"Wir sind das Volk - Wir sind ein Volk"

Kulturstaatsministerin Monika Grütters eröffnete im Hof des ehemaligen Stasi-Ministeriums in Berlin die neue Dauerausstellung "Revolution und Mauerfall"



Die Ausstellung über die friedliche Revolution in der DDR und
den Fall der Berliner und innerdeutschen Mauer findet
im Hof des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit
unter freiem Himmel statt.




Zahlreiche Bild-Text-Tafeln informieren über die dramatischen
Monate und Wochen vor und nach dem Fall der Berliner Mauer.




Die SED- und Staatsführung ließ sich am 1. Mai, am 7. Oktober
und bei anderen Gelegenheiten von ihren Untertanen feiern.
Doch hinter der bunten Fassade braute sich Unmut zusammen, der sich
im Herbst 1989 in Massenprotesten entlud.




Auf einer der Bildtafeln wird gezeigt, wo in der das Mielke-Ministerium
seine Dienststellen hatte und was das Volk von ihm hielt.




Bürgerrechtler sorgten dafür, dass bedeutende Aktenbestände des MfS
nicht vernichtet, sondern wissenschaftlich erschlossen
und von Betroffenen eingesehen werden können.




Die zusammenkrachenden Altstädte und die vergiftete Umwelt waren wichtige
Gründe, dass die Menschen auf die Straßen gingen und lautstark
Reformen verlangten, die diesen Namen wirklich verdienen. (Fotos: Caspar)

Die Robert-Havemann-Gesellschaft zeigt im Innenhof des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit die Open-Air-Ausstellung "Revolution und Mauerfall". Anlass ist der 63. Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR vom 17. Juni 1953. Anhand von mehr als 650 Bildern, historischen Dokumenten und Filmen zeichnet die Dokumentation Vorgeschichte, Verlauf und Folgen der Friedlichen Revolution 1989/90 nach. Die Bild- und Texttafeln schildern, wie beherzte und unerschrockene Bewohner der DDR auf Straßen und Plätzen, aber auch im Untergrund sowie in Umwelt- und Friedensgruppen und in Kirchgemeinden Einigkeit und Recht und Freiheit einforderten und sich weder von der Polizei, noch von der Stasi und der Justiz einschüchtern ließen. Zahlreiche Oppositionelle fanden sich in Ostberlin, Dresden, Leipzig, Plauen, Rostock und vielen anderen Städten ungeachtet massiven Einschreitens der sozialistischen Staatsmacht und massiver Hetze in den von der SED gesteuerten Medien zusammen, um über ein besseres, freiheitliches Leben zu sprechen und zu streiten. Sie protestierten gegen Wahlfälschung und Militarisierung der Gesellschaft, sie verlangten entschiedene Maßnahmen, um der Zerstörung der Umwelt sowie dem Zerfall der Altstädte Einhalt zu gebieten, und sie forderten Reisefreiheit und das Ende der elenden Bevormundung durch die allmächtige Einheitspartei. Erst nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989, der in der Ausstellung eine zentrale Rolle spielt, entwickelte sich aus dem Ruf "Wir sind das Volk" die mächtig anschwellende Losung "Wir sind ein Volk".

Dokumentiert wird das alles durch Fotos aus unterschiedlichen Quellen. So werden Propagandabilder von Aufmärschen und Demonstrationen, bei denen sich die Partei- und Staatsführung mit Erich Honecker an der Spitze als Avantgarde des Landes feiern ließ, solchen gegenüber gestellt, die Mitglieder von Umwelt- und Friedensgruppen bei der Herstellung und Verbreitung von damals illegalen Schriften zeigen. Weitere Themen sind die elende Wirtschaftslage des zweiten deutschen Staates, von dem Honecker & Co. wider besseren Wissens behaupteten, er gehöre zu den zehn führenden Industrieländern der Welt, und die Unzufriedenheit großer Teile der Bevölkerung mit der Versorgung an elementaren Dingen des täglichen Lebens und der Jubelpropaganda im 40. Jahr des Bestehens der DDR. Dargestellt werden überdies die von der Führung mit Misstrauen und wachsender Angst beobachteten Wirkungen des von Michail Gorbatschow ausgerufenen Prinzips von Glasnost und Perestroika auf die DDR und die anderen Länder des Ostblocks. An verschiedenen Stellen kommen mutige Menschen zu Wort, die trotz hoher persönlicher Risiken, zermürbender Schikanen des Repressionsapparats, Haft und Gewalt ihre Stimme erhoben. Viele sahen für sich und ihre Familien nur noch einen Ausweg: Flucht in den Westen, ganz gleich unter welcher Lebensgefahr und auf welchem Weg. Deutlich wird, dass wir ihnen allen die friedliche Revolution von 1989 und einen der glücklichsten Momente in der deutschen Geschichte verdanken.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters erklärte bei der Eröffnung der Ausstellung, ihr Haus habe nicht nur zur Finanzierung der neuen Dauerausstellung an einem besonders schlimmen Ort der Unterdrückung und Spionage durch die Stasi beigetragen, sondern ermögliche auch die langfristige finanzielle Absicherung der nach dem DDR-Physiker und Dissidenten benannten Robert-Havemann-Gesellschaft. Für die gemeinsame und dauerhafte Förderung habe sie das Land Berlin gewinnen können. Die 1990 gegründete Robert-Havemann-Gesellschaft dokumentiert und vermittelt mit Ausstellungen, Publikationen und Bildungsprojekten für die nachfolgenden Generationen die Geschichte und die Erfahrungen von Opposition und Widerstand in der DDR. Der Verein ist auch der Träger des Archivs der DDR-Opposition.

(20. Juni 2016)

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