Fürstentag war ein Schlag ins Wasser

Preußen blieb 1863 dem Treffen in Frankfurt am Main und brüskierte den österreichischen Kaiser



Frankfurt am Main ist auf Münzen des 19. Jahrhunderts durch seine
Symbolfigur Francofurtia und dem einköpfigen Stadtadler vertreten.




Das Treffen deutscher Fürsten einschließlich des österreichischen
Kaisers von 1863 war der Mainmetropole die Prägung eines Gedenktalers wert.




Vor 150 Jahre war es für viele Menschen ein Alptraum, dass Deutschland
unter die preußische Pickelhaube kommt. Frankfurt am Main hat ihn
erlebt und kam mit dem Hohenzollernstaat gut zurecht. (Repros: Foto: Caspar)


Die Münzen der Freien und Reichsstadt Frankfurt am Main gehören zu den am besten erforschten numismatischen Gebieten innerhalb der deutschen Münz- und Geldgeschichte. Das Buch von Paul Joseph und Eduard Fellner "Die Münzen von Frankfurt am Main nebst einer münzgeschichtlichen Einleitung und mehreren Anhängen" erschien 1896 und wurde später nachgedruckt. Bis heute ist es Sammlern und Forschern als Referenz- und Zitierwerk bestens bekannt. Vom späten 12. Jahrhundert bis zur Einverleibung der Stadt in den preußischen Staat nach dem deutsch-österreichischen Krieg von 1866 wurden in der Mainmetropole unzählige Geldstücke geprägt - Groschen und Goldgulden, Taler und Dukaten, Pfennige, Kreuzer und viele andere Werte, gut erkennbar am einköpfigen gekrönten Adler. Zu den Frühjahrs- und Herbstmessen kamen zahlreiche Händler und Kaufleute in die Stadt, die mit der Zeit zu einem wichtigen Banken- und Wechselplatz avancierte und heute als Sitz großer Geldhäuser das monetäre Zentrum unseres Landes darstellt. Von hier aus steuert die Europäische Zentralbank die Währungspolitik im "Euroland".

Für Otto von Bismarck, den preußischen Ministerpräsidenten und nachmaligen deutschen Reichskanzler, gab es manche Gründe, Frankfurt am Main, neben Berlin und Wien quasi die dritte Hauptstadt des Deutschen Bundes, zu grollen. Hier als preußischer Gesandter beim Deutschen Bund tätig, hatte er wenig erfreuliche Begegnungen mit Abgeordneten der 1848/49 in der Paulskirche tagenden Nationalversammlung sowie mit Personen, die Preußen wenig freundlich gesonnen waren. Er erinnerte sich ungern auch an österreichische Diplomaten, mit denen er "harte Zusammenstöße" hatte. Als 1863 in Frankfurt am Main ein Fürstentag abgehalten wurde, in dem es um die Reformierung des Deutschen Bundes, die Folgen der Revolution von 1848/9, den Umgang mit Parlamentarismus und Liberalismus und die Frage ging, wer in dem losen Verband deutscher Fürsten und Freier Städte den Ton angeben soll, Österreich oder Preußen, veranlasste Bismarck nur mit Mühe und der Drohung, seinen Posten aufgeben zu wollen, den preußischen König Wilhelm I., dieser proösterreichischen und damit antipreußischen Versammlung fernzubleiben. Die von König Johann von Sachsen überbrachte Einladung in die Stadt am Main wurde abschlägig beschieden.

Unbeeindruckt von den Querelen im Hintergrund ließ die Stadt Frankfurt einen ungewöhnlichen Gedenktaler prägen, auf dem der österreichische Kaiser Franz Josef in einer Kalesche vor dem Römer vorfährt, dem Ort, in dem bis zum Ende des römisch-deutschen Reiches 1806 die Kaiserwahlen stattgefunden hatten. Auch diesen Affront mag Bismarck im Sinn gehabt haben, als es 1866 im Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich und ihrer jeweiligen Verbündeten auch für Frankfurt am Main um Sein oder Nichtsein ging. Ungeachtet vieler schöner Reden und Bilder war der Fürstentag von 1863 ein Schlag ins Wasser, und er verschärfte die Spannungen im Deutschen Bund, dem Zusammenschluss zahlreicher Fürstentümer und Freier Städte. Da Preußen der unter der schwarz-rot-goldenen Flagge tagenden Versammlung ferngeblieben war, wagten die anderen Teilnehmer nicht, die von Österreich vorgelegte Reformakte anzunehmen.

Drei Jahre später war Krieg. Wie Hannover, Kurhessen, Nassau, Sachsen, Bayern, Baden und Württemberg hatte sich die Frankfurt am Main im so genannten Deutschen Krieg von 1866 auf die falsche, die österreichische Seite geschlagen. Zwar verhielt sich die Mainmetropole in dem Waffengang neutral, was aber als antipreußischer Akt ausgelegt wurde. Während Otto von Bismarck nach dem von Preußen gewonnenen Krieg gegenüber Sachsen, Bayern, Baden und Württemberg Augenmaß und Vorsicht walten ließ, weil er sie als künftige Verbündete im Kampf gegen Österreich beziehungsweise Frankreich oder gegen beide Länder zusammen brauchte, rechneten er und König Wilhelm I. mit Hannover, Kurhessen und Nassau sowie Frankfurt gnadenlos ab. Diese Mitglieder des Deutschen Bundes wurden kurzerhand annektiert.

Am 18. Juni 1866 besetzt, sollte Frankfurt innerhalb eines Tages 25 Millionen Gulden Kriegskontributionen an Preußen zahlen. Die Stadt war dazu nicht bereit und in der Lage. Bürgermeister Carl Constanz Victor Fellner, der lange für die Finanzen der Stadt und daher auch für die Münzprägung zuständig war, war kein grundsätzlicher Gegner eines Anschlusses an Preußen in friedlichen Bahnen. Seine Vermittlungsversuche zwischen der Stadt und den als Eroberer dreist Preußen scheiterten. Unerbittlich verlangten sie die Kontributionen. Fellner war bereit zu zahlen, um der Stadt eine Beschießung zu ersparen, suchte aber bei den Besatzern um Gewährung von Raten nach. Das wurde ihm als Insubordination ausgelegt. Zwischen der eigenen Bevölkerung und der preußischen Übermacht stehend, hielt Fellner offenbar dem Druck nicht stand und erhängte sich am 24. Juli 1866, seinem 59. Geburtstag.

7. November 2016

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