Vorsicht Schläger und Taschendiebe!
Zu den Brennpunkten des Verbrechens in Berlin gehört der Alexanderplatz, jetzt bekommt er eine spezielle Polizeiwache







Wer auf dem belebten Alexanderplatz spazieren geht oder dort einkauft, ist gut beraten, ab und zu hinter sich zu schauen und auf seine Sachen Acht zu geben. Das gilt für alle Tages- und Nachtzeiten und überdies für die ganze Stadt. (Fotos: Caspar)

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Verbrechensrate in Berlin verdoppelt, gleichzeitig sank die Aufklärungsquote von Jahr zu Jahr und liegt derzeit bei 42 Prozent. Drogenhandel, kriminelle arabische Großfamilien, No-Go-Areas, reisende Einbrecherbanden, U-Bahn-Schläger, extremistische Gewalttäter und die latente Terrorgefahr fordern die Menschen heraus. 570.000 Straftaten wurden 2016 in Berlin angezeigt, das waren so viele wie in keiner anderen deutschen Stadt, heißt es in Medienberichten. Zwar sei das Sicherheitsgefühl gesunken, aber in Berlin gäben viele Menschen ihre freiheitliche Art zu leben nicht auf. Sie würden Angst erst gar nicht an sich herankommen lassen. Unterdessen müht sich der Staat, die Kontrolle auch an den besonders kriminalitätsbelasteten Orten der Stadt wieder zu erlangen. Sie versucht das mithilfe einer weit reichenden Videoüberwachung und mit neuen Konzepten für die chronisch unterbesetzte, vor Jahr und Tag vom Senat abgebaute Polizei.

Neben dem Alexanderplatz, dem Görlitzer Park sowie den U-Bahnstationen Görlitzer Bahnhof oder Kottbusser Tor gibt es weitere gefährliche Orte in Berlin. Hier laufen unter den Augen der machtlosen Polizei Drogengeschäfte, rivalisierende Gangs verteidigen ihre Geschäfte auch mit Waffengewalt. Gerade an diesen heiklen Orten sind viele von Berlins beliebtesten Szenelokale zu finden. Das Nebeneinander von Kriminalität in seinen vielen Facetten zwischen Marihuana-Dealern, Taschendieben und Messergangs scheint viele Besucher eher zu faszinieren als dass sie sich abgestoßen fühlen.

Zu den Zentren der Berliner Kriminalszene gehören die Rotlichtmeile Kurfürstenstraße, wo die Polizei gegen die dort regelrecht blühende Prostitution und den Rauschgifthandel kaum etwas unternehmen kann. Angeblich sollen arabische Großfamilien an dieser Straße das ganz große Rad drehen. Der Stuttgarter Platz und der Leopoldplatz sind bei Dealern und Rauschgiftkonsumenten als Orte des Drogenhandels bekannt. In der Spandauer Altstadt und auf dem belebten Hermannplatz haben es Taschendiebe vor allem auf Touristen abgesehen. Die Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße ist bei Ladendieben vor allem aus Osteuropa sehr beliebt. Mitunter kommt es hier zu den sogenannten Antanz-Versuchen von Dieben und Räubern, bei denen harmlose Personen "abgezogen", also beklaut werden. Im Friedrichshainer Nordkiez rund um die Rigaer Straße werden ständig Polizisten von Linksautonomen mit Steinen und Flaschen attackiert. Um Steinwürfe zu unterbinden, hat man das Pflaster durch Asphaltschichten ersetzt. Es werden auch Brände gelegt, um zu verhindern, dass neue Bewohner in den Kiez ziehen. Der Tiergarten rund um die Siegessäule, seit ewigen Zeiten Treffpunkt der Schwulenszene, ist immer wieder Schauplatz von brutalen Überfällen auf Homosexuelle sowie Obdachlose.

Tagtäglicher Kampf um Sicherheit

Berlin steckt tagtäglich in einem Kampf um Sicherheit. Die die beiden rbb-Autoren Olaf Sundermeyer und Jan Wiese erzählten ihn in einer Sendung am 5. September 2017 aus Sicht derer, die ihn mit großem Engagement führen, oft schlecht bezahlt und mit vielen Überstunden. Sie zeichneten ein Hauptstadtporträt, in dem neben anderen der Kokain-Dealer Tarek zu Wort kommt. Das Mitglied einer arabischen Großfamilie in Neukölln fährt mit den Filmemacher in einer Art Drogentaxi durch die Stadt. "Der deutsche Staat interessiert mich nicht. Wir haben unsere eigenen Gesetze. Sonst würden wir doch nicht so eine Scheiße machen", sagt Tarek.

Einer der Dreh- und Angelpunkte der Kriminalität in Berlin ist der Alexanderplatz. Die Polizei richtet eine mit mehreren Beamten rund um die Uhr besetzte Wache ein. Der symbolische Spatenstich wurde unter großer Medienbeteiligung am 8. September 2017 gesetzt. Zuschauer fragten sich, warum es so elend lange dauert, bis eine solche Wache eingerichtet wird und ob sie kriminelle Handlungen in den Seitenstraßen zu verhindern vermag. Es kommen auf und rund um den Alex tagtäglich Taschendiebstähle, Raubstraftaten und Körperverletzungen vor. Oberkommissar Carsten Milius vom Bund Deutscher Kriminalbeamter weist in dem Film darauf hin, dass die besonders brutalen Straftaten und einträglichen Geschäfte auf krimineller Basis in der Regel nicht auf dem Alex, am Kottbuser Tor und anderen Brennpunkten stattfinden, sondern für die Öffentlichkeit uneinsehbar innerhalb bestimmter Gruppen. Hier kämpft seit 25 Jahren Sjors Kamstra gegen organisierte Kriminalität. Die Clans seien vor allem in jenen kriminellen Geschäftsfeldern aktiv, in denen schnell Geld zu machen sei, so im Rotlichtmilieu oder durch Raubüberfälle. Diese Drecksarbeit wird meist von Personen am unteren Rand der Kriminalitätspyramide erledigt.

Gestohlenes Gold spurlos verschwunden

Der Film schildert, welche Strukturen es rund um den Drogenhandel in Berlin gibt, was kriminelle arabische Großfamilien mit ihm zu tun haben und was deren Mitglieder antreibt, sich durch Diebstahl, Drogenhandel und andere Verbrechen zu profilieren und innerhalb des eigenen Clans an Ansehen zu gewinnen. Dafür werden Freiheitsstrafen in Kauf genommen, denn oberstes Ziel ist es nach Meinung der Kripo, der eigenen Familie Geld und Sachwerte zu verschaffen und die eigene Stellung in der als fremd und feindlich wahrgenommenen deutschen Gesellschaft zu festigen und auszubauen. Obwohl Mitglieder eines solchen Clans im Verdacht stehen und wohl auch angeklagt werden, vor ein paar Monaten eine 3,5 Millionen Euro teure Goldmünze riesigen Ausmaßes aus dem Münzkabinett im Bode-Museum auf der Museumsinsel gestohlen zu haben, ist bisher noch nichts davon aufgetaucht. Die Polizei befürchtet, dass das Edelmetall längst zerstückelt und umgeschmolzen ist. So lassen sich die kleinen Barren gut an Händler bringen, die nicht nach der Herkunft des Goldes fragen. Auch von gestohlenen Autos, Fahrrädern, Handys, Schmuck, Elektronikartikeln und anderen Objekten verliert sich die Spur im Nirgendwo.

Laut rbb-Reporter Olaf Sundermeyer ist vor allem die Zuwanderung für eine Zunahme der Kriminalität verantwortlich. Laut Berliner Zeitung vom 21. April 2017 liegt Berlin mit 16.161 Straftaten je 100.000 Einwohner erstmals seit Jahren auf Platz 1 der gefährlichsten Städte in Deutschland. Bundesweit stieg die Kriminalität gemessen an der Zahl der polizeilich erfassten Straftaten um 0,7 Prozent. Die Aufklärungsquote blieb mit 56,2 Prozent nahezu gleich. Zwar sank in Berlin leicht die Zahl der Delikte, dennoch steht die Hauptstadt gemessen an der Bevölkerung am schlechtesten da. Während Raubüberfälle abnahmen, stieg die Zahl der Taschen-, Laden-, Auto- und Fahrraddiebstählen. Alles in allem machen sie 27,9 Prozent aller Delikte in Berlin aus. Bisher war Frankfurt am Main stets in der Kriminalitätsstatistik ein. Nach Berlin, Leipzig und Hannover liegt Frankfurt am Main nun auf Platz vier. Die sicherste Stadt im Lande ist und bleibt München. Dort registrierte die Polizei 7909 Verbrechen pro 100.000 Einwohner. Mit anderen Worten wurde nur jeder 13. Opfer eines Verbrechens.

Abzeichenverbot für die Hells Angels

Nach Einschätzung der Berliner Polizei sind die Rocker vom Club Hells Angels MC an zahlreichen Verbrechen beteiligt. Sich selber "Outlaws", also Gesetzlose, nennend, war es in letzter Zeit um die "Höllenengel" still geworden. Nach dem von Bundestag und Bundesrat beschlossene verschärften Vereinsrecht dürfen die Motorradrocker seit Frühjahr 2017 ihre charakteristischen Westen, auch Kutten genannt, mit den auffälligen Symbolen wie den geflügelten Totenkopf nicht mehr tragen. Deshalb sieht es so aus, als seien sie in der Versenkung verschwunden. Um zu zeigen, dass das nicht der Fall ist, wollen die Rocker unter dem Motto "Freedom is our religion" für Vereinsfreiheit protestieren, was immer sie darunter verstehen. Sich bezeichnen die Biker nach US-Vorbild als "rechtschaffene und friedliche Bürger". In der Mehrheit sind sie es auch, und sie wollen nichts anderes als friedlich auf ihren Motorrädern durch die Gegend zu fahren und den Rest der Welt durch martialisches Gehabe und laute Motoren zu beeindrucken. Das Abzeichenverbot gilt deutschlandweit für den gesamten Rockerclub. Auch an Vereinshäusern oder auf Internetseiten dürfen die Symbole nicht mehr verwendet werden. "Die Verschärfung des Vereinsgesetzes geht weit über uns Rocker hinaus", sagte Rudolf "Django" Triller, Gründungsmitglied der deutschen Hells Angels. Die Rocker prüfen jetzt eine gemeinsame Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Verbot und wollen bei deren Scheitern vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.

10. September 2017

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