Zu Besuch in der Berliner Reichsdruckerei

Herstellung von Banknoten war kompliziert und unterlag strengen Geheimhaltungsvorschriften



Die Schaffung der Reichsdruckerei geht auf eine Initiative des Reichspostmeisters
Heinrich von Stephan zurück. Das Bauwerk im Rundbogenstil wurde im Zweiten
Weltkrieg zerstört. Auf dem Gelände steht heute die Bundesdruckerei.




Die Medaille ehrt Stephan, der unter anderem für die Einführung des Fernsprechers
in der Reichshauptstadt gesorgt hat. Das erste Berliner Telefonbuch kam
1881 mit 48 Anschlüssen heraus.




Trotz mehrfacher Hinweise in Zeitungen und anderen Medien blieb sowohl dem großen
Publikum als auch vielen Beamten das Wesen des blauen Faserstreifens in dem Papier
und dessen Bedeutung bei der Frage nach Echt oder Falsch verborgen, bemängelte
die Reichsdruckerei. Kunstkenner hielten mit ihrer Kritik an der historistischen
Kostümierung der Banknoten nicht hinterm Berg und forderten ein zeitgemäßes Design.




Obwohl der "braune Tausender " und all die anderen Reichsbanknoten mit
raffinierten Echtheitsmerkmalen ausgestattet waren, wurden sie vielfach
gefälscht. In der Kaiserzeit konnte man solche Banknoten ohne Probleme auch in
Gold- und Silbergeld umtauschen. Nur wenige Leute dürften damals ein solch teures Stück
je in der Hand gehabt haben.






Auf dem blauen Hunderter und anderen Banknoten drohen Warnhinweise
Fälschern mindestens zwei Jahre Zuchthaus an. (Fotos: Caspar)

Die Herstellung von Reichsbanknoten, Aktien und anderen Wertpapieren in der Berliner Reichsdruckerei war ein kompliziertes Verfahren und unterlang strenger Geheimhaltung. Nur wenig drang aus dem weitläufigen Haus im Berliner Bezirk Kreuzberg an die Öffentlichkeit, und auch die heutige Bundesdruckerei hält sich bei der Beantwortung detaillierter Fragen bedeckt. In Paul Lindenbergs Buch "Berlin in Wort und Bild" aus dem Jahr 1895 gibt es eine Schilderung des komplizierten und langwierigen Banknotendrucks in der Reichsdruckerei. Sie war am 6. Juli 1879 auf Initiative des später geadelten Generalpostmeisters Heinrich Stephan durch Zusammenschluss der Deckerschen Geheimen Oberhofbuchdruckerei und der Königlich-preußischen Staatsdruckerei als Reichsbehörde gegründet worden und befand sich an der Oranienstraße/Ecke Alte Jakobstraße nicht weit vom Stadtzentrum entfernt. Vergleicht man auf alten Fotos das im italienischen Rundbogenstil gebaute Fabrikgebäude mit der Königlichen Münze an der Unterwasserstraße, so kann man unschwer Parallelen erkennen, allerdings war die Fassade der Münze weitaus prächtiger mit Reliefs und Figuren dekoriert. Der alte Standort der Wertpapierdruckerei ist geblieben, nur hat sich der Name geändert. Seit 1951 heißt das Traditionsunternehmen Bundesdruckerei.

Die Reichsdruckerei hatte in der Kaiserzeit etwa 1300 Arbeiter und war in einem Gebäudekomplex mit zahllosen Seiten- und Hintergebäuden mit vier Höfen auf einer Fläche von 100 000 Quadratmetern untergebracht. Grafiksammler wissen, dass das Institut nicht nur Banknoten und Wertpapiere hergestellt hat, sondern auch hochwertige Reproduktionen von Stichen, Radierungen, Holschnitten und Lithographien alter Meister. Außerdem verstanden sich die Spezialisten auf ausgefeilte Lichtdrucktechniken zur Wiedergabe von Gemälden und anderen farbigen Vorlagen. Um der Versuchung vorzubauen, dass die Reichsdrucke, so die Kurzbezeichnung für diese bei Sammlern begehrten Blätter, in betrügerischer Absicht als historische Originale angeboten und verkauft werden, wurden und werden sie mit untilgbaren Stempeln, speziellen Wasserzeichen und anderen Merkmalen gezeichnet, vergleichbar mit Nachprägungen, die ebenfalls als solche ausgewiesen sind.

Feine farbige Pflanzenfasern

Paul Lindenberg hat sich in der kaiserlichen Reichsdruckerei gründlich umgeschaut und wusste 1895 folgendes zu berichten: "Das Papier ist bekanntlich mit feinen Pflanzenfasern durchzogen, welche mittelst sehr zweckdienlicher, aber äußerst kostspieliger Maschinen in die Masse verwebt werden, sodaß eine Fälschung kaum möglich ist, ohne sofort als solche erkannt zu werden. Das zum Druck präparierte Papier gelangt in den Kupferdrucksaal, woselbst eine größere Anzahl Handpressen wie eine Schnellpresse thätig sind; die zum Druck der Geldscheine nötigen Kupferstichplatten - stets achtfach galvanisch vervielfältigt als Druckplatte für acht Kassenscheine - werden auf heißen Eisenplatten erwärmt, dann mit blauer Farbe eingerieben, wozu sich der betreffende Arbeiter erst mehrerer Tücher, schließlich seiner Handfläche bedient, hierauf auf den Tisch der Maschine gelegt und mit dem leicht angefeuchteten Papierbogen bedeckt, über welchen ein weiches Tuch gebreitet wird, worauf sich der Tisch auf Schienen unter die Druckpresse bewegt." Die Bogen wurden aus Sicherheitsgründen erst mit der einen Geldscheinseite bedruckt, dann in einem anderen Saal mit der Rückseite. Pro Stunde wurden je nach Art des Druckes täglich 1600 bis 2400 Geldscheine hergestellt. Jeder Schein musste noch nummeriert werden. Dies geschah vorsichtshalber nicht in der Reichsdruckerei, sondern in der Reichsschulden-Verwaltung. Man muss nicht viel Phantasie haben, um sich vorzustellen, wie mühsam und teuer die Fertigung einer aus vielen tausend Stück bestehenden Banknotenserie. Übrigens teilt das oben erwähnte Buch über das deutsche Staatspiergeld mit, was eine Million Mark in Papierscheinen wiegt. Das Gewicht wurde 1881 aufgrund einer Wette ermittelt. Zwei Kilogramm Tausend-Mark-Scheine ergaben eine Million Mark, der gleiche Wert wog, in Fünf-Mark-Scheinen ausgedrückt, beachtliche 145 Kilogramm!

Aufgedruckte Warnhinweise

Geheimnisvoll klingt Lindenbergs Hinweis auf eine "Prozedur", der die Scheine unterworfen wurden, um die fotografische Nachbildung unmöglich zu machen. Dass es damals viele Versuche gab, in- und ausländische Scheine zu fälschen, zeigen nicht nur polizeiliche Bekanntmachungen in der Tagespresse sowie Gerichtsverfahren, sondern auch immer wiederkehrende Warnungen in der Fachpresse sowie in Büchern über Geldangelegenheiten, die die bewussten Noten spiegelverkehrt und mit untilgbaren "Muster"-Aufdrucken abbildeten. Der Warnhinweis "Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft und in Verkehr bringt, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft" auf den Geldscheinen hat Fälscher offenbar nicht von ihrem schändlichen Tun abgehalten, sonst hätten Polizei und Justiz in der Kaiserzeit weniger zu tun gehabt.

Um Betrügern das Handwerk zu erschweren, wurde großer Wert auf fälschungssicheres Banknotenpapier gelegt. In Lindenbergs Buch ist dazu lediglich zu erfahren, dass das Papier "bekanntlich" mit feinen Pflanzenfasern durchzogen ist, "welche mittelst sehr zweckdienlicher, aber äußerst kostspieliger Maschinen in die Masse verwebt werden, sodaß eine Fälschung kaum möglich ist, ohne sofort als solche erkannt zu werden. Das zum Druck präparierte Papier gelangt in den Kupferdrucksaal, woselbst eine größere Anzahl Handpressen wie eine Schnellpresse thätig sind; die zum Druck der Geldscheine nötigen Kupferstichplatten - stets achtfach galvanisch vervielfältigt als Druckplatte für acht Kassenscheine - werden auf heißen Eisenplatten erwärmt, dann mit blauer Farbe eingerieben, wozu sich der betreffende Arbeiter erst mehrerer Tücher, schließlich seiner Handfläche bedient, hierauf auf den Tisch der Maschine gelegt und mit dem leicht angefeuchteten Papierbogen bedeckt, über welchen ein weiches Tuch gebreitet wird, worauf sich der Tisch auf Schienen unter die Druckpresse bewegt."

Geheimnisvolles Wilcox-Papier

Ab 1882 wurde das patentierte "Wilcox-Faserpapier" verwendet, das von der Papierfabrik Gebr. Ebart in Spechthausen bei Eberswalde hergestellt wurde. Das Unternehmen hatte schon im frühen 19. Jahrhundert Papier für preußische Tresor- und andere Geldscheine produziert. Weitsichtig, wie sie war, hatte die Preußische Bank das Verfahren zur Herstellung von Banknotenpapier, über das begreiflicherweise nicht viel geredet und geschrieben wurde, von dem Erfinder James M. Wilcox in Glenn Mills (Pennsylvania) gekauft. Nach ihrer Gründung bediente sich die Reichsbank dieses Verfahrens und ließ unter strenger Aufsicht ihrer Beamten farbige Fasern in das Papier einbringen. Zu diesem Zweck hat man das Wilcox-Gerät immer wieder von Berlin nach Spechthausen geschafft. Wurde die Maschine zum Verteilen der winzigen Fasern nicht gebraucht, kam sie zurück gebracht und wurde in der Reichsbank eingeschlossen. Mit dem umständlichen, aber notwendigen Verfahren hat man sichergestellt, dass Unbefugte die Echtheitsmerkmale nicht in das Papier einbringen konnten. Die Erzeugung von Wert- und Banknotenpapier unterlag strengsten Kontrollen und erfolgte unter den Augen wachsamer Beamter. Nicht verwendete Materialien, Schöpfformen und Geräte zur Erzeugung der Wasserzeichen ließ man unter ihrer Aufsicht unbrauchbar machen. Eine Überwachungskommission der Reichsbank sorgte auch dafür, dass Reste der übrig gebliebenen Papiere vernichtet wurden.

Erstmals wurde Wilcox-Papier 1882 für die Reichskassenscheine zu 5, 20 und 50 Mark verwendet. Gut sind dunkelblaue Fasern auf hellblauem Grund zu erkennen. Außerdem hat man in Spechthausen die Wertzahl des Scheins seitenverkehrt als Wasserzeichen und damit auch als Fälschungsschutz verwendet. In einer Verfügung an die Beamten der Reichspost- und Telegrafenverwaltung von 1895 heißt es: "Die blauen Fasern lassen sich durch eine Nadel aus der Papiermasse auslösen, wie durch eine Probe ohne Beeinträchtigung der Gültigkeit des Scheins festgestellt werden kann. Liegen die Fasern ihrer ganzen Länge nach auf der Oberfläche, so kann man sicher sein, ein Falschstück vor sich zu haben".

Wasserzeichen in verwirrender Vielfalt

In der Kaiserzeit ging man dazu über, neben blauen Fasern auch anders gefärbte Partikel maschinell in die Papiere einzubringen. Wie das geschah, blieb ein streng gehütetes Betriebsgeheimnis. Außerdem wurden als Wasserzeichen neben Ziffern auch Merkurkopf, die Kaiserkrone zwischen Lorbeerzweigen und andere Darstellungen verwendet. Alles in allem besaßen die Geldscheine des Deutschen Reichs eine verwirrende Vielfalt von Sicherheitsmerkmalen. Fälscher nutzten das, weil sie davon ausgehen konnten, dass in der Bevölkerung die Kenntnis über diese Merkmale wenig ausgeprägt ist.

Die Verwendung des neuartigen Faser-Papier à la Wilcox hatte einigen Erfolg, denn die Zahl der gefälschten Banknoten ging zurück. Dennoch gab es Versuche, sie nachzuahmen, wobei man sich ziemlich lachhafter Methoden bediente. So wurden Geldscheine mit aufgeklebten Menschenhaaren oder kurz geschnittenen Pinselborsten angehalten, und es wurden auch farbig getuschte Nachdrucke, wie ein Buch der Reichsdruckerei von 1901 berichtet. "Was an Nachbildungen geleistet wurde, war im Allgemeinen so schlecht, daß die Entdeckung nur deswegen nicht immer sogleich erfolgte, weil die Fälscher oder ihre Helfershelfer die Einschmuggelung gegen Abend im Zwielicht oder bei schlechtem künstlichen Lichte und in solchen Augenblicken versuchten, wo sie wussten, daß die Empfänger wegen großer Inanspruchnahme es an der nöthigen Aufmerksamkeit mangeln lassen würden oder von den Erfordernissen des echten Papiers überhaupt keine Kenntniß besaßen."

Interessante Dokumente der Geldgeschichte

Der Reichskanzler ließ die Kassenbeamten des Reiches und der Bundesstaaten auf die Eigenschaften des Faserpapiers besonders aufmerksam machen und darauf hinweisen, "daß ein wichtiges Erkennungszeichen für die Echtheit der Reichs-Kassenscheine in der Lösbarkeit der Pflanzenfasern besteht." Die Reichsdruckerei betont, das echte Papier müsse eine einheitliche feste Schicht mit gut geglätteter, weder glänzend noch wolliger Oberfläche bilden, und spricht den Wunsch aus, dass auch das große Publikum und nicht nur die beruflich mit Papiergeld befassten Personen hin und wieder auf die Kennzeichen der Echtheit des Faserpapiers aufmerksam gemacht wird.

Die Banknoten und auch die Kolonialausgaben sind interessante geldgeschichtliche Dokumente und wichtige Zeugnisse für den hohen Standard damaliger Papierfabrikation und Drucktechnik, aber auch für den nach rückwärts gerichteten Kunstgeschmack des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Sollten solche Geldscheine im Handel auftauchen, werden für sie gelegentlich Liebaberpreise bezahlt, vor allem für solche in exzellentem Zustand und mit besonderen Seriennummern. Von den einst in großen Stückzahlen gedruckten Banknoten sind bis heute erstaunlich viele erhalten geblieben.

27. November 2016

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"