Eintreiber griffen notfalls zu den Waffen

Wer in Preußen seine Steuern nicht zahlen wollte, hatte nichts zu lachen/ Beim Erfinden von Abgaben waren die Hohenzollern sehr kreativ



Der Sohn des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg war von
dem Wunsch besessen, sich eine Königskrone aufs Haupt zu setzen. Das gelang
ihm nach vielen Bestechungszahlungen und der Stellung von Soldaten an
den für solche Standeserhöhungen zuständigen römisch-deutschen
Kaiser Leopold I. am 18. Januar 1701 in Königsberg.




König Friedrich I. war im frühen 18. Jahrhundert bei der Erfindung
von Steuern sehr kreativ. Die hochseltenen Taler werden in der Ausstellung
des Berliner Münzkabinetts im Bode-Museum gezeigt.




Steuern auf Perücken und andere Luxusgüter sowie Akzisen spülten dem
Herrscher viele harte Taler in die preußische Staatskasse. Das Foto zeigt
das Denkmal Friedrichs I. am Charlottenburger Tor in Berlin.




Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. nahm wie sein Vater viel Geld
durch den Verkauf von Ämtern und Titeln ein. (Fotos/Repros: Caspar)


Wenn es darum geht, die leere Staatskasse durch Steuern zu füllen, waren die Hohenzollern sehr kreativ. Es gibt kaum etwas, was die Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen nicht mit einer Steuer belegt hätten. Dass sich die Abgabenlast negativ auf die Wirtschaft und Leben auswirkt und die eigentlich angestrebte Blüte des Staates zunichte macht, übersah die Obrigkeit. Sie nahm auch nicht den Schaden zur Kenntnis, der durch einen blühenden Ämter- und Titelhandel für das Gemeinwesen eintritt. Denn meist gaben nicht Wissen und Können den Ausschlag, wer eine Stelle besetzt, sondern ein langer adliger Stammbaum und oft auch, was ein Kandidat für die zu erwartende Pfründe zu zahlen bereit ist. Vor allem der prunkliebende und bausüchtige Kurfürst Friedrich III., der sich nach seiner Krönung am 18. Januar 1701 in Königsberg Friedrich I., König "in" Preußen, nennt, drückte seine Untertanen mit einer Fülle von Steuern. Millionen Taler wurden für die kostspielige Hofhaltung, für den Aus- und Umbau des Berliner Schlosses und weiterer Herrensitze sowie für Feste, Maskeraden und weitere repräsentative Haupt- und Staatsaktionen verpulvert.

Extrem kostspielig war die auch mit erheblichen Bestechungszahlungen verbundene Königskrönung vom 18. Januar 1701 in Königsberg. Sie bewirkte eine rasante Verteuerung der Hofhaltung, denn der neue König musste mehr repräsentieren als in seiner bisherigen Eigenschaft als Kurfürst von Brandenburg. Noch mehr aber wurde die Staatskasse von zwielichtigen Personen in der Umgebung des Kurfürsten und Königs geschröpft. Solche mit hohen Ämtern ausgestattete Günstlinge verstanden es, Millionen Taler in die eigene Tasche zu wirtschaften. Sie konnten das tun, weil sich der Landesherr nicht um das Regieren kümmerte und diese Arbeit dem "bösen Weh" überließ. Mit dieser Kurzformel wurden die mit den Staatsgeschäften betrauten Grafen Wartenberg, Wartensleben und Wittgenstein bezeichnet. Sie waren es auch, die den König ermunterten, immer neue und oft ganz kuriose Steuern zu erlassen.

Anno 1688 kaum auf dem Thron gelangt, verordnete Friedrich III. seinen Beamten eine Steuer von zehn Prozent auf ihre Einkünfte. Dann setzte er eine Kopfsteuer fest, die Hoch und Niedrig je nach Einkommen zu zahlen hatte. Die Ärmsten der Armen mussten einige Groschen berappen, am meisten, nämlich tausend Taler, legte der Landesherr in die Kasse. Gemessen an seinem Einkommen und vor allem dem, was er und sein Anhang mit vollen Händen ausgeben, war die für die damaligen Verhältnisse beachtliche Summe nicht viel. Aber immerhin wurde auch die adlige Oberschicht besteuert. Als das Herrscherpaar seinen Steueranteil erhöhte, um bei den unzufriedenen Untertanen zu glänzen, erntete es nur Hohn. Was Friedrich III. mit der einen Hand in den Staatssäckel legt, hole er sich mit Zins und Zinseszins mit der anderen wieder herein, spotteten die Berliner.

Da vor allem die Krönung in Königsberg Unsummen forderte, erließ der nunmehrige König Friedrich I. flugs eine Krönungssteuer. Wer sie und die vielen anderen Abgaben nicht bezahlen wollte oder konnte, wurde dazu mit Waffengewalt gezwungen und manchmal auch ins Gefängnis geworfen. Möglichkeiten der Steuerabschreibung, wie wir sie heute kennen, gab es noch nicht. Da die Einnahmen längst nicht ausreichten, dachte sich der König, von seinen Ministern beraten, neue Steuern aus, etwa eine Perückensteuer. Sie traf vor allem die so genannten Besserverdienenden, denn da sich in höheren Ständen kein Herr von Welt erlauben konnte, ohne die künstliche Lockenpracht auf die Straße zu gehen, kamen hier erhebliche Summen zusammen.

Den "kleinen Mann" traf diese Steuer ausnahmsweise nicht, denn er konnte sich die teuren Kunsthaare sowieso nicht leisten. Da Herren von Rang und Stand vor allem französische Perücken bevorzugten, waren diese Ziel fiskalischer Wünsche. Auf jeden importierten Haarschopf entfiel ein Viertel des Preises an die Staatskasse. Um die lästige Steuer zu umgehen, bediente man sich auch unverzollter Perücken, weshalb zahllose Visitatoren an den Stadttoren jede einkommende Kiste nach solchem Kopfschmuck und anderen Luxusgütern durchschnüffelten.

Natürlich waren auch die Frauen von Abgaben nicht ausgenommen. Sie mussten eine Sondersteuer für Hüte, Bänder, Schleifen und anderen Kopfputz sowie für Schuhe und Kleider bezahlen. Da niemandem zuzumuten war, schlecht gekleidet durch die Straßen zu laufen, wurden die Groschen und Taler auf all diese Erzeugnisse mehr oder minder missmutig gezahlt. Selbstverständlich wurden auch andere Produkte der Besteuerung unterworfen, Schweineborsten etwa, aus denen man Pinsel und Bürsten fertigte, oder Spielkarten. Selbst die Ausstellung von amtlichen Papieren hat man mit Stempelgeldern belegt, und da man im Beamtenstaat Preußen besonders viele amtliche Papiere brauchte, kommt auch auf diesem Weg einiges zusammen. Wer etwa das so genannte Schweineborsten-Handlungs-Privileg umgong und es mit ehrenrührigen Worten beschimpft, hatte nach einem königlichen Erlass aus dem Jahre 1709 mit schweren Sanktionen - Gefängnishaft oder Leibesstrafe - zu rechnen.

Dass sich auch der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. dafür hergab, Ämter und Titel für hohe Summen zu verkaufen, verwundert eigentlich. Eigentlich nimmt man an, dass der fromme und persönlich sparsame Monarch im Unterschied zu seinem Vater Friedrich I. nur befähigte Personen auf Beamtenposten und an die Schaltstellen der Macht gesetzt hat. Natürlich war ihm daran gelegen, wie die große Zahl hervorragender Beamter beweist. Daneben aber wurden Posten und Pöstchen schwunghaft an Meistbietende verhökert. Viele Leute, die sich mit einem schönen Titel schmücken wollten, sahen sich gezwungen, Schulden aufzunehmen. Der König bestimmte persönlich, was der Titel eines Hofrats, eines Amtmannes, ein Adelsprädikat kostet und wer ihn bekommt. Wenn es mehrere Bewerber für die gleiche Stelle gab, entschied er sich für denjenigen, der die meisten Taler auf den Tisch legte.

Solche auch außerhalb Preußens üblichen Ämter- und Titelversteigerungen trugen nicht gerade dazu bei, die Effektivität der Verwaltung zu verbessern, und hoben auch nicht die Motivation ihrer Mitarbeiter. Bei dem Ämterschacher ging es um hunderte und tausende Taler. Die Einnahmen wurden zur Tilgung der Schulden verwendet, die Friedrich Wilhelm I. von seinem Vater Friedrich I. übernommen hatte, dienten aber auch dem Kauf von Soldaten und dem Unterhalt der Armee. Unter diesen Umständen verwundert es nicht, dass die auf dubiose Weise in Ämter gehievten oder mit einem wohlklingenden Titel "begabten" Personen alles taten, um das investierte Geld irgendwie wieder hereinzubekommen. Regelmäßig wiederholte und verschärfte königliche Edikte signalisierten, dass es Korruption gegeben hat und es mit der Ehrlichkeit der Beamten wohl nicht weit her war. Wo Unregelmäßigkeiten dem König bekannt wurden, und er hatte natürlich seine Zuträger, konnte er fuchsteufelswild dazwischen fahren. Bei krassem Ämtermissbrauch sprachen die Gerichte Strafen für Leib und Leben sowie Gefängnisstrafen aus.

Zur Ehre des Soldatenkönigs sei gesagt, dass er Anwärter für geistliche und schulische Ämter sowie solche für Offiziersstellen vom Ämterkauf ausnahm. Doch sah er es nicht ungern, wenn sich Interessenten finanziell erkenntlich zeigten. Übrigens nimmt es der König auch mit der von ihm selbst verfügten Kriegsdienstpflicht für junge Männer nicht immer genau. So ließ er zahlreiche Ausnahmen von der Regel zu, und wenn eine Familie genug Geld in die Rekrutenkasse zahlte, konnte sie einen Ersatzmann kaufen.

Zurück zur Themenübersicht "Geschichte, Zeitgeschichte, Ausstellungen"