Bundesmittel für ehemaligen Stasi-Knast

Die vielbesuchte Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen wird ab 2017 saniert und ausgebaut



Wer in den Zellentrakt der Untersuchungshaftanstalt Hohenschönhausen
eingeliefert wurde, war schlimmen Drangsalierungen ausgesetzt und im Unklaren gelassen,
wo er sich genau befindet.



Ein ausgeklügeltes Signalsystem sorgte die Stasi dafür, dass sich
die Gefangenen nicht begegneten, wenn sie aus ihrer Zelle in einen anderen Raum
gebracht wurden.



Die Gedenktafel im Außenbereich informiert mit wenigen Worten über die
Geschichte dieses Ortes mit besonders schrecklichem Ruf.



Wie es in den "Tigerkäfigen" zuging, kann man beim Rundgang durch
die Gedenkstätte Hohenschönhausen gut nachvollziehen.



Die Dauerausstellung informiert in Bild und Schrift sowie mit vielen
erhalten gebliebenen Originalgegenständen, wie es den Häftlingen von Hohenschönhausen
erging und auch was aus ihren Bewachern wurde. (Fotos: Caspar)

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages will die ab 2017 geplanten Sanierungsarbeiten in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen mit 4,4 Millionen Euro zu unterstützen. Dabei soll vor allem der Innenbereich der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des DDR-Staatssicherheitsdienstes denkmalgerecht saniert werden. Außerdem werden neue Seminarräume sowie Vermittlungsstationen im musealen Rundgang geschaffen. Nach Abschluss der Arbeiten Ende 2018 wird das gesamte Gefängnis dann auch barrierefrei zugänglich sein. Gedenkstättendirektor Hubertus Knabe begrüßte die Entscheidung des Haushaltsausschusses und erklärte, er freue sich sehr über die Unterstützung des Bundes beim weiteren Ausbau der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. "Namentlich möchte ich den Abgeordneten Johannes Kahrs und Rüdiger Kruse für ihr persönliches Engagement danken, bei der Aufarbeitung der SED-Diktatur nicht nachzulassen. Fast eine halbe Million Besucher pro Jahr werden von den Baumaßnahmen profitieren." Insgesamt wird die Baumaßnahme 8,75 Millionen Euro kosten. Dafür stellt der Bund 2017 zunächst 1,4 Millionen Euro zur Verfügung und ab 2018 weitere drei Millionen. Die anderen 4,4 Millionen Euro kommen vom Land Berlin bereit. 2013 wurden in einem ersten Bauabschnitt bereits eine große Dauerausstellung " Inhaftiert in Hohenschönhausen - Zeugnisse politischer Verfolgung 1945-1989" auf 700 Quadratmetern sowie ein Besucherzentrum mit Cafeteria, Buchladen und Filmräumen geschaffen.

Als das Ministerium für Staatssicherheit und weitere Stasi-Verwaltungen im Wendeherbst 1989 erst aufgelöst und dann gestürmt wurden, herrschte in den Gefängnissen des DDR-Geheimdienstes noch Friedhofsruhe. Die Bürgerbewegung machte um die geheime Haftanstalt in Hohenschönhausen einen großen Bogen, und die Gefangenen wussten nicht, was um sie herum geschah. Denn die aufs Höchste alarmierten Wächter mussten befürchten, dass es zu Meutereien und Ausbruchsversuchen kommt. Den in Stasi-Knast gefangen gehaltenen "feindlich-negativen Personen" war ja alles zuzutrauen. Das waren im Jargon der Staatssicherheit ein von imperialistischem Ungeist durchdrungene Menschen, bei denen Hopfen und Malz verloren war. In den Verdacht, ein "Staatsfeind" zu sein, konnte man schnell kommen, etwa durch regimekritische Äußerungen, illegale Verbindungsaufnahme mit Westjournalisten, unerlaubter Westkontakte, durch einen Fluchtversuch oder weil jemand einen politischen Witz gerissen hat und verpfiffen wurde. In den Augen der Stasi waren Leute schon dann "feindlich-negativ", die nur den Aufnäher Schwerter zu Pflugscharen an der Jacke trugen oder an ihre Autoantenne eine weiße oder schwarze Schleife als Kennung für die Abgabe eines Ausreiseantrags flattern ließen.

Während "draußen" die SED-Herrschaft und mit ihr deren Schild und Schwert, die Staatssicherheit, konnten die Wächter in Hohenschönhausen ihre Spuren beseitigen. Viele Akten sowie technische Gerätschaften verschwanden auf Nimmerwiedersehen, die hinter hohen Mauern zum Zweck der Spionage und Bespitzelung ausgetüftelt und hergestellt worden waren. Das eine oder andere blieb erhalten und kann sowohl im Haus 1 des ehemaligen MfS an der Ruschestraße in Berlin-Lichtenberg sowie im Stasigefängnis Hohenschönhausen mit anderen Hinterlassenschaften des DDR-Geheimdienstes besichtigt werden.

Einzelheiten über das, was sich hinter Betonmauern, Stahltüren und Stacheldrahtverhauen abspielte, schildern die Historiker Peter Erler und Hubertus Knabe in ihrem Buch "Der verbotene Stadtteil - Stasi-Sperrbezirk Berlin-Hohenschönhausen" (Jaron Verlag 96 S., zahlr. Abb., 9,95 Euro). Zu erfahren ist, dass das Gefängnis und die vielen anderen MfS-Gebäude am 3. Oktober 1990, dem Tag der deutschen Einheit, besenrein übergeben wurden. Die auch Tigerkäfige genannten Kojen, in denen die wegen des Vorwurfs der Sabotage, Republikflucht und so genannter Staatsfeindlicher einsitzenden Häftlinge ein bisschen frische Luft schnappen konnten, waren bis auf Reste abgerissen, Holzpritschen in den Zellen hatte man durch Betten ersetzt, und auch Besucherzimmer, die es nie im Stasi-Knast gegeben hat, wurden schnell noch eingerichtet. Sogar Blumenkästen wurden aufgestellt. Das Buch und weitere Publikationen von Hubertus Knabe und anderen Autoren setzen den Opfern der kommunistischen Gewaltherrschaft ein erschütterndes Denkmal.

Beim Rundgang erfahren die Besucher, unter denen sich immer auch ehemalige Häftlinge befinden, was im Stasi-Knast geschehen ist und wie die Gefangenen "gehalten" wurden. Der dreigeschossige Zellentrakt verfügte über 107 Zellen für einen bis drei Untersuchungshäftlinge. Das Mobiliar bestand aus einer Holzpritsche, einem Tisch, einem Hocker und einer primitiven Toilette. Später kamen ein Waschbecken und ab 1983 sogar warmes Wasser und ein Spiegel hinzu, der in die Wand eingelassen war. In einigen Zellen gab es Abhöranlagen sowie auf den Gängen eine Videoüberwachung. Die Häftlinge wurden ständig durch einen Türspion beobachtet, was von diesen als besonders schikanös angesehen wurde. Zu den Methoden des allgegenwärtigen Psychoterrors gehörten die absichtliche Störung der Nachtruhe der Gefangenen, Einweisung in Dunkelräume, Essensentzug und ermüdende Verhöre stets mit dem Ziel, die Häftlinge zu "Geständnissen" zu veranlassen und ihre, wie man sagte, Komplicen zu verraten.

Das Häftlingskrankenhaus auf dem streng bewachten Untersuchungsgefängnis Hohenschönhausen verfügte über zwölf so genannte Freiganghöfe, im Jargon auch Tigerkäfige genannt. Diese zellenähnlichen Boxen hatten kein Dach, die Wächter konnten von oben beobachten, ob die Häftlinge bei ihrem dreißigminütigen Hofgang wie vorgeschrieben ihre Runden drehten. Kontaktaufnahme zu anderen Gefangenen war verboten und auch nicht erlaubt. Beim Besuch der Gedenkstätte wird erläutert, wie die Häftlinge psychisch und physisch unter Druck gesetzt wurden. Die Stasi-Mannschaften hatten keine Skrupel, denn man redete ihnen ein, dass die Gefangenen Klassenfeinde sind und keine humane Behandlung, auch keine Information darüber, wo sie sich befinden und was mit ihren Familien und Freunden geschieht.

13. November 2016



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