannten Caffé betreffend" vom 21. Januar 1781 bestimmte: "Artickel 1. Es ist allen und jeden, welche nicht die Erlaubniß haben, Caffé zu brennen, verbothen, weder in ihren Häusern, noch irgend anderswo ungebrannten Caffé zu führen, auch keinen andern gebrannten, als denjenigen von der General-Niederlage in versiegelten und gestempelten Paqueten, bey Strafe Zehn Reichs Thaler für jedes Pfund, zu haben. Artickel 2. Bey Vermeidung gleicher Strafe, ist allen und jeden, wel-che nicht die Erlaubniß haben Caffé zu brennen, verbothen, weder in ihren Häusern, noch irgend anderswo dergleichen zu brennen. Artickel 3. Diejenigen, welche Caffé in Bohnen in ihren Häusern haben, sind gehalten, solchen innerhalb acht Tagen dem Accise-Amte der nächsten Stadt, getreulich anzuzeigen, und davon nichts ohne dessen Vorbewusst zu gebrauchen."

Zwei Jahrhunderte später war in der DDR das Thema Kaffee ein Politikum ersten Ranges. In der Kaffeekrise von 1976 dachten sich Honecker & Co. eine besondere Gemeinheit aus - Kaffee Mix, eine übel schmeckende und muffig riechende Mischung von echter Bohne und Kaffee-Ersatz. Zum Glück verschwanden silbrig schimmernden Tüten mit "Erichs Krönung" wieder schnell aus den Regalen, weil sich die Leute furchtbar über diese Zumutung erregten und das SED-Politbüro, das natürlich nur "West" trank, im Inneren keinen Kaffeekrieg riskieren wollte. Die Versorgung mit der echten Bohne schwankte immer, und wenn es keinen echten Kaffee gab, half man sich mit Muckefuck, einem Ersatzkaffee, dessen Name aus französischen Begriff "mocca faux" (falscher Mokka) abgeleitet wurde. Wer von den DDR-Bewohnern Westverwandte hatte, ließ sich gern Westkaffee schicken. Ein Tütchen davon konnte Wunder wirken, wenn man jemand um eine Gefälligkeit bat und/oder sich für eine Gunsterweisung bedankte.

Die Berliner Kaffeehauskultur kennt manche Höhen und Tiefen. Es gab vornehme Kaffeehäuser wie das luxuriös ausgestattete Café Bauer an der Ecke Friedrichstraße/Unter den Linden ein. Dort lagen im 19. Jahrhundert zahlreiche in- und ausländische Zeitungen aus, womit das Kaffeetrinken mit Unterhaltung und Bildung auf das Beste verbunden wurde. Die Preise für die Tasse oder die Kanne Kaffee waren anfangs sehr hoch, weshalb Cafétiers auch mal ihr Getränk verdünnten oder das braune Pulver mit anderen Substanzen streck-ten. Da das Brühen von Kaffee nur konzessionierten Wirten gestattet war, kam ein pfiffiger Treptower auf die Idee, Ausflüglern für ein paar Pfennige heißes Wasser und Geschirr zur Verfügung zu stellen. Schnell wurde der Spruch "Der alte Brauch wird nicht gebrochen / hier können Familien Kaffee kochen" populär.

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