Zähnefletschende Wolfsmenschen

Skulpturenausstellung vor dem Berliner Hauptbahnhof ruft zum Kampf gegen Rassismus und Fremdenhass auf



Mitläufer in Wolfsgestalt machen alles willig und ungeprüft mit, was ihre Anführer ihnen sagen.



Schautafeln geben den Besuchern der Freiluftausstellung am
Berliner Washingtonplatz Stoff zum Nachdenken.




Zum Morden angetreten sind diese Wolfsmenschen, mit denen Rainer Opolka
die Attentäter vom Nationalsozialistischen Untergrund meint.




Der in hellem Messing gegossene Anführer hält den Arm zum Hitlergruß hoch.
Fotos: Caspar


Nach Stationen in Dresden und Potsdam können noch bis zum 16. August 2016 auf dem Washingtonplatz vor dem Berliner Hauptbahnhof 66 Wolfsmenschen aus Bronze und Eisen betrachtet werden. Der Künstler Rainer Opolka will mit dieser Aktion ein Zeichen gegen Rassismus und Gewalt setzen. Mit seinen zähnefletschenden, sich bedrohlich erhebenden Mischwesen ruft er zum Widerstand gegen Rassismus und Fremdenhass auf. Die überlebensgroßen Figuren symbolisieren auf grauenhafte Weise, was Intoleranz und Menschenverachtung anrichten können und wie anfällig manche Zeitgenossen für Verlockungen rechter Rattenfänger sind. Seinen Figuren hat der Künstler Namen wie NSU-Mann (mit Pistole), Blinder Hasser (mit verbundenen Augen), Kraftprotz und Anführer (mit einem zum Hitlergruß gerecktem Arm) gegeben.

Die aggressiven, düsteren und angriffslustigen Wölfe sollen zeigen, was passiert, wenn sie auf die Menschen losgelassen werden. Rainer Opolka zeigt die Folgen des Verlustes moralischer Werte und gesellschaftlichen Zusammenhalts. Er unterstreicht auf Schautafeln, wie Neonazis, Demokratieverächter und Rassisten im Internet nahezu ungehindert Hass und Verleumdung verbreiten, indem sie vorgeben, die "besseren Deutschen" zu sein und behaupten, unsere parlamentarisch-demokratische Ordnung habe abgewirtschaftet. Zugleich wünschen sie allen, die nicht in ihr ideologisches Weltbild passen, den Tod. Auf einer im Faksimile wiedergegebenen facebook-Seite heißt es zynisch und menschenverachtend zu einem Bild mit Leichenbergen in einem Nazi-KZ "Juden retten Energiewende Genug Brennmaterial bis 2020." Ein anderer Hasseintrag hält für die Bundeskanzlerin Angela Merkel Schafott und Galgen bereit und behauptet, der Tag der Abrechnung werde kommen.

Die Open-Air-Installation war zuvor schon in Dresden, der Hauptstadt der so genanten Pegidabewegung, und in Potsdam mit großem Aufsehen gezeigt worden. Die Schau in der brandenburgischen Landeshauptstadt mit mehr als 35.000 Besuchern sei sehr offen und freundlich aufgenommen worden, sagt Opolka damals. Die überwiegende Mehrheit hätte sich zustimmend geäußert und ihn ermuntert, weiter zu machen. Doch sei er in Dresden und Potsdam auch bedroht und beleidigt worden. Opolka will mit seiner aufrüttelnden Kunstaktion "Die Wölfe sind zurück" durch alle deutschen Landeshauptstädte ziehen und wartet auf Genehmigungen in Hamburg, Bremen, Düsseldorf und Köln.

Rainer Opolka machte gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Harald als Taschenlampen-Fabrikant ein Vermögen. Inzwischen sind die beiden aus dem operativen Geschäft ausgestiegen und widmen sich ganz der Kunst. 2012 kauften sie das Schloss Hubertushöhe im brandenburgischen Storkow, das sie zum Kunst- und Literaturpark ausbauen wollen. Dort sollen die Wolfsskulpturen nach ihrer Tour quer durch Deutschland aufgestellt werden.

9. August 2016

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