Auferstanden aus Ruinen
Französischer Dom auf dem Berliner Gendarmenmarkt wird für fünf Millionen Euro saniert und technisch ertüchtigt



Der Französische Dom mit dem auffälligen Turm aua der Zeit Friedrichs des Großen wird in den kommenden Jahren saniert und technisch ertüchtigt. Die Kosten belaufen sich auf fünf Millionen Euro.





Bevor auf dem Gendarmenmarkt das Schinkelsche Schauspielhaus erbaut wurde, stand dort ein kleineres Theater, das 1817 abbrannte. Das Schauspielhaus wird offiziell Konzerthaus genannt. Ab und zu finden unterhalb der Treppe große Konzerte unter freiem Himmel statt, im Dezember lädt der Weihnachtsmarkt Besucher zu einem stimmungsvollen Rundgang ein.



Blick von der Treppe des Schauspielhauses hinüber zum Eingang des Hugenottenmuseums im Französischen Dom.



Der eigentlich recht schlichte Gottesdienstraum der Französischen Friedrichstadtkirche wurde in der Kaiserzeit im Stil des Neobarock umgestaltet, regelmäßig finden hier kirchliche Feiern, Konzerte und Vorträge statt. Unter der Kirche lädt ein Restaurant zum Besuch ein.



Flucht der Hugenotten aus Frankreich in der Zeit des "Sonnenkönigs" Ludwig XIV. und ihre freundschaftliche Aufnahme in Kurbrandenburg sind auf einer mit der Figur von Johannes Calvin geschmückten Tafel an der Außenfassade des Französischen Doms dargestellt. (Fotos/Repro: Caspar)

Zwanzig Jahre nach dem Erlass des Edikts von Potsdam von 1685, in dem der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg die aus wegen ihres reformierten Glaubens vertriebenen Hugenotten Freundschaft und landesherrliche Zuwendung versprach, konnte die 6000 Mitglieder umfassende Französische Gemeinde zu Berlin am 1. März 1705 ihre eigene Kirche feierlich eröffnen. Schlicht war das Gotteshaus am Gendarmenmarkt gestaltet, gebaut nach den strengen Regeln der Reformierten ohne Bilder und Skulpturen.

Die Französischen Friedrichstadtkirche, die besser unter dem nicht ganz korrekten Namen Französischer Dom bekannt ist, wird für Gottesdienste, Konzerte und Vorträge genutzt, und sie beherbergt die Evangelische Akademie zu Berlin sowie das Hugenottenmuseum und sein Archiv. Das Gotteshaus wird in den kommenden zwei Jahren für fünf Millionen Euro saniert und restauriert. Das ist nötig, weil die Gebäudetechnik veraltet ist und es für Besucher keine Rettungswege besitzt, die den Vorschriften entsprechen. Aus diesem Grund wurden auch im Turm genutzte Restaurants- und Aussichtsräume gesperrt. Jetzt ist geplant, die die Räume neu zu strukturieren, die Haustechnik nach den Standards des 21. Jahrhunderts zu ertüchtigen und neue Rettungswege zu schaffen, für das Hauptgeschoss mit der Ausstellung einen barrierefreien Zugang zu schaffern und durch Einbau einer Zwischenebene die Ausstellungsfläche zu vergrößern.

Die Maßnahmen werden Anlass sein, das etwas verstaubt wirkende Hugenottenmuseum neu zu gestalten, in dem die Aufnahme der Glaubensflüchtlinge und ihre Geschichte in Berlin, Brandenburg, Preußen und Deutschland anhand von Bildern, Dokumenten und Sachzeugen geschildert wird. Während der Bauarbeiten wird die Aussichtsplattform gesperrt, von der man einen wunderbaren Blick auf den Gendarmenmarkt, das Schinkelsche Schauspiel- und Konzerthaus, den Deutschen Dom und ganz allgemein auf die Berliner Innenstadt und darüber hinaus hat. Wer den Französischen Rom umrundet, sieht überall vollplastische Figuren sowie Reliefs, die auf Entwürfe der Maler Bernhard Rode und der Grafiker Daniel Chodowiecki zurück gehen. Dargestellt sind in den Giebelfeldern Szenen aus dem Leben von Jesus Christus und des Apostel Paulus.

Bevorzugte Wohnorte der Refugiés waren die kurfürstlichen Neugründungen Dorotheenstadt und Friedrichstadt sowie wegen der kurzen Wege auch die Gegend um das Stadtschloss. Direkten Zugang zur Herrscherfamilie hatten hugenottische Beamte und Militärs sowie Diplomaten, Lehrer, Erzieher, Künstler und Gelehrte. Sie prägten als Erzieher und Berater das Leben und die Weltsicht der Spitzen des Staates bis ins 19. Jahrhundert hinein, und sie finden sich denn auch in der Ausstellung auf zahlreichen Porträts und Historiendarstellungen wieder.

Als die Französische Friedrichstadtkirche am 1. März 1705 mit einem Gottesdienst eingeweiht wurde, erschienen Preußens König Friedrich I. und sein Hofstaat in Trauerkleidung. Gut einen Monat zuvor war die Gemahlin des Monarchen, Königin Sophie Charlotte, gestorben, und in Sachen Hoftrauer war man sehr penibel. Der Turm mit einer vergoldeten Kuppelfigur obenauf stammt aus der Zeit Friedrichs des Großen. Mit ihm und dem in der gleichen spätbarocken Form errichteten Turm der Deutschen Kirche, genannt Deutscher Dom, verlieh der Monarch dem Gendarmenmarkt die ihm eigene repräsentative Gestalt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das aus den beiden Kirchen und dem Schauspielhaus bestehende Bauensemble auf dem Gendarmenmarkt ähnlich wie das Schloss, etliche Kirchen sowie andere Bau- und Kunstdenkmale in der Innenstadt durch Bombenangriffe schwer getroffen. Zum Glück wurden die Bauten vom Gendarmenmarkt nicht abgerissen, sondern überdauerten aus Ruinen und Mahnmale bis in die 1970-er Jahre die Zeiten. Im Zusammenhang mit Berlins Siebenhundertfünfzigjahrfeier 1987 konnten die drei Bauwerke in altem Stil, doch zum Teil neuem Innenleben wieder auferstehen, und der Gendarmenmarkt wurde zu neuem Leben erweckt. Seitdem spielt er als Kulturstandort eine große Rolle und ist ein Touristenmagnet der ersten Klasse.

Der Gendarmenmarkt wird zu den schönsten Plätzen Deutschlands, wenn nicht gar Europas gezählt, und er ist einer mit vielen verwirrenden Namen dazu. In DDR-Zeiten hieß die Fläche zwischen dem Deutschen und dem Französischen Dom wegen der in der Nähe befindlichen Akademie der Wissenschaften Platz der Akademie. Doch schon bald nach der Wiedervereinigung 1990 erhielt er seinen seit dem späten 18. Jahrhundert gebräuchlichen Namen Gendarmenmarkt nach dem Regiment Gens d'armes zurück, das hier als königliche Leibwache stationiert war. Auf Karten des 17. und 18. Jahrhunderts findet man kaum noch bekannte Bezeichnungen wie Lindenmarkt, Mittelmarkt und Neuer Markt. Nachdem 1871 das von Reinhold Begas geschaffene Schillerdenkmal vor dem Schauspielhaus aufgestellt war, kam ein weiterer Name hinzu: Schillerplatz. Diese Bezeichnung galt allerdings nur für das unmittelbare Umfeld des Marmormonuments und hat sich nicht eingebürgert.

18. August 2017



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