Schlag nach bei Schwalbach und Jaeger

Deutsche Münzen des 19. und 20. Jahrhunderts sind in bekannten Katalogen hervorragend dokumentiert



Die von Carl Schwalbach katalogisierten Münzen deutscher Bundesstaaten des
19. Jahrhunderts kann man in allerbester Erhaltung in der ständigen Ausstellung des
Berliner Münzkabinetts im Bode-Museum auf der Museumsinsel in aller Ruhe betrachten.






Die Drei-Mark-Stücke von 1917 "Friedrich der Weise" und von 1918 "Bayernhochzeit"
gehören zu den seltensten Münzen der deutschen Kaiserzeit. (Foto/Repros: Caspar)


Die im ausgehenden 19. Jahrhundert von dem sächsischen Sammler Dr. Carl Schwalbach publizierten und danach immer wieder als Reprint neu aufgelegten Kataloge "Die neueren deutschen Thaler, Doppelthaler und Doppelgulden vor der Einführung der Reichswährung" sowie "Die neuesten deutschen Münzen unter Thalergröße vor Einführung des Reichsgeldes" sind nur noch bedingt aussagefähig, denn viele Ausgaben wurden vom Autor nicht berücksichtigt. Außerdem bilden die seinerzeit mitgegebenen Lichtdrucktafeln nur eine Auswahl der in Frage kommenden Münzen ab. Immerhin notierte Schwalbach, ob eine Münze nach Auffassung seiner Zeit selten ist oder nicht und in welchen Jahrgängen sie vorkommt. Carl Schwalbach hat das Verdienst, Münzen deutscher Fürsten und Städte des 19. Jahrhunderts in Zeiten erschlossen zu haben, als diese in großen Mengen eingezogen und eingeschmolzen wurden. Seine Münzen aus Braunschweig-Lüneburg und anderen Ländern bestehende Sammlung wurde 1913 in Hannover versteigert.

Carl Schwalbach machte seine Zeitgenossen neugierig auf das von Vernichtung bedrohte numismatische Erbe der letzten Jahrzehnte und sorgte dafür, dass die von ihm beschriebenen Münzen wahrgenommen wurden und zu beliebten Sammelstücken avancierten. Es liegt in der Natur der Sache, dass das Gute durch das Bessere abgelöst wird, das heißt dass man die Schwalbach'schen Bücher durch neue Kataloge mit ausführlicheren und genaueren Angaben ersetzt hat. Dennoch ist Carl Schwalbach nicht vergessen, manche Münzfreunde sprechen von der "Schwalbachzeit", wenn sie die deutschen Münzen vom frühen 19. Jahrhundert bis zur Reichseinigung von 1871 meinen.

In den vergangenen hundert Jahren ist die numismatische Forschung gut vorangekommen, fast alle Facetten dieses Themas sind ausgeleuchtet und erklärt. Sie hat Münzen von Taler- und Doppeltalergröße und darunter ausfindig gemacht, die Schwalbach noch nicht kannte oder aus uns nicht bekannten Gründen unberücksichtigt ließ. Heutige Kataloge informieren viel ausführlicher über Auflagen, Varianten, beteiligte Künstler und Prägeanstalten, ja auch über vorkommende Abschläge und Fälschungen. Uns sie nennen Preise, die Sammlern bei der Einordnung ihrer Stücke helfen. In neuen Katalogen über deutsche und ausländische Münzen werden nicht nur alle erreichbaren Informationen über sie mitgeteilt, sondern auch in welchen Sammlungen gewisse Raritäten liegen sowie wo und für welchen Preis sie versteigert wurden.

Deutsche Münzen des 19., 20. und nun auch des 21. Jahrhunderts erfreuen sich bei Sammlern hierzulande großer Beliebtheit. Sie sind gut katalogisiert, und man kennt in den meisten Fällen die Varianten, Auflagezahlen und andere für Sammler wichtige Daten. Bei vielen Stücken entscheiden ein kleiner Buchstabe, eine veränderte Jahreszahl, eine auffällige Haarlocke, ein Punkt oder Stern darüber, ob man beim Erwerb 20 oder 20 000 Euro bezahlen muss. Paradebeispiel aus neuerer Zeit ist das bundesdeutsche Fünfzigpfennigstück von 1950 mit der Umschrift "Bank deutscher Länder". Der Buchstabe G auf der Wertseite steht für die Münzstätte Karlsruhe, in der es in jenem Jahr zu einer peinlichen Verwechslung kam. Während die in 30 000 Exemplaren hergestellte "Fehlprägung" mit durch die Gründung der Bundesrepublik überholten Umschrift BANK DEUTSCHER LÄNDER je nach Erhaltung zwischen 320 und 800 Euro bringt, werden für das ebenfalls im Jahr 1950 geprägte Stück mit dem korrekten Hinweis BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND nur wenige Euro gezahlt. Da die G-Rarität von 1950 später noch einmal von Mitarbeitern der Karlsruher Münze illegal nachgeprägt wurde und außerdem von ihr viele Fälschungen kursieren, wird zur Echtheitsprüfung geraten.

Verlässliche Informationen über die seit der Reichsgründung von 1871 geprägten deutschen Münzen liefert der bekannte Katalog von Kurt Jaeger "Die deutschen Münzen seit 1871", der im Gietl Verlag Regenstauf in zahlreichen Auflagen erschienen ist. Immer wieder auf den neuesten Stand von Helmut Kahnt gebracht, bietet das nach dem Zweiten Weltkrieg als schmales Heft von Jaeger veröffentlichte und danach immer wieder aktualisierte Nachschlagewerk alles, was man über die Geschichte, Gestalter und Themen der Münzen der Kaiserzeit, Weimarer Republik und NS-Zeit sowie nach 1945 in beiden deutschen Staaten wissen sollte. Hinzu kommen Münzen der Kolonien des Kaiserreichs sowie der von deutschem Militär im Ersten und Zweiten Weltkrieg besetzten Gebiete. Erfasst sind darüber hinaus staatliche Notmünzen aus dem Ersten Weltkrieg und danach.

Bei vielen in geringeren Stückzahlen hergestellten und daher nur ganz selten angebotenen Münzen findet man die Angabe LP - Liebhaberpreis. Ein solches Stück ist bei Hamburg vermerkt. Es handelt sich um ein 1908 geprägtes Zwanzig-Mark-Stück, von dem nur 14 Exemplare hergestellt wurden. Hier wie bei anderen Münzen ist Vorsicht geboten, denn es kommen Fälschungen und manipulierte Ausgaben vor, die nicht das Geld wert sind, das gut betuchte Sammler hinzulegen bereit sind.

2. Dezember 2016

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