Wider den Blauen Montag
Preußens Soldatenkönig ging brutal gegen Faulpelze und Bummelanten vor und ließ Streikführer sogar hinrichten



Die Arbeit in Manufakturen, hier bei der Papierherstellung, auf dem Bau und
in anderen Wirtschaftsbereichen war hart und anstrengend, weshalb vor
300 Jahren manch einer sich das Recht herausnahm, am Montag "blau" zu machen.




Wer gegen königliche Ge- und Verbote verstieß, riskierte seinen Kopf. Das Relief
schildert den Empfang von Emigranten durch Friedrich Wilhelm I., die ihr
Land aus Glaubensgründen verlassen mussten. (Foto/Repro: Caspar)

Wer seine Arbeit schwänzt, macht "blau", bedient sich vielleicht eines Krankenscheins oder bleibt mit einer fadenscheinigen Begründung weg. Als vor rund 280 Jahren auf Befehl des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. der Blaue Montag, eine von Handwerkern genutzte traditionelle Auszeit zum Wochenbeginn, abgeschafft werden sollte, gab es in Berlin Aufruhr. Der über eine solche Unbotmäßigkeit erboste Herrscher ließ mit den Rädelsführern kurzen Prozess machen. Die Kerls sollen gefälligst arbeiten und nicht faulenzen, forderte der um seine Autorität besorgte Monarch. Um die Handwerker zu disziplinieren, wurden so genannte Kundschaften oder Handwerker-Attesta eingeführt. Das waren Vordrucke mit eingetragenen Angaben zur Person, ohne die niemand Arbeit bekam. Im Falle, dass jemanden ohne das Papier aufgegriffen wurde, behandelte man ihn wie einen straffälligen Landstreicher und verordnete ihm Zwangsarbeit.

Eigentlich war blau die Lieblingsfarbe des preußischen Königs. Friedrich Wilhelm I. trug wie alle seine Soldaten eine blau gefärbte Uniform, nannte die aus aller Herren Länder herbeigeholten Rekruten liebevoll-besitzergreifend seine "blauen Kinder". Doch wenn er an den "blauen Montag" dachte und errechnete, wieviel Arbeitszeit am Wochenbeginn durch Trödelei verloren geht, wurde er fuchsteufelswild und sann auf Abhilfe. Als er 1735 eine neue Handwerkerordnung erließ, die auch den "blauen Montag" betraf, berief er sich auf ein "Patent wegen Abstellung der Missbräuche bei den Handwerkern" aus dem Jahre 1731. Dieses im ganzen römisch-deutschen Reich geltende Reichszunftgesetz beseitigte manche überholten Schranken innerhalb des Zunftwesens. Ziel des Gesetzes war, im Interesse der Belebung der Wirtschaft mit uralten Sitten und Gebräuchen aufzuräumen, aber auch Unruhen und Zusammenschlüsse in der am Rand des Existenzminimums vegetierenden Handwerker, Arbeiter und Tagelöhner zu unterbinden.

Natürlich stieß der Soldatenkönig mit seiner Maßnahme auf Widerstand. Berliner Bauleute und anderer Arbeiter wollten sich nicht damit abfinden, dass er ihnen lieb gewonnene Gewohnheiten nahm. Dies umso mehr, als ein gewöhnlicher Arbeitstag damals von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang dauerte und es keine Fünftagewoche gab. Außerdem war die Bezahlung kärglich. Also kam es zu Arbeitsniederlegungen und Aufruhr. Doch damit waren Streikenden beim König an der falschen Adresse. Er ließ seine Soldaten marschieren, denn wozu hatte er so viele Rekruten. So war ein Berliner Bauarbeiterstreik nur von kurzer Dauer, und die Staatsmacht obsiegte. Die Rädelsführer wurden dingfest gemacht und auf die Zitadelle Spandau zur Zwangsarbeit geschickt. Doch der König ließ es mit der Inhaftierung von besonders aufmüpfigen Handwerkern nicht bewenden. Zwei von wurden zur allgemeinen Abschreckung hingerichtet. Kurzer Prozess und Kopf ab beziehungsweise Schlinge zu waren damals in Preußen auch bei leichten Vergehen und kleineren Diebstählen an der Tagesordnung. Alle übrigen Handwerker mussten sich schriftlich verpflichten, sich dem königlichen Willen zu fügen und auf den so geliebten blauen Montag zu verzichten. Da an Wochentagen in Handwerkerkreisen viel Alkohol getrunken wurde, verbot der um das wirtschaftliche Fortkommen seines Reiches besorgte König den Kneipenwirten, an Arbeiter Bier auszuschenken. Es ist kaum zu glauben, dass sich Wirte daran gehalten haben, denn sie waren ja gerade auf diese Gäste angewiesen.

Zur Bezeichnung "blauer Montag" haben Volkskundler verschiedene Erklärungen parat. Eine weist auf eine arbeitsbedingte Pause beim Färben von Wolle hin. Man tauchte das Ergebnis der Schafschur in eine mit Waid, einem sich an der Luft blau verfärbenden Stoff, versetzten Sud. Wenn man die Wolle am arbeitsfreien Sonntag im Farbbad ließ, konnte man sie am Montag trocknen lassen, wobei sich die blaue Farbtönung entwickelte. Die freie Zeit nutzten die Gesellen, um "blau zu machen", sich also dem Müßiggang und vielleicht auch dem Alkohol hinzugeben. In einem anonymen Trinklied heißt es denn auch "Am Montag, am Montag, / da schlaf ich bis um viere, / dann kommt mein lust'ger Spießgesell, / da gehen wir zum Biere."

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