Schützentaler, Helvetia und das Rote Kreuz

Wovon Münzen der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzählen und wen sie ehren



Den von Wilhelm Tell abgegebenen Apfelschuss feiert der Schaffhauser Schützentaler aus dem Jahr 1865.



Alte und neue Schützentaler sind in der Schweiz, doch nicht nur dort, beliebte Sammelstücke
und werden wie diese goldene Ausgabe aus dem Jahr 1991 vom Handel angeboten




Die Medaille von 1908 ehrt Henri Dunant, den Begründer der Internationalen Rotkreuz-
und Rothalbmond-Bewegung. Für seine Lebensleistung erhielt er gemeinsam mit dem
französischen Pazifisten Frédéric Passy den ersten Friedensnobelpreis.




Das Fünf-Francs-Stück von 1855 wurde im Geist der Lateinischen Münzunion
geprägt, die 1927 ihre Existenz einstellte.




Das Hundert-Franken-Stück mit dem Vreneli-Kopf kam 1925 in einer Auflage von
nur 5000 Stück heraus. (Repros: Caspar)

Die seit 1855 in der Schweiz mit einigen Unterbrechungen geprägten Schützentaler im Wert von fünf Franken beschwören mit ihren Wappen und Personendarstellungen die Wehrhaftigkeit der Eidgenossen und ihren Willen, keine Einmischung von außen zuzulassen. Da die Auflagen dieser anfangs staatlichen und seit 1984 privaten Prägungen relativ klein sind, muss man als Sammler zuweilen tief in die Tasche greifen, um die aus Silber- und Goldprägungen bestehende Serie vollständig zu bekommen. Innerhalb der Lateinischen Münzunion kam es wegen der Schützentaler einige Probleme gab. Weil sie das schweizerische Geldvolumen anschwellen ließ, wurde die Emission 1885 abgebrochen. Zwischen 1934 und 1939 hat man die Tradition mit neuen Werten zu 100 und fünf Franken wiederbelebt, und ab 1984 kommen Schützentaler als private Prägungen stets mit einem mittelalterlich kostümierten Schützen heraus. Bewaffnet ist der Mann mit einem Gewehr, mit einer Armbrust, einem Schwert und anderen Waffen.

Viele Ereignisse und Gestalten der nationalen und internationalen Geschichte und Kultur sind auf Münzen und Medaillen der Alpenrepublik verewigt. Helvetia und Wilhelm Tell, aber auch bedeutende Künstler sowie Wissenschaftler und Politiker kamen auf ihnen zu numismatischen Ehren. Das Land verewigt nationale Jubiläen auf seinen Münzen, es haben auch bedeutende Bau- und Kunstwerke, ja auch landestypisches Brauchtum, die schönsten Berge und charakteristische Tiere und Pflanzen den Weg auf geprägtes Edelmetall gefunden. Hinzu kommen zahlreiche sportliche und kulturelle Ereignisse.

Mit dem Ziel, das Los der Verwundeten auf den Schlachtfeldern zu lindern, hatte der Schweizer Kaufmann Henri Dunant unter dem Eindruck der schrecklichen Blutopfer, die die Schlacht von Solferino am 24. Juni 1859 zwischen Frankreich und Sardinien forderte, das Rote Kreuz gegründet. Die Aufgaben der Hilfsorganisation, die in der Schweiz ganz klein anfing und zu einer weltumspannenden Organisation wurde, beschränkten sich nicht nur darauf, Verwundeten und anderen Kriegsopfern unmittelbare Hilfe zu leisten. Die Organisation wurde schon bald beim Austausch von Verwundeten und Gefangenen tätig und übernahm wichtige Aufgaben im Katastrophenschutz.

Henri Dunant kam auf Umwegen und durch ein schreckliches Erlebnis zu seiner Lebensaufgabe. Als Betreiber einer Mühlengesellschaft im damals französisch beherrschten Algerien hatte er Probleme mit den Kolonialbehörden. 1859 reiste er nach Italien, um vom französischen Kaiser Napoleon III. Hilfe zu erbitten. Als er während und nach der Schlacht bei Solferino sah, dass die Versorgung der vielen tausend Verletzten ganz und gar unzureichend sind und diese ihrem Schicksal überlassen werden, rief er beide Seiten dazu auf, sich ihrer anzunehmen und ihnen ärztliche Hilfe zuteil werden zu lassen. Dunants Buch "Eine Erinnerung an Solferino" schilderte auf ergreifende Weise das Elend der Verwundeten und prangerte die Untätigkeit der Militärs an, denen sie gleichgültig waren.

Anfang 1863 entstand auf Dunants Initiative in Genf ein Komitee als Krankenhelferverband für kriegführende Armeen ein. Daraus entwickelte sich das offiziell am 26. Oktober 1863 gegründete Roten Kreuz, das mit seinem Logo an die Schweiz mit dem weißen Kreuz auf rotem Grund als den Ursprungsort erinnert. Quer durch Europa warb Dunant unermüdlich in der Öffentlichkeit und bei den Regierungen für seine Ideen. 1864 wurde das "Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten auf dem Feld" unterzeichnet. Diese später Genfer Konvention genannte Abmachung garantierte dem Roten Kreuz als neutrale Organisation im Kriegsfall einigen Schutz. Zahlreiche Staaten traten schon bald dem Abkommen bei. Dass es in späteren Kriegen wenig geholfen hat und hilft, gehört leider zu den traurigen Begleiterscheinungen solcher gewaltsamer Auseinandersetzungen. Selbstverständlich ehrte die Schweiz 2010 den einhundert Jahre zuvor verstorbenen Henry Dunant als einen ihrer ganz Großen mit einem Zwanzig-Franken-Stück. Wenn Sammler die Ankündigungen für die kommenden Jahre studieren, können sie sich auf weitere interessante Ausgaben und Serien mit Darstellungen von Ereignissen und Gestalten der Landesgeschichte sowie Schönheiten der Natur und Umwelt freuen.

Das Edelweiß als Symbol der Alpen besitzt Kultstatus. Wer den Mut aufbringt, die seltene und schwer zugängliche Blume für seine Angebetete zu pflücken, darf sich seines Lohnes gewiss sein, muss sich aber darauf gefasst machen, wegen Verstoßes gegen den Naturschutz belangt zu werden. Da ist es schon besser, mit der Pflanze aus der Familie der Korbblütler auf blitzendes Metall geprägt bei sich zu führen. Die Vreneli-Münzen und weitere Ausgaben sind mit Blüten und Blättern vom Edelweiß geschmückt. Eine Bimetallmünze zu zehn Franken wurde zur Sondermünze des Jahres 2016 ausgerufen und wird sicher auch Sammler außerhalb der Schweiz interessieren. In einer Sammlung zum Thema "Pflanzen auf Münzen und Medaillen" findet diese Novität einen hervorragenden Platz.

Die Herstellung der Umlauf- und Gedenkmünzen sowie von Medaillen in der Swissmint ist ein interessantes Tätigkeitsfeld, das dem schweizerischen Staatshaushalt viele Millionen Franken einträgt. Untergebracht ist das Unternehmen in einem von Theodor Gohl geplanten und vor genau 110 Jahren eröffneten Gebäude im Berner Kirchenfeldquartier, das als Kulturgut von nationaler Bedeutung unter Denkmalschutz steht. In der hochmodern eingerichteten Geldfabrik verschmelzen leistungsstarke Technologien, Maschinen und Produktionslinien mit uralten Handwerkstechniken, und selbstverständlich sind auch verschiedene numismatische Vereine und Münzsammlungen zur Stelle, wenn es darum geht, bei der Bestimmung und alter Gepräge zu helfen. Außerdem ist die Zahl der Publikationen zur schweizerischen Münz- und Medaillengeschichte nicht gerade klein. . .

14. Oktober 2016

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"