Leuchtendes Stahlskelett und Mosaik im Boden
Erinnerungen an die barocke Bethlehemskirche und die Dreifaltigkeitskirche in der Mitte Berlins



Die 36 Meter hohe Stahlskulptur deutet an, wie die Bethlehemskirche bis zu ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ausgesehen hat.





So sah das Gotteshaus für die böhmischen Zuwanderer außen und innen aus. Die Schwarzweißaufnahmen sind Fotos aus der Zeit um 1910.



Blick in die maßstabsgerecht nachgestaltete Kuppel zeigt auch, wo kleine Lucken Licht hineingelassen haben.



Der farbig bemalte "Hausball" deutet an, was die böhmischen Glaubensflüchtlinge im frühen 18. Jahrhundert aus ihrer Heimat mitgenommen haben.




In der Dreifaltigkeitskirche aus der Barockzeit nahmen Lutheraner und Reformierte gemeinsam an Gottesdiensten teil. (Fotos/Repros: Caspar)

Wer die Mitte Berlins durchstreift und in Seitenstraßen gelangt, kommt vielleicht zu einer riesigen Stahlkonstruktion an der Ecke Mauer- und Krausenstraße. Bei näherer Betrachtung erweist sich das Gerippe als ein Denkmal der 1737 geweihten Bethlehemskirche, die in Regierungszeit des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. für die böhmische Exulanten erbaut wurde. Ganze Familien, die sich der protestantischen Glaubenslehre angeschlossen hatten, mussten das katholisch beherrschte Königreich Böhmen verlassen, das zum Reich der Habsburger gehörte.

Viele Neuankömmlinge siedelten sich in Rixdorf bei Berlin an, das zum heutigen Bezirk Berlin-Neukölln gehört. Andere mit Weben und Spinnen beschäftigte Glaubensflüchtlinge wohnten und arbeiteten in der südlichen Berliner Friedrichstadt und erhielten hier eine eigene Kirche. Diese auf kreisrundem Grundriss nach Plänen von Friedrich Wilhelm Diterichs erbaute Bethlehemskirche wurde 1943 Opfer eines alliierten Luftangriffs. Die Ruine stand lange leer und wurde in DDR-Zeiten abgetragen. Die Kirche wurde am 12. Mai 1737 eingeweiht.[Die Kirche mit imposanter Kuppel und einer Laterne darauf hatte einen Durchmesser von 15,70 Metern, war 36,40 Meter hoch und bot Platz für 600 Gläubige.

Die Bethlehemskirche stand an der Einmündung der Krausenstraße in die Mauerstraße auf einem Platz, den man im 18. Jahrhundert Hammelmarkt nannte. 1999 wurde die bis dahin offiziell namenlose Kreuzung zur Erinnerung an die schon lange verschwundene Bethlehemskirche in Bethlehemkirchplatz umbenannt, wobei man auf das "s" im Namen verzichtete. Um den ehemaligen Standort zu kennzeichnen, wurde der Grundriss der Kirche im Straßenpflaster durch verschiedenfarbige Steine markiert. Wenige Schritte weiter erinnert die Skulptur "Houseball" von Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen an die Kirche und ihre vor den Habsburgern geflohenen Gemeindeglieder. Ihre bescheidene Habe wird durch ein riesiges Bündel Hausrat symbolisiert.

Der spanische Konzeptkünstler Juan Garaizabal hat im Rahmen seines internationalen Projektes "Memorias Urbanas" eine Nachbildung der Kirche im maßstabstreuen Umriss als Lichtinstallation geschaffen. Das Skelett aus Stahlrohren ruht auf 21 Säulen und acht Rundbögen, die in Blöcke aus Beton verankert sind. Das in der Dunkelheit durch LED-Röhren dezent beleuchtete Kunstwerk wurde im Sommer 2012 eingeweiht und sollte nur bis zum 30. September des gleichen Jahresstehen bleiben. Doch dann setzten sich Befürworter durch, die Skulptur dauerhaft stehen zu lassen, und so kann man sie, von Statikern auf ihre Festigkeit geprüft, bis zum heutigen Tag und hoffentlich noch viele Jahre auf dem Platz betrachten, auf dem einmal die barocke Bethlehemskirche stand. Auf Schrift- und Bildtafeln nebenan kann man sich über die Geschichte des Gotteshauses und seine Zerstörung informieren, und es gibt auch einen Hinweis zum Böhmischen Dorf in Rixdorf/Neukölln.

Auch der Standort der ehemaligen Dreifaltigkeitskirche wenige Schritte vom U-Bahnhof Mohrenstraße entfernt wird durch ein in das Straßenpflaster eingelegtes Mosaik angedeutet. Das zwischen 1678 bis 1687 von Rutger van Langerfeld und Michael Mathias Smids im Stil des Barock erbaute Gotteshaus war kreuzförmig gestaltet und besaß Rundfenster sowie einen hohen runden Turmaufsatz. Die Dreifaltigkeitskirche und die Bethlehemskirche sind, auch wenn sie nicht mehr existieren und nur durch Symbole zu erleben sind, interessante Beispiele für den im barocken Berlin bevorzugten sakralen Rundbau. Das dritte Beispiel aus der Zeit Friedrichs des Großen ist die 1773 eingeweihte Hedwigskirche am Bebelplatz, bei der das antike Pantheon in Rom Pate stand.

4. März 2017

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