Schneller Sieg mit schrecklich vielen Toten

Vor 150 Jahren, am 3. Juli 1866, entschied sich in der Schlacht bei Königgrätz die Zukunft Deutschlands / Sonderausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin



König Wilhelm I. von Preußen (rechts) ging als Sieger aus dem
Deutschen Krieg von 150 Jahren hervor, sein engster Vertrauter
Otto von Bismarck riet ihm bei der "Verwertung" zur Mäßigung.




Das englische Spottblatt legt König Wilhelm I. als Antwort auf eine
Petition Kölner Bürger, vom Deutschen Krieg abzulassen, diese
zynischen Worte in den Mund: "Sie wagen es zu sagen, dass sie nicht
sterben wollen. Was soll als nächstes kommen?"




Die trauernde Germania erinnert an die Niederlage bayerischer
Truppen in der Schlacht von Kissingen am 10. Juli 1866 im
Kampf gegen die des preußischen Königs.




Dem preußischen "Heldenkönig" Wilhelm I. haben borussische Vereine solche
in der Ausstellung präsentierte Lorbeerkränze gewidmet.




Die französische Karikatur verspottet den König von Preußen
als großen deutschen Menschenfresser. (Fotos/Repros: Caspar)

Das Deutsche Historische Museum im barocken Zeughaus Unter den Linden in Berlin widmet dem Deutschen Krieg vor 150 Jahren zwischen Preußen und seinen norddeutschen Verbündeten und einer aus Österreich-Ungarn und einigen Monarchien in Mittel- und Süddeutschland gebildeten Koalition. Dieser kurze Krieg war der mittlere von drei Waffengängen in den Jahren 1864, 1866 und 1870/71, die zur deutschen Einigung unter preußischer Vorherrschaft führten. Gezeigt werden unter anderem das um 1869 von Georg Bleibtreu geschaffene Gemälde "Die Schlacht von Königgrätz am 3. Juli 1866", ferner Gemälde und Büsten der an jenem Krieg beteiligten Monarchen, Politiker und Heerführer, aber auch gedruckte Siegesmeldungen und Bulletins sowie Orden, Siegeskränze, Karikaturen und andere Zeugnisse aus jenem Jahr. Ausgestellt sind überdies eine bei Königgrätz getragene Uniform, Aufzeichnungen über die Schlacht und Beispiele für die in ihr eingesetzte preußische Waffentechnik, die den veralteten Gewehren und Geschützen der Österreicher und ihrer Verbündeten weitaus überlegen waren und entscheidend zum Sieg König Wilhelms I. von Preußen beitrugen. Keine fünf Jahre nach Königgrätz wurde am 18. Januar 1871 in Versailles zum deutschen Kaiser ausgerufen, ein Vorgang, der gleich neben der bis zum 31. Dezember 2016 laufenden Sonderschau dokumentiert wird.

Die preußischen Truppen siegten unter Moltkes Befehl und dank überlegener Waffentechnik unweit der der nordböhmischen Stadt Königgrätz (heute Hradec Králové, Tschechien) im damals österreichisch beherrschten Böhmen. Der unterlegene Kaiser Franz Joseph von Österreich und seine Verbündeten mussten sich unter Vermittlung des französischen Kaisers Napoleon III. zu einem Friedensschluss mit Preußen bequemen. Die "Verpreußung" Deutschlands mit Eisen und Blut, wie Bismarck sagte, nahm ihren Lauf. Nach dem siegreichen Krieg gegen Frankreich von 1870/71 stand Wilhelm I. von Preußen als deutscher Kaiser an der Spitze des neuen Deutschen Reichs, und Bismarck war sein Reichskanzler.

Preußen annektierte 1866 kurzerhand das Königreich Hannover sowie Kurhessen, das Herzogtum Nassau und die Freie Stadt Frankfurt am Main. Verschont von Gebietsabtretungen blieben hingegen Sachsen, Bayern und einige andere Kriegsgegner, die allerdings Kontributionen zahlen mussten. Den Plan König Wilhelms I., von Böhmen weiter nach Wien zu marschieren und Franz Joseph zu demütigen, wusste Bismarck, damals noch preußischer Ministerpräsident, zu verhindern, weil er voraussah, dass eines Tages österreichische Hilfe in einen Krieg gegen Frankreich gebraucht wird. Die Okkupation von Hannover war für Wilhelm I. und Bismarck wichtig, weil damit eine feste und militärisch abgesicherte Landverbindung zum preußisch verwalteten Rheinland hergestellt wurde. Wilhelm I. habe auf der Vergrößerung Preußens bestanden, schrieb Bismarck später in seinem berühmten Buch "Gedanken und Erinnerungen", "um die Kluft zwischen den Ost- und Westprovinzen auszufüllen und Preußen ein haltbar abgerundetes Gebiet auch für den Fall des frühern oder spätern Misslingens der nationalen Neubildung zu schaffen." Hannovers König Georg V. hatte in den Augen Bismarcks jeden Kredit verspielt. Er ging ins österreichische Exil und starb dort 1878. Sein Vermögen in Höhe von umgerechnet 48 Millionen Mark wurde beschlagnahmt und in einen Fonds umgewandelt, aus dessen Erträgen Bismarck "welfische Umtriebe" gegen Preußen bekämpfte.

Mit weit über 400.000 Kombattanten und über 50.000 Gefallenen und Verwundeten war die Schlacht unweit von Königgrätz eine der größten Massenschlachten des 19. Jahrhunderts, die die preußische Seite innerhalb eines Tages für sich entscheiden konnte. Wie die Ausstellung zeigt, waren die Gründe für den durch Gemälde, Denkmäler und Medaillen gefeierten Sieg nicht allein in der modernen preußischen Waffentechnik oder dem Einsatz von Eisenbahn und Telegrafie zu suchen. Von immenser Bedeutung war auch die Fortschrittlichkeit der preußischen Militärorganisation für den Ausgang der Schlacht. Die anschließende Durchsetzung des "Primats der Politik" gegenüber dem Militär und den Gewaltfantasien des Monarchen führte zu einem schnellen Friedenschluss. Der Frieden von Prag vom 23. August 1866 schrieb den preußischen Sieg über Österreich fest und beendete damit den österreichischen Einfluss auf die deutsche Politik. Preußen stand nach dem Deutschen Krieg gestärkt wie nie dar, er begründete die preußische Hegemonie in den Staaten des bisherigen Deutschen Bundes.

Neben den zwei- und dreidimensionalen Ausstellungsstücken zeichnet eine Medienstation das dramatische Geschehen am 3. Juli 1866 nach. Ein auf dem Boden angebrachter Zeitstrahl markiert die politischen Entwicklungen, die zur Schlacht bei Königgrätz führten, sowie die politischen Nachwirkungen, die für einige deutsche Teilstaaten gravierend waren. Erarbeitet wurde die Sonderpräsentation von den wissenschaftlichen Volontären der Abteilung Sammlungen des Deutschen Historischen Museums. Mit der Sonderausstellung betritt das Deutsche Historische Museum nach den Worten seiner kommissarisch eingesetzten Präsidentin Ulrike Kretzschmar Neuland. Denn es will auf diese Weise bisher noch nie gezeigte Exponate aus den Depots an Licht der Öffentlichkeit bringen und so auch die Attraktivität des Berliner Geschichtsmuseums steigern und neue Besucher gewinnen.

(30. Juni 2016)

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