Idylle vor den Toren Berlins
Was ein Münzschatz in Altlandsberg erzählt, warum das Schloss verschwunden ist und eine Kirche den preußischen Königsadler präsentiert



Mauersteine, eine Portaleinfassung sowie zwei Fensterlaibungen schmücken die Reformierte Kirche in Altlandsberg auf dem Gelände des frühren Schlosses. Das Steinbildnis vor dem Portal ehrt Otto von Schwerin und ist eine Kopie der Büste, die neben dem Denkmal Friedrichs I. von der Siegesallee gestanden hat.



Vom Schloss in Alten Landberg erzählen außer diesem Kupferstich aus den Jahren 1710 bis 1712 nur noch Steinfundamente und archäologische Fundstücke.



Der preußische Adler unter der Königskrone prangt über einer Tür auf der Rückseite der ehemaligen Schlosskirche, die 1768 auf den Grundmauern des früheren Schlossflügels errichtet wurde.



Prinz Friedrich beschäftigte sich mit der Stiftung eines eigenen Ordens, aus dem dann 1701 der Schwarze Adlerorden wurde.



In der Stadtpfarrkirche Sankt Marien wird in Bild und Schrift an einen berühmten Bewohner, den kurbrandenburgischen Minister und Altlandsberger Gutsherr Otto von Schwerin erinnert.



Das Wandbild von Rainer Ehrt aus dem Jahr 2015 in einem Restaurant auf dem früheren Gutsbezirk zeigt auf witzige Weise das Königspaar Friedrich I. und Sophie Charlotte sowie Leute aus der Glanzzeit von Altlandsberg. (Fotos/Repro: Caspar)

Vor einigen Monaten wurde bei Ausgrabungen auf dem Gutshof von Altlandsberg im Landkreis Märkisch Oderland ein bedeutender Münzschatz gefunden (siehe diese Internetseite/Münzen und Medaillen vom 5. Januar 2017). Inzwischen ist dieser Fund näher bestimmt. Zu den zehn zwischen 1410 und 1434 geprägten Goldgulden der Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier gesellt sich als elftes Stück ein Goldgulden des deutschen Königs und Kaisers Sigismund, der ab 1418 geprägt wurde. Bei den Silbermünzen fallen zehn Prager und drei Meißner Groschen auf, die durch langen Umlauf ziemlich abgegriffen sind. Die größte Fundmasse besteht aus 7426 Hohlpfennigen, die in Berlin, Frankfurt an der Oder, Stendal und anderen Münzstätten geprägt wurden. Der Besitzer des Münzschatzes ist unbekannt. Seine sicher über viele Jahre angesammelte Barschaft hatte eine bedeutende Kaufkraft, denn nach Angaben des Landesdenkmalamtes bekam ein Handwerksgeselle damals einen Groschen als Tageslohn, während für ein Ölgemälde zwischen einen und zwei Goldgulden gezahlt werden mussten. Auf diese hochwertige Münze gingen 21 Groschen, und der mit zehn Hohlpfennigen bewertet wurde. Zur Vergrabungszeit gab es in Brandenburg noch keine eigene Goldmünzenprägung. Wer größere Beträge zu begleichen hatte, musste das mit fremden Goldstücken tun. In Funden der damaligen Zeit kommen Belege vor, die auf verschlungenen Wegen fernen Ländern in das östliche Brandenburg gelangt sind.

Der Ort, an dem der Schatz gefunden wurde, lag zur Verbergungszeit noch außerhalb der Altlandsberger Stadtmauer auf dem Gelände des späteren Guts- und Domänenhofs. Nach dem Zeitpunkt zu urteilen, versteckte der Besitzer sein Geld, als 1432 die Hussiten in Brandenburg hausten, wobei in Altlandsberg die Stadtkirche und ein Kloster niedergebrannt worden sein soll. Möglicherweise hat der Unbekannte den Geldtopf vor drohender Plünderung oder angesichts von hohen Kontributionsforderungen versteckt. Er kam dann nicht mehr dazu, ihn nach dem Abzug der aus Böhmen vorgedrungenen Hussiten zu bergen und nahm sein Geheimnis mit ins Grab. Als in der Barockzeit das Schloss des kurbrandenburgischen Ministers Otto von Schwerin gebaut und eine Wasserleitung gelegt wurde, blieb der Schatz zur Freude heutiger Münzforscher und Archäologen unberührt, sonst wäre das Edelmetall vor 350 Jahren eingeschmolzen worden. Dass Münzfunde einen hohen wissenschaftlichen Aussagewert besitzen, hat man damals noch nicht wahrgenommen. Erst im Laufe des 18. Jahrhunderts haben landesfürstliche Gesetze Münzfunde unter staatlichen Schutz gestellt.

Schöne Kindertage außerhalb des Hofzeremoniells

Das Schloss zu Altlandsberg spielte in der kurbrandenburgischen Geschichte eine nicht unbedeutende Rolle, denn hier wuchs in den Sommermonaten während seiner Prinzenzeit der spätere Kurfürst Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I. in Preußen, unter der Obhut seines Erziehers Otto Reichsfreiherr von Schwerin auf. Der Minister und Gutsbesitzer, dessen Büste vor der Schlosskirche steht, hatte großen Einfluss auf den wegen einer misslichen Verwachsung "schiefer Fritz" genannten Prinzen, der alles andere als ein Draufgänger war, sondern als kränklich sowie als Stubenhocker und Bücherwurm geschildert wurde. Otto von Schwerin war den brandenburgischen Prinzen Karl Emil (Aemil) und Friedrich ein väterlicher Freund. Die Kinder des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm verbrachten manche schönen Kindertage in ländlicher Idylle auf dem Gut des Reichsfreiherrn von Schwerin außerhalb des strengen Zeremoniells am Berliner Hof. Nachdem Karl Emil 1674 mit erst 19 Jahren als Teilnehmer eines Feldzugs seines Vaters überraschend gestorben war, trat Friedrich die Thronfolge an und wurde 1688 nach dem Tod seines Vaters, des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, dessen Nachfolger.

An die Stelle von Otto von Schwerin als Prinzenerzieher, an den in der Altlandsberger Stadtpfarrkirche Bild-Text-Tafeln erinnern, trat Eberhard von Danckelmann, ein Mann, der nach und nach zu höchsten Staatsämtern aufstieg. Er verhandelte nach dem Thronwechsel von 1688 mit dem römisch-deutschen Kaiser Leopold I. wegen des Erwerbs der preußischen Königskrone, die sich Friedrich III. als neuer König Friedrich I. am 18. Januar 1701 in Königsberg aufs Haupt setzen konnte. Allerdings machte sich Danckelmann am Berliner Hof wegen seiner reservierten Haltung zum Lieblingswunsch seines Herrn manche Feinde. Diese Neider brachten den Herrscher gegen Danckelmann auf, indem sie ihm Misswirtschaft und außenpolitische Pleiten vorwarfen, die eigentlich der Kurfürst zu verantworten hatte.

Alte Mauersteine für Neubauten

Nachdem Danckelmann in Ungnade gefallen und gefangen gesetzt worden war, drängten sich gerissene Machtmenschen an seine Stelle. Die berüchtigten drei "bösen Weh" - Wartenberg, Wartensleben und Wittgenstein - übten einen verheerenden Einfluß auf den Kurfürsten und König aus und steckten Millionen Taler in die eigenen Taschen. Obwohl deren schändliches Treiben bekannt war, gelang es ihnen, sich bei ihrer unausweichlichen Entmachtung einen ehrenhaften Abgang zu verschaffen, während Danckelmann, der gegen den Traum seines Herrn von der Königskrone opponiert hatte, in Festungshaft gehalten wurde.

Friedrich I. war Zeit seines Lebens dem beschaulichen Altlandsberg zugetan. Er kaufte das Schloss derer von Schwerin und ließ es in einen prächtigen Palast umwandeln, der Mitte des 18. Jahrhunderts abbrannte. In dem Schloss gab es einen Kaisersaal mit viel Stuck und Gemälden, auf denen die damals bekannten Kontinente sowie Bildnisse römischer Kaiser abgebildet waren. Ein Kupferstich aus der Zeit Friedrichs I. zeigt eine repräsentative Dreiflügelanlage mit zwei Türmen und reichlich Platz für die Hofgesellschaft und davor einen Springbrunnen. Als Architekt wird Johann Friedrich Eosander von Göthe angenommen, der Nachfolger von Andreas Schlüter beim barocken Umbau des Berliner Schlosses.

Die Glanzzeiten des Schlosses, der dort entfaltete Luxus währten nicht lange. Nachdem 1713 König Friedrich I. gestorben war, hat sein Nachfolger, sparsame Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., die Musen zum Schweigen gebracht und dem Kriegsgott Mars das Sagen gegeben, auch wenn der neue König ein friedlicher Herr war. Die Um- und Ausbauarbeiten wurden eingestellt, schon bald wurden dem Palast Möbel, Skulpturen und Gemälde und andere kostbare Einrichtungsgegenstände entnommen, um andere Königschlösser mit ihnen auszustatten. Außerdem hat man Bäume aus dem Schlossgarten in den Park von Schloss Charlottenburg überführt und dort neu gepflanzt. Archäologen graben derzeit die Fundamente des alten Schlosses und seiner Nebengebäude aus, um Lage und Umfang des ehemaligen Komplexes bestimmen und vielleicht auch später sichtbar machen zu können.

Früher Akt der Denkmalpflege

Das beschauliche Ackerbürgerstädtchen östlich von Berlin nahe der Autobahn 10 besitzt zwei Kirchen, eine mittelalterliche und eine solche aus dem 18. Jahrhundert. Nachdem das Schloss des Ministers Otto von Schwerin beziehungsweise des Kurfürsten Friedrich III./König Friedrich I. 1757 in Flammen aufgegangen war, hat man die Mauersteine der Ruine für den Neubau einer Kirche für die Reformierte Gemeinde sowie einer Kaserne in Berlin genutzt. Das war üblich und eine billige Form der Materialbeschaffung. Als früher Akt der Denkmalpflege ist hervorzuheben, dass man zwei Portale und eine Fensterlaibung von dem ehemals reich ausgestatteten Schloss für die neue Kirche verwendet hat.

Vor der Kirche wird auf einer Bild-Text-Tafel daran erinnert, dass Prinz Friedrich in Altlandsberg über die Stiftung eines Ordens nachgedacht hat. Seinen Plan vermochte er erst am Vorabend seiner Krönung am 18. Januar 1701 durch Stiftung des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler zu verwirklichen. Der Stern mit dem Motto "SUUM CUIQUE" (Jedem das Seine) war die höchste Auszeichnung, die die Könige von Preußen bis zur Abschaffung der Monarchie in der Novemberevolution 1918 zu vergeben hatten.

22. Mai 2017

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